Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.Das Treib-Eis. Das Treib-Eis. Wenn ein von dichten Eis bebrükt und auf- gethürmter Wasserflus, Von warmen Westenwind behaucht, die starren Rinden theilen muß: Und Schollen wie zerstükte Spiegel, in Wirbel- reichen Gängen drehen: So kan man nicht ohn innres Grauen die schroffen Klumpen rollen sehen. Es scheinet offt als wenn ein Berg sich in der regen Fluth fortwelzt, Jm Rollen immer kleiner wird, und eh mans meinet gar zerschmelz: Man siehet offt noch eine Länge, wo diese Brükke feste scheinet, Allein wer sich darauf verläst und fest zustehen gleich- fals meinet, Der glitschet mit zum Abgrund fort; weil ihn die schlüpfrig glatte Bahn, Die wenn sie berstet auch zerfließt, nicht länger mehr erhalten kan: Das
Das Treib-Eis. Das Treib-Eis. Wenn ein von dichten Eis bebruͤkt und auf- gethuͤrmter Waſſerflus, Von warmen Weſtenwind behaucht, die ſtarren Rinden theilen muß: Und Schollen wie zerſtuͤkte Spiegel, in Wirbel- reichen Gaͤngen drehen: So kan man nicht ohn innres Grauen die ſchroffen Klumpen rollen ſehen. Es ſcheinet offt als wenn ein Berg ſich in der regen Fluth fortwelzt, Jm Rollen immer kleiner wird, und eh mans meinet gar zerſchmelz: Man ſiehet offt noch eine Laͤnge, wo dieſe Bruͤkke feſte ſcheinet, Allein wer ſich darauf verlaͤſt und feſt zuſtehen gleich- fals meinet, Der glitſchet mit zum Abgrund fort; weil ihn die ſchluͤpfrig glatte Bahn, Die wenn ſie berſtet auch zerfließt, nicht laͤnger mehr erhalten kan: Das
<TEI> <text> <body> <pb facs="#f0316" n="300"/> <fw place="top" type="header">Das Treib-Eis.</fw><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Das Treib-Eis.</hi> </head><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">W</hi>enn ein von dichten Eis bebruͤkt und auf-<lb/><hi rendition="#et">gethuͤrmter Waſſerflus,</hi></l><lb/> <l>Von warmen Weſtenwind behaucht,<lb/><hi rendition="#et">die ſtarren Rinden theilen muß:</hi></l><lb/> <l>Und Schollen wie zerſtuͤkte Spiegel, in Wirbel-<lb/><hi rendition="#et">reichen Gaͤngen drehen:</hi></l><lb/> <l>So kan man nicht ohn innres Grauen die ſchroffen<lb/><hi rendition="#et">Klumpen rollen ſehen.</hi></l><lb/> <l>Es ſcheinet offt als wenn ein Berg ſich in der regen<lb/><hi rendition="#et">Fluth fortwelzt,</hi></l><lb/> <l>Jm Rollen immer kleiner wird, und eh mans meinet<lb/><hi rendition="#et">gar zerſchmelz:</hi></l><lb/> <l>Man ſiehet offt noch eine Laͤnge, wo dieſe Bruͤkke<lb/><hi rendition="#et">feſte ſcheinet,</hi></l><lb/> <l>Allein wer ſich darauf verlaͤſt und feſt zuſtehen gleich-<lb/><hi rendition="#et">fals meinet,</hi></l><lb/> <l>Der glitſchet mit zum Abgrund fort; weil ihn die<lb/><hi rendition="#et">ſchluͤpfrig glatte Bahn,</hi></l><lb/> <l>Die wenn ſie berſtet auch zerfließt, nicht laͤnger mehr<lb/><hi rendition="#et">erhalten kan:</hi></l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [300/0316]
Das Treib-Eis.
Das Treib-Eis.
Wenn ein von dichten Eis bebruͤkt und auf-
gethuͤrmter Waſſerflus,
Von warmen Weſtenwind behaucht,
die ſtarren Rinden theilen muß:
Und Schollen wie zerſtuͤkte Spiegel, in Wirbel-
reichen Gaͤngen drehen:
So kan man nicht ohn innres Grauen die ſchroffen
Klumpen rollen ſehen.
Es ſcheinet offt als wenn ein Berg ſich in der regen
Fluth fortwelzt,
Jm Rollen immer kleiner wird, und eh mans meinet
gar zerſchmelz:
Man ſiehet offt noch eine Laͤnge, wo dieſe Bruͤkke
feſte ſcheinet,
Allein wer ſich darauf verlaͤſt und feſt zuſtehen gleich-
fals meinet,
Der glitſchet mit zum Abgrund fort; weil ihn die
ſchluͤpfrig glatte Bahn,
Die wenn ſie berſtet auch zerfließt, nicht laͤnger mehr
erhalten kan:
Das
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |