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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864.

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"Sie, als Erinnerung an die schönste Jungfrau,
welche ich jemals gesehen habe, sorglich bewahren."

"Nun geb ich Dir die Rose gar nicht, -- denn wer
mir sagt, ich sei schön, der meint es schlecht mit mir; --
wer mir aber sagt, ich sei gut, der will mir wohl!"

"Wer hat Dich das gelehrt?"

"Meine Großmutter, Rhodopis."

"Wohl denn, so sage ich Dir: Du bist das beste
Mädchen auf der ganzen Welt."

"Wie magst Du solche Dinge reden, da Du mich
doch gar nicht kennst! O, ich bin manchmal recht böse und
ungehorsam! Wär' ich brav, so würd' ich jetzt, statt mit
Dir zu plaudern, in unser Haus zurückgehen, wie sich's
ziemt. Die Großmutter hat mir streng verboten, im Gar-
ten zu bleiben, wenn Fremde da sind, und ich mache mir
auch nichts aus den vielen Männern, die stets von Dingen
reden, welche ich nicht verstehe."

"So wünschtest Du wohl auch, daß ich mich wieder
entfernte?"

"Ach nein, Dich verstehe ich ja ganz gut, wenn Du
auch lange nicht so schön zu reden weißt, als zum Bei-
spiel der arme Phanes, der gestern, wie ich erst vorhin
von Melitta hörte, so jämmerlich fliehen mußte."

"Hattest Du ihn lieb?"

"Lieb? -- O ja, -- ich mochte ihn sehr gern leiden.
Als ich kleiner war, brachte er mir immer Bälle, Glie-
derpuppen und Kegelspiele 185) aus Sais und Memphis
mit; seitdem ich aber groß bin, lehrt er mich schöne, neue
Lieder, und zum Abschiede hat er mir ein ganz kleines
sicilisches Schooßhündchen 186) mitgebracht, das ich Ar-
gos 187) nennen will, weil er so weiß und schnellfüßig ist;
in wenigen Tagen aber werden wir noch ein anderes Ge-

„Sie, als Erinnerung an die ſchönſte Jungfrau,
welche ich jemals geſehen habe, ſorglich bewahren.“

„Nun geb ich Dir die Roſe gar nicht, — denn wer
mir ſagt, ich ſei ſchön, der meint es ſchlecht mit mir; —
wer mir aber ſagt, ich ſei gut, der will mir wohl!“

„Wer hat Dich das gelehrt?“

„Meine Großmutter, Rhodopis.“

„Wohl denn, ſo ſage ich Dir: Du biſt das beſte
Mädchen auf der ganzen Welt.“

„Wie magſt Du ſolche Dinge reden, da Du mich
doch gar nicht kennſt! O, ich bin manchmal recht böſe und
ungehorſam! Wär’ ich brav, ſo würd’ ich jetzt, ſtatt mit
Dir zu plaudern, in unſer Haus zurückgehen, wie ſich’s
ziemt. Die Großmutter hat mir ſtreng verboten, im Gar-
ten zu bleiben, wenn Fremde da ſind, und ich mache mir
auch nichts aus den vielen Männern, die ſtets von Dingen
reden, welche ich nicht verſtehe.“

„So wünſchteſt Du wohl auch, daß ich mich wieder
entfernte?“

„Ach nein, Dich verſtehe ich ja ganz gut, wenn Du
auch lange nicht ſo ſchön zu reden weißt, als zum Bei-
ſpiel der arme Phanes, der geſtern, wie ich erſt vorhin
von Melitta hörte, ſo jämmerlich fliehen mußte.“

„Hatteſt Du ihn lieb?“

„Lieb? — O ja, — ich mochte ihn ſehr gern leiden.
Als ich kleiner war, brachte er mir immer Bälle, Glie-
derpuppen und Kegelſpiele 185) aus Sais und Memphis
mit; ſeitdem ich aber groß bin, lehrt er mich ſchöne, neue
Lieder, und zum Abſchiede hat er mir ein ganz kleines
ſiciliſches Schooßhündchen 186) mitgebracht, das ich Ar-
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in wenigen Tagen aber werden wir noch ein anderes Ge-

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[142/0160] „Sie, als Erinnerung an die ſchönſte Jungfrau, welche ich jemals geſehen habe, ſorglich bewahren.“ „Nun geb ich Dir die Roſe gar nicht, — denn wer mir ſagt, ich ſei ſchön, der meint es ſchlecht mit mir; — wer mir aber ſagt, ich ſei gut, der will mir wohl!“ „Wer hat Dich das gelehrt?“ „Meine Großmutter, Rhodopis.“ „Wohl denn, ſo ſage ich Dir: Du biſt das beſte Mädchen auf der ganzen Welt.“ „Wie magſt Du ſolche Dinge reden, da Du mich doch gar nicht kennſt! O, ich bin manchmal recht böſe und ungehorſam! Wär’ ich brav, ſo würd’ ich jetzt, ſtatt mit Dir zu plaudern, in unſer Haus zurückgehen, wie ſich’s ziemt. Die Großmutter hat mir ſtreng verboten, im Gar- ten zu bleiben, wenn Fremde da ſind, und ich mache mir auch nichts aus den vielen Männern, die ſtets von Dingen reden, welche ich nicht verſtehe.“ „So wünſchteſt Du wohl auch, daß ich mich wieder entfernte?“ „Ach nein, Dich verſtehe ich ja ganz gut, wenn Du auch lange nicht ſo ſchön zu reden weißt, als zum Bei- ſpiel der arme Phanes, der geſtern, wie ich erſt vorhin von Melitta hörte, ſo jämmerlich fliehen mußte.“ „Hatteſt Du ihn lieb?“ „Lieb? — O ja, — ich mochte ihn ſehr gern leiden. Als ich kleiner war, brachte er mir immer Bälle, Glie- derpuppen und Kegelſpiele 185) aus Sais und Memphis mit; ſeitdem ich aber groß bin, lehrt er mich ſchöne, neue Lieder, und zum Abſchiede hat er mir ein ganz kleines ſiciliſches Schooßhündchen 186) mitgebracht, das ich Ar- gos 187) nennen will, weil er ſo weiß und ſchnellfüßig iſt; in wenigen Tagen aber werden wir noch ein anderes Ge-

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter01_1864/160>, abgerufen am 09.11.2024.