Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864.kleines Röllchen von pergamentartigem Schafleder hervor, Die Hände des riesenstarken, tapferen Spartaners "Wir Spartaner lernen andere Künste, als Lesen Der Delphier überflog die Schrift und erwiederte: "Wenn einst die reisige Schaar von schneeigen Bergen herabsteigt Gespannten Ohres lauschte der Spartaner diesen Der Delphier mischte sich in das allgemeine Gespräch; kleines Röllchen von pergamentartigem Schafleder hervor, Die Hände des rieſenſtarken, tapferen Spartaners „Wir Spartaner lernen andere Künſte, als Leſen Der Delphier überflog die Schrift und erwiederte: „Wenn einſt die reiſige Schaar von ſchneeigen Bergen herabſteigt Geſpannten Ohres lauſchte der Spartaner dieſen Der Delphier miſchte ſich in das allgemeine Geſpräch; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0036" n="18"/> kleines Röllchen von pergamentartigem Schafleder hervor,<lb/> auf dem mehrere Zeilen geſchrieben waren.</p><lb/> <p>Die Hände des rieſenſtarken, tapferen Spartaners<lb/> zitterten, als er nach dem Röllchen griff. Er ſtarrte die<lb/> Schriftzüge an, als wolle er mit ſeinen Blicken das Leder<lb/> durchbohren. — Dann beſann er ſich, ſchüttelte mißmuthig<lb/> die grauen Locken und ſagte:</p><lb/> <p>„Wir Spartaner lernen andere Künſte, als Leſen<lb/> und Schreiben. Wenn Du kannſt, ſo lies mir vor, was<lb/> Pythia ſagt.“</p><lb/> <p>Der Delphier überflog die Schrift und erwiederte:<lb/> „Freue Dich! Loxias <hi rendition="#sup">38</hi>) verheißt Dir eine glückliche Heim-<lb/> kehr; höre, was Dir die Prieſterin verkündet:</p><lb/> <cit> <quote> <hi rendition="#et">„Wenn einſt die reiſige Schaar von ſchneeigen Bergen herabſteigt<lb/> Zu den Gefilden des Stroms, welcher die Ebne benetzt,<lb/> Führt Dich der zaudernde Kahn herab zu jenem Gefilde,<lb/> Welches dem irrenden Fuß heimiſchen Frieden gewährt;<lb/> Wenn einſt die reiſige Schaar von ſchneeigen Bergen herabſteigt,<lb/> Schenkt Dir die richtende Fünf, was ſie Dir lange verſagt!“</hi> </quote> </cit><lb/> <p>Geſpannten Ohres lauſchte der Spartaner dieſen<lb/> Worten. Zum zweiten Male ließ er ſich den Spruch des<lb/> Orakels vorleſen, dann wiederholte er denſelben aus dem<lb/> Gedächtniſſe, dankte Phryxos, und ſteckte das Röllchen zu ſich.</p><lb/> <p>Der Delphier miſchte ſich in das allgemeine Geſpräch;<lb/> der Spartaner aber murmelte den Spruch des Orakels<lb/> unaufhörlich vor ſich hin, um ihn ja nicht zu vergeſſen,<lb/> und bemühte ſich die räthſelhaften Worte zu deuten.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [18/0036]
kleines Röllchen von pergamentartigem Schafleder hervor,
auf dem mehrere Zeilen geſchrieben waren.
Die Hände des rieſenſtarken, tapferen Spartaners
zitterten, als er nach dem Röllchen griff. Er ſtarrte die
Schriftzüge an, als wolle er mit ſeinen Blicken das Leder
durchbohren. — Dann beſann er ſich, ſchüttelte mißmuthig
die grauen Locken und ſagte:
„Wir Spartaner lernen andere Künſte, als Leſen
und Schreiben. Wenn Du kannſt, ſo lies mir vor, was
Pythia ſagt.“
Der Delphier überflog die Schrift und erwiederte:
„Freue Dich! Loxias 38) verheißt Dir eine glückliche Heim-
kehr; höre, was Dir die Prieſterin verkündet:
„Wenn einſt die reiſige Schaar von ſchneeigen Bergen herabſteigt
Zu den Gefilden des Stroms, welcher die Ebne benetzt,
Führt Dich der zaudernde Kahn herab zu jenem Gefilde,
Welches dem irrenden Fuß heimiſchen Frieden gewährt;
Wenn einſt die reiſige Schaar von ſchneeigen Bergen herabſteigt,
Schenkt Dir die richtende Fünf, was ſie Dir lange verſagt!“
Geſpannten Ohres lauſchte der Spartaner dieſen
Worten. Zum zweiten Male ließ er ſich den Spruch des
Orakels vorleſen, dann wiederholte er denſelben aus dem
Gedächtniſſe, dankte Phryxos, und ſteckte das Röllchen zu ſich.
Der Delphier miſchte ſich in das allgemeine Geſpräch;
der Spartaner aber murmelte den Spruch des Orakels
unaufhörlich vor ſich hin, um ihn ja nicht zu vergeſſen,
und bemühte ſich die räthſelhaften Worte zu deuten.
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