Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864."Fröhlichen Gruß!" Rief plötzlich eine uns noch un- "Fröhlichen Gruß!" -- antwortete der Chor der Ze- Aber man hatte nicht lange auf den Fremden zu Mit den klaren klugen Augen blickte der späte Gast, "Wenn ihr mir mein heutiges Erscheinen nicht hoch "Wir haben Dich lange erwartet," unterbrach ihn "Und wir konnten keinen besseren Boten wünschen, "Setze Dich," rief Phanes voller Ungeduld, "und "Sogleich, Landsmann," erwiederte dieser, "'s ist schon „Fröhlichen Gruß!“ Rief plötzlich eine uns noch un- „Fröhlichen Gruß!“ — antwortete der Chor der Ze- Aber man hatte nicht lange auf den Fremden zu Mit den klaren klugen Augen blickte der ſpäte Gaſt, „Wenn ihr mir mein heutiges Erſcheinen nicht hoch „Wir haben Dich lange erwartet,“ unterbrach ihn „Und wir konnten keinen beſſeren Boten wünſchen, „Setze Dich,“ rief Phanes voller Ungeduld, „und „Sogleich, Landsmann,“ erwiederte dieſer, „’s iſt ſchon <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0050" n="32"/> <p>„Fröhlichen Gruß!“ Rief plötzlich eine uns noch un-<lb/> bekannte tiefe Stimme durch das offene Fenſter in den<lb/> Saal hinein.</p><lb/> <p>„Fröhlichen Gruß!“ — antwortete der Chor der Ze-<lb/> chenden, fragend und rathend, wer der ſpäte Ankömmling<lb/> ſein möge.</p><lb/> <p>Aber man hatte nicht lange auf den Fremden zu<lb/> warten, denn, ehe noch der Sybarit Zeit gefunden hatte,<lb/> einen neuen Schluck Wein ſorgfältig mit der Zunge zu<lb/> prüfen, ſtand ein großer hagerer Mann in den ſechziger<lb/> Jahren, mit einem länglichen, feinen und geiſtreichen<lb/> Kopfe, Kallias, der Sohn des Phänippos von Athen <hi rendition="#sup">63</hi>),<lb/> neben Rhodopis.</p><lb/> <p>Mit den klaren klugen Augen blickte der ſpäte Gaſt,<lb/> einer der reichſten Vertriebenen von Athen, welcher die<lb/> Güter des Piſiſtratus zweimal vom Staate gekauft und<lb/> zweimal, als derſelbe wiederkehrte, verloren hatte, ſeine<lb/> Bekannten an und rief, nachdem er mit Allen freundliche<lb/> Grüße ausgetauſcht hatte:</p><lb/> <p>„Wenn ihr mir mein heutiges Erſcheinen nicht hoch<lb/> anrechnet, dann behaupte ich, daß alle Dankbarkeit aus<lb/> der Welt verſchwunden ſei.“</p><lb/> <p>„Wir haben Dich lange erwartet,“ unterbrach ihn<lb/> einer der Mileſier. — „Du biſt der Erſte, welcher uns<lb/> vom Verlaufe der olympiſchen Spiele Nachricht bringt!“</p><lb/> <p>„Und wir konnten keinen beſſeren Boten wünſchen,<lb/> als den früheren Sieger,“ fügte Rhodopis hinzu.</p><lb/> <p>„Setze Dich,“ rief Phanes voller Ungeduld, „und<lb/> erzähle kurz und bündig, was Du weißt, Freund Kallias!“</p><lb/> <p>„Sogleich, Landsmann,“ erwiederte dieſer, „’s iſt ſchon<lb/> ziemlich lange her, ſeitdem ich Olympia verlaſſen und<lb/> mich auf einem ſamiſchen fünfzig Ruderer, dem beſten<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [32/0050]
„Fröhlichen Gruß!“ Rief plötzlich eine uns noch un-
bekannte tiefe Stimme durch das offene Fenſter in den
Saal hinein.
„Fröhlichen Gruß!“ — antwortete der Chor der Ze-
chenden, fragend und rathend, wer der ſpäte Ankömmling
ſein möge.
Aber man hatte nicht lange auf den Fremden zu
warten, denn, ehe noch der Sybarit Zeit gefunden hatte,
einen neuen Schluck Wein ſorgfältig mit der Zunge zu
prüfen, ſtand ein großer hagerer Mann in den ſechziger
Jahren, mit einem länglichen, feinen und geiſtreichen
Kopfe, Kallias, der Sohn des Phänippos von Athen 63),
neben Rhodopis.
Mit den klaren klugen Augen blickte der ſpäte Gaſt,
einer der reichſten Vertriebenen von Athen, welcher die
Güter des Piſiſtratus zweimal vom Staate gekauft und
zweimal, als derſelbe wiederkehrte, verloren hatte, ſeine
Bekannten an und rief, nachdem er mit Allen freundliche
Grüße ausgetauſcht hatte:
„Wenn ihr mir mein heutiges Erſcheinen nicht hoch
anrechnet, dann behaupte ich, daß alle Dankbarkeit aus
der Welt verſchwunden ſei.“
„Wir haben Dich lange erwartet,“ unterbrach ihn
einer der Mileſier. — „Du biſt der Erſte, welcher uns
vom Verlaufe der olympiſchen Spiele Nachricht bringt!“
„Und wir konnten keinen beſſeren Boten wünſchen,
als den früheren Sieger,“ fügte Rhodopis hinzu.
„Setze Dich,“ rief Phanes voller Ungeduld, „und
erzähle kurz und bündig, was Du weißt, Freund Kallias!“
„Sogleich, Landsmann,“ erwiederte dieſer, „’s iſt ſchon
ziemlich lange her, ſeitdem ich Olympia verlaſſen und
mich auf einem ſamiſchen fünfzig Ruderer, dem beſten
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