Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864."Jch werde wie eine Sklavin aussehen!" "Die wahre Anmuth ist auch in Lumpen schön." "Wie wird die Aegypterin mich überstrahlen!" "Alle Welt muß sehen, daß Du weit entfernt bist, "Aber ich kann mich nicht vor ihr verneigen!" "Du mußt!" "Du willst mich verderben und demüthigen!" "Kurzsichtige Thörin! Höre schnell meine Gründe und "Jch werde gehorchen!" rief die Fürstentochter. Ebers, Eine ägyptische Königstochter. II. 8
„Jch werde wie eine Sklavin ausſehen!“ „Die wahre Anmuth iſt auch in Lumpen ſchön.“ „Wie wird die Aegypterin mich überſtrahlen!“ „Alle Welt muß ſehen, daß Du weit entfernt biſt, „Aber ich kann mich nicht vor ihr verneigen!“ „Du mußt!“ „Du willſt mich verderben und demüthigen!“ „Kurzſichtige Thörin! Höre ſchnell meine Gründe und „Jch werde gehorchen!“ rief die Fürſtentochter. Ebers, Eine ägyptiſche Königstochter. II. 8
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„Jch werde wie eine Sklavin ausſehen!“
„Die wahre Anmuth iſt auch in Lumpen ſchön.“
„Wie wird die Aegypterin mich überſtrahlen!“
„Alle Welt muß ſehen, daß Du weit entfernt biſt,
Dich mit ihr meſſen zu wollen. Man wird ſich fragen:
‚Wäre Phädyme nicht ebenſo ſchön, wenn ſie ſich aufgeputzt
hätte, gleich dieſem hochmüthigen Weibe?‘“
„Aber ich kann mich nicht vor ihr verneigen!“
„Du mußt!“
„Du willſt mich verderben und demüthigen!“
„Kurzſichtige Thörin! Höre ſchnell meine Gründe und
gehorche! Es kommt mir beſonders darauf an, die Achä-
meniden gegen unſere Feindin aufzubringen. Wie zornig
muß Dein Großvater Jntaphernes, wie wüthend Dein
Vater Otanes werden, wenn ſie Dich im Staube vor einer
Fremden erblicken. Jhr gekränkter Stolz wird ſie zu un-
ſeren Bundesgenoſſen machen; und wenn ſie auch, wie ſie’s
nennen, zu ‚edel‘ ſind, um ſelber etwas gegen ein Weib
zu unternehmen, ſo werden ſie mir doch, wann ich ihrer
bedarf, lieber helfen als im Wege ſtehen. Jſt die Aegyp-
terin vernichtet, dann wird ſich der König, wenn Du mir
gehorchſt, Deiner bleichen Wangen, Deiner Demuth, Deiner
Uneigennützigkeit erinnern. Die Achämeniden und ſelbſt die
Magier werden ihn bitten, er möge eine Edle ſeines Ge-
ſchlechts zur Königin machen; welches Weib in Perſien
rühmt ſich aber höherer Geburt als Du, wer anders wird
den Purpur empfangen als mein bunter Paradiesvogel,
meine ſchöne Roſe Phädyme? Wie man einen Sturz vom
Pferde nicht fürchten muß, wenn man reiten lernen will,
ſo muß man ſich nicht vor einer Erniedrigung ſcheuen, wenn
es gilt, den höchſten Preis zu gewinnen!“
„Jch werde gehorchen!“ rief die Fürſtentochter.
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