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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.

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"Ja, eine Andre."

"Ah, die Aegypterin läßt ihrem Schwager durch Dich
etwas sagen!"

"Wer hat Dir das verrathen?"

"Nitetis sprach mir davon. Gib her, was Du hast;
ich werde es Bartja sogleich überreichen."

"Jch darf es keinem Andern als ihm selbst einhän-
digen."

"Gib her; ich kann den Auftrag sichrer besorgen,
als Du."

"Jch darf nicht."

"Gehorche mir, oder --"

Jn diesem Augenblicke näherte sich der König den
Streitenden. Boges besann sich einen Augenblick, dann
rief er mit lauter Stimme den an der Pforte Wache hal-
tenden Peitschenträgern und befahl ihnen, den erstaunten
Burschen festzunehmen.

"Was gibt es hier?" fragte Kambyses.

"Dieser Verwegne," antwortete der Eunuch, "ist in
den Palast gedrungen, um Bartja eine Botschaft Deiner
Gattin Nitetis zu überbringen."

Der Knabe war, als er den König gewahrte, den
Boden mit der Stirn berührend, auf die Kniee gesunken.

Kambyses schaute todtenbleich auf den unglücklichen
Boten. Dann wendete er sich an den Eunuchen und
fragte: "Was begehrt die Aegypterin von meinem
Bruder?"

"Der Bursche behauptet, er habe den Befehl, das,
was er bringe, nur dem Bartja zu übergeben."

Bei diesen Worten hielt der Knabe dem Könige, in-
dem er denselben flehentlich bittend anschaute, ein Papy-
rosröllchen entgegen.

„Ja, eine Andre.“

„Ah, die Aegypterin läßt ihrem Schwager durch Dich
etwas ſagen!“

„Wer hat Dir das verrathen?“

„Nitetis ſprach mir davon. Gib her, was Du haſt;
ich werde es Bartja ſogleich überreichen.“

„Jch darf es keinem Andern als ihm ſelbſt einhän-
digen.“

„Gib her; ich kann den Auftrag ſichrer beſorgen,
als Du.“

„Jch darf nicht.“

„Gehorche mir, oder —“

Jn dieſem Augenblicke näherte ſich der König den
Streitenden. Boges beſann ſich einen Augenblick, dann
rief er mit lauter Stimme den an der Pforte Wache hal-
tenden Peitſchenträgern und befahl ihnen, den erſtaunten
Burſchen feſtzunehmen.

„Was gibt es hier?“ fragte Kambyſes.

„Dieſer Verwegne,“ antwortete der Eunuch, „iſt in
den Palaſt gedrungen, um Bartja eine Botſchaft Deiner
Gattin Nitetis zu überbringen.“

Der Knabe war, als er den König gewahrte, den
Boden mit der Stirn berührend, auf die Kniee geſunken.

Kambyſes ſchaute todtenbleich auf den unglücklichen
Boten. Dann wendete er ſich an den Eunuchen und
fragte: „Was begehrt die Aegypterin von meinem
Bruder?“

„Der Burſche behauptet, er habe den Befehl, das,
was er bringe, nur dem Bartja zu übergeben.“

Bei dieſen Worten hielt der Knabe dem Könige, in-
dem er denſelben flehentlich bittend anſchaute, ein Papy-
rosröllchen entgegen.

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[133/0135] „Ja, eine Andre.“ „Ah, die Aegypterin läßt ihrem Schwager durch Dich etwas ſagen!“ „Wer hat Dir das verrathen?“ „Nitetis ſprach mir davon. Gib her, was Du haſt; ich werde es Bartja ſogleich überreichen.“ „Jch darf es keinem Andern als ihm ſelbſt einhän- digen.“ „Gib her; ich kann den Auftrag ſichrer beſorgen, als Du.“ „Jch darf nicht.“ „Gehorche mir, oder —“ Jn dieſem Augenblicke näherte ſich der König den Streitenden. Boges beſann ſich einen Augenblick, dann rief er mit lauter Stimme den an der Pforte Wache hal- tenden Peitſchenträgern und befahl ihnen, den erſtaunten Burſchen feſtzunehmen. „Was gibt es hier?“ fragte Kambyſes. „Dieſer Verwegne,“ antwortete der Eunuch, „iſt in den Palaſt gedrungen, um Bartja eine Botſchaft Deiner Gattin Nitetis zu überbringen.“ Der Knabe war, als er den König gewahrte, den Boden mit der Stirn berührend, auf die Kniee geſunken. Kambyſes ſchaute todtenbleich auf den unglücklichen Boten. Dann wendete er ſich an den Eunuchen und fragte: „Was begehrt die Aegypterin von meinem Bruder?“ „Der Burſche behauptet, er habe den Befehl, das, was er bringe, nur dem Bartja zu übergeben.“ Bei dieſen Worten hielt der Knabe dem Könige, in- dem er denſelben flehentlich bittend anſchaute, ein Papy- rosröllchen entgegen.

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/135>, abgerufen am 21.11.2024.