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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.

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einen Augenblick; als er aber sah, daß eine neue Schaar
von Peitschenträgern heranrückte, winkte er denselben, vor
den ungeduldig stampfenden Pferden stehen zu bleiben, und
stieg in die Harmamaxa.

Der Fremde schaute den Hauptmann lächelnd an und
fragte denselben: "Seh' ich aus wie ein Betrüger?"

"Nein, denn wenn Deine Sprache auch verräth, daß
Du kein Perser bist, so hast Du doch das Ansehn eines
Edlen."

"Jch bin ein Hellene und hierher gekommen, um
Kambyses einen großen Dienst zu leisten. Der Freipaß
des Gyges, der mein Freund ist, wurde mir von dem-
selben, als er in Aegypten war, für den Fall, daß ich
nach Persien kommen sollte, geliehen. Jch bin bereit, mich
vor dem Könige zu rechtfertigen, und habe nichts zu fürch-
ten, wohl aber für Nachrichten, die ich bringe, große
Gunst zu erwarten. Laß' mich, wenn dieß Deine Pflicht
erfordert, ungesäumt zu Krösus führen; dieser wird Bürg-
schaft für mich leisten und Dir Deine Leute, deren Du
heut zu bedürfen scheinst, wiederschicken. Vertheile diese
Goldstücke unter dieselben und erzähle mir sogleich, was
mein armer Freund Gyges verbrochen hat, und was dieß
Menschengewimmel und Getümmel bedeutet."

Der Fremde hatte zwar in schlechtem Persisch, aber
mit so überlegener Würde und so fester Sicherheit ge-
sprochen, auch war seine Gabe so reich gewesen, daß der
an Bücken und Kriechen gewöhnte Despotendiener einem
Fürsten gegenüber zu sitzen glaubte, seine Arme ehrerbietig
kreuzte und, seiner vielen Geschäfte entschuldigend gedenkend,
in fliegenden Worten zu erzählen begann. Er hatte in
der vergangnen Nacht während des Verhörs in der großen
Halle Wache gestanden und konnte darum dem Fremden

einen Augenblick; als er aber ſah, daß eine neue Schaar
von Peitſchenträgern heranrückte, winkte er denſelben, vor
den ungeduldig ſtampfenden Pferden ſtehen zu bleiben, und
ſtieg in die Harmamaxa.

Der Fremde ſchaute den Hauptmann lächelnd an und
fragte denſelben: „Seh’ ich aus wie ein Betrüger?“

„Nein, denn wenn Deine Sprache auch verräth, daß
Du kein Perſer biſt, ſo haſt Du doch das Anſehn eines
Edlen.“

„Jch bin ein Hellene und hierher gekommen, um
Kambyſes einen großen Dienſt zu leiſten. Der Freipaß
des Gyges, der mein Freund iſt, wurde mir von dem-
ſelben, als er in Aegypten war, für den Fall, daß ich
nach Perſien kommen ſollte, geliehen. Jch bin bereit, mich
vor dem Könige zu rechtfertigen, und habe nichts zu fürch-
ten, wohl aber für Nachrichten, die ich bringe, große
Gunſt zu erwarten. Laß’ mich, wenn dieß Deine Pflicht
erfordert, ungeſäumt zu Kröſus führen; dieſer wird Bürg-
ſchaft für mich leiſten und Dir Deine Leute, deren Du
heut zu bedürfen ſcheinſt, wiederſchicken. Vertheile dieſe
Goldſtücke unter dieſelben und erzähle mir ſogleich, was
mein armer Freund Gyges verbrochen hat, und was dieß
Menſchengewimmel und Getümmel bedeutet.“

Der Fremde hatte zwar in ſchlechtem Perſiſch, aber
mit ſo überlegener Würde und ſo feſter Sicherheit ge-
ſprochen, auch war ſeine Gabe ſo reich geweſen, daß der
an Bücken und Kriechen gewöhnte Despotendiener einem
Fürſten gegenüber zu ſitzen glaubte, ſeine Arme ehrerbietig
kreuzte und, ſeiner vielen Geſchäfte entſchuldigend gedenkend,
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der vergangnen Nacht während des Verhörs in der großen
Halle Wache geſtanden und konnte darum dem Fremden

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[201/0203] einen Augenblick; als er aber ſah, daß eine neue Schaar von Peitſchenträgern heranrückte, winkte er denſelben, vor den ungeduldig ſtampfenden Pferden ſtehen zu bleiben, und ſtieg in die Harmamaxa. Der Fremde ſchaute den Hauptmann lächelnd an und fragte denſelben: „Seh’ ich aus wie ein Betrüger?“ „Nein, denn wenn Deine Sprache auch verräth, daß Du kein Perſer biſt, ſo haſt Du doch das Anſehn eines Edlen.“ „Jch bin ein Hellene und hierher gekommen, um Kambyſes einen großen Dienſt zu leiſten. Der Freipaß des Gyges, der mein Freund iſt, wurde mir von dem- ſelben, als er in Aegypten war, für den Fall, daß ich nach Perſien kommen ſollte, geliehen. Jch bin bereit, mich vor dem Könige zu rechtfertigen, und habe nichts zu fürch- ten, wohl aber für Nachrichten, die ich bringe, große Gunſt zu erwarten. Laß’ mich, wenn dieß Deine Pflicht erfordert, ungeſäumt zu Kröſus führen; dieſer wird Bürg- ſchaft für mich leiſten und Dir Deine Leute, deren Du heut zu bedürfen ſcheinſt, wiederſchicken. Vertheile dieſe Goldſtücke unter dieſelben und erzähle mir ſogleich, was mein armer Freund Gyges verbrochen hat, und was dieß Menſchengewimmel und Getümmel bedeutet.“ Der Fremde hatte zwar in ſchlechtem Perſiſch, aber mit ſo überlegener Würde und ſo feſter Sicherheit ge- ſprochen, auch war ſeine Gabe ſo reich geweſen, daß der an Bücken und Kriechen gewöhnte Despotendiener einem Fürſten gegenüber zu ſitzen glaubte, ſeine Arme ehrerbietig kreuzte und, ſeiner vielen Geſchäfte entſchuldigend gedenkend, in fliegenden Worten zu erzählen begann. Er hatte in der vergangnen Nacht während des Verhörs in der großen Halle Wache geſtanden und konnte darum dem Fremden

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/203>, abgerufen am 04.12.2024.