Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.

Bild:
<< vorherige Seite

Jch nehme Deinen Vorschlag an. Sind die Gefangenen,
trotz Deiner Vermuthung, schuldig, so bist Du verpflichtet,
Dein Leben lang als mein Diener an unsrem Hofe zu
verweilen; vermagst Du aber in der That das zu beweisen,
wonach mein Herz sich sehnt, dann will ich Dich zum
Reichsten Deiner Landsleute machen."

Phanes lächelte ablehnend und fragte: "Gestattest Du
mir, einige Fragen an Dich und Deine Hofbeamten zu
richten?"

"Rede und frage, wie und was Du willst!"

Jn diesem Augenblick trat der Jägermeister in die
Halle und zeigte an, daß Alles zum Jagen bereit sei.

"Man soll warten!" herrschte der König den vor
Eifer, alle Vorbereitungen zu beschleunigen, athemlosen
Tischgenossen zu. "Jch weiß nicht, ob wir heute überhaupt
jagen werden. Wo ist der Peitschenträger-Hauptmann
Bischen?"

Datis, das sogenannte Auge 119) des Königs, der
nach modernen Begriffen die Stelle des Polizeiministers
bekleidete, enteilte dem Zimmer und kam in wenigen
Minuten, die Phanes, um verschiedene der anwesenden
Großen über allerlei ihm wichtige Einzelnheiten zu befra-
gen, benutzte, mit dem Gesuchten wieder.

"Was treiben die Gefangenen?" fragte Kambyses den
vor ihm liegenden Hauptmann.

"Sieg dem Könige! Sie erwarten den Tod mit Ruhe,
denn es ist süß, durch Deinen Willen zu sterben."

"Hast Du ihre Gespräche mit angehört?"

"Ja, mein Herrscher."

"Gestehen sie einander zu, daß sie schuldig sind?"

"Mithra allein weiß in das Herz zu schauen; aber
Du, mein Fürst, würdest, wie ich, Dein ärmster Knecht,

Jch nehme Deinen Vorſchlag an. Sind die Gefangenen,
trotz Deiner Vermuthung, ſchuldig, ſo biſt Du verpflichtet,
Dein Leben lang als mein Diener an unſrem Hofe zu
verweilen; vermagſt Du aber in der That das zu beweiſen,
wonach mein Herz ſich ſehnt, dann will ich Dich zum
Reichſten Deiner Landsleute machen.“

Phanes lächelte ablehnend und fragte: „Geſtatteſt Du
mir, einige Fragen an Dich und Deine Hofbeamten zu
richten?“

„Rede und frage, wie und was Du willſt!“

Jn dieſem Augenblick trat der Jägermeiſter in die
Halle und zeigte an, daß Alles zum Jagen bereit ſei.

„Man ſoll warten!“ herrſchte der König den vor
Eifer, alle Vorbereitungen zu beſchleunigen, athemloſen
Tiſchgenoſſen zu. „Jch weiß nicht, ob wir heute überhaupt
jagen werden. Wo iſt der Peitſchenträger-Hauptmann
Biſchen?“

Datis, das ſogenannte Auge 119) des Königs, der
nach modernen Begriffen die Stelle des Polizeiminiſters
bekleidete, enteilte dem Zimmer und kam in wenigen
Minuten, die Phanes, um verſchiedene der anweſenden
Großen über allerlei ihm wichtige Einzelnheiten zu befra-
gen, benutzte, mit dem Geſuchten wieder.

„Was treiben die Gefangenen?“ fragte Kambyſes den
vor ihm liegenden Hauptmann.

„Sieg dem Könige! Sie erwarten den Tod mit Ruhe,
denn es iſt ſüß, durch Deinen Willen zu ſterben.“

„Haſt Du ihre Geſpräche mit angehört?“

„Ja, mein Herrſcher.“

„Geſtehen ſie einander zu, daß ſie ſchuldig ſind?“

„Mithra allein weiß in das Herz zu ſchauen; aber
Du, mein Fürſt, würdeſt, wie ich, Dein ärmſter Knecht,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0219" n="217"/>
Jch nehme Deinen Vor&#x017F;chlag an. Sind die Gefangenen,<lb/>
trotz Deiner Vermuthung, &#x017F;chuldig, &#x017F;o bi&#x017F;t Du verpflichtet,<lb/>
Dein Leben lang als mein Diener an un&#x017F;rem Hofe zu<lb/>
verweilen; vermag&#x017F;t Du aber in der That das zu bewei&#x017F;en,<lb/>
wonach mein Herz &#x017F;ich &#x017F;ehnt, dann will ich Dich zum<lb/>
Reich&#x017F;ten Deiner Landsleute machen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Phanes lächelte ablehnend und fragte: &#x201E;Ge&#x017F;tatte&#x017F;t Du<lb/>
mir, einige Fragen an Dich und Deine Hofbeamten zu<lb/>
richten?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Rede und frage, wie und was Du will&#x017F;t!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Jn die&#x017F;em Augenblick trat der Jägermei&#x017F;ter in die<lb/>
Halle und zeigte an, daß Alles zum Jagen bereit &#x017F;ei.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Man &#x017F;oll warten!&#x201C; herr&#x017F;chte der König den vor<lb/>
Eifer, alle Vorbereitungen zu be&#x017F;chleunigen, athemlo&#x017F;en<lb/>
Ti&#x017F;chgeno&#x017F;&#x017F;en zu. &#x201E;Jch weiß nicht, ob wir heute überhaupt<lb/>
jagen werden. Wo i&#x017F;t der Peit&#x017F;chenträger-Hauptmann<lb/>
Bi&#x017F;chen?&#x201C;</p><lb/>
        <p>Datis, das &#x017F;ogenannte Auge <hi rendition="#sup">119</hi>) des Königs, der<lb/>
nach modernen Begriffen die Stelle des Polizeimini&#x017F;ters<lb/>
bekleidete, enteilte dem Zimmer und kam in wenigen<lb/>
Minuten, die Phanes, um ver&#x017F;chiedene der anwe&#x017F;enden<lb/>
Großen über allerlei ihm wichtige Einzelnheiten zu befra-<lb/>
gen, benutzte, mit dem Ge&#x017F;uchten wieder.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was treiben die Gefangenen?&#x201C; fragte Kamby&#x017F;es den<lb/>
vor ihm liegenden Hauptmann.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sieg dem Könige! Sie erwarten den Tod mit Ruhe,<lb/>
denn es i&#x017F;t &#x017F;üß, durch Deinen Willen zu &#x017F;terben.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ha&#x017F;t Du ihre Ge&#x017F;präche mit angehört?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ja, mein Herr&#x017F;cher.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ge&#x017F;tehen &#x017F;ie einander zu, daß &#x017F;ie &#x017F;chuldig &#x017F;ind?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Mithra allein weiß in das Herz zu &#x017F;chauen; aber<lb/>
Du, mein Für&#x017F;t, würde&#x017F;t, wie ich, Dein ärm&#x017F;ter Knecht,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[217/0219] Jch nehme Deinen Vorſchlag an. Sind die Gefangenen, trotz Deiner Vermuthung, ſchuldig, ſo biſt Du verpflichtet, Dein Leben lang als mein Diener an unſrem Hofe zu verweilen; vermagſt Du aber in der That das zu beweiſen, wonach mein Herz ſich ſehnt, dann will ich Dich zum Reichſten Deiner Landsleute machen.“ Phanes lächelte ablehnend und fragte: „Geſtatteſt Du mir, einige Fragen an Dich und Deine Hofbeamten zu richten?“ „Rede und frage, wie und was Du willſt!“ Jn dieſem Augenblick trat der Jägermeiſter in die Halle und zeigte an, daß Alles zum Jagen bereit ſei. „Man ſoll warten!“ herrſchte der König den vor Eifer, alle Vorbereitungen zu beſchleunigen, athemloſen Tiſchgenoſſen zu. „Jch weiß nicht, ob wir heute überhaupt jagen werden. Wo iſt der Peitſchenträger-Hauptmann Biſchen?“ Datis, das ſogenannte Auge 119) des Königs, der nach modernen Begriffen die Stelle des Polizeiminiſters bekleidete, enteilte dem Zimmer und kam in wenigen Minuten, die Phanes, um verſchiedene der anweſenden Großen über allerlei ihm wichtige Einzelnheiten zu befra- gen, benutzte, mit dem Geſuchten wieder. „Was treiben die Gefangenen?“ fragte Kambyſes den vor ihm liegenden Hauptmann. „Sieg dem Könige! Sie erwarten den Tod mit Ruhe, denn es iſt ſüß, durch Deinen Willen zu ſterben.“ „Haſt Du ihre Geſpräche mit angehört?“ „Ja, mein Herrſcher.“ „Geſtehen ſie einander zu, daß ſie ſchuldig ſind?“ „Mithra allein weiß in das Herz zu ſchauen; aber Du, mein Fürſt, würdeſt, wie ich, Dein ärmſter Knecht,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/219
Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/219>, abgerufen am 09.11.2024.