Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.zeigte, war ihm neu und berührte ihn wie der Hauch der zeigte, war ihm neu und berührte ihn wie der Hauch der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0218" n="216"/> zeigte, war ihm neu und berührte ihn wie der Hauch der<lb/> Seeluft, wenn ſie die Stirn eines Menſchen zum erſten-<lb/> male umweht. Während ſeine Großen, ja ſelbſt ſeine<lb/> nächſten Verwandten, ihn nur mit gekrümmtem Rücken an-<lb/> zureden wagten, ſtand der Grieche ſchlank und aufrecht<lb/> vor ihm; — während die Perſer jedes Wort, welches ſie<lb/> an ihren Herrſcher richteten, mit blumigen Phraſen und<lb/> ſchmeichleriſchen Redensarten zu behängen pflegten, ſprach<lb/> der Athener frei, ſchlicht und ſchmucklos. Dabei begleitete<lb/> er ſeine Rede mit ſo anmuthigen Bewegungen und ſo aus-<lb/> drucksvollen Blicken, daß der König dieſelbe, trotz ſeiner<lb/> mangelnden Sprachgewandtheit, beſſer verſtand, als die<lb/> meiſt in Gleichniſſe gekleideten Berichte ſeiner eignen Unter-<lb/> thanen. Nur Nitetis und ihm gegenüber hatte er je ver-<lb/> geſſen, daß er Herrſcher ſei. Hier ſtand der Menſch vor<lb/> dem Menſchen, hier vergaß der ſtolze Deſpot, daß er mit<lb/> einem Weſen rede, deſſen Leben oder Tod ein Spielball<lb/> ſeiner Launen ſei. So mächtig wirkte die Würde des<lb/> Mannes, das Selbſtbewußtſein eines ſich ſeines Anſpruchs<lb/> auf Freiheit bewußten Menſchen und die überlegne Bildung<lb/> ſelbſt auf den ſtrengen Deſpoten. Auch gab es noch etwas<lb/> Andres, das Kambyſes ſo ſchnell für den Athener gewann.<lb/> Dieſer Mann ſchien gekommen zu ſein, um ihm vielleicht<lb/> den theuerſten verloren und mehr als verloren geglaubten<lb/> Schatz wieder zu geben. Wie konnte aber das Leben dieſes<lb/> ausländiſchen Abenteurers als Pfand für die Söhne der<lb/> erſten aller Perſer angenommen werden? Dennoch erzürnte<lb/> der Vorſchlag des Phanes den König keineswegs. Er<lb/> lächelte vielmehr über die Kühnheit des Hellenen, der ſich<lb/> in ſeinem Eifer von dem Tuche, das ſeinen Mund und<lb/> Bart umwehte, befreit hatte, und rief: „Es ſcheint mir,<lb/> beim Mithra, als wollteſt Du uns Gutes bringen, Hellene!<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [216/0218]
zeigte, war ihm neu und berührte ihn wie der Hauch der
Seeluft, wenn ſie die Stirn eines Menſchen zum erſten-
male umweht. Während ſeine Großen, ja ſelbſt ſeine
nächſten Verwandten, ihn nur mit gekrümmtem Rücken an-
zureden wagten, ſtand der Grieche ſchlank und aufrecht
vor ihm; — während die Perſer jedes Wort, welches ſie
an ihren Herrſcher richteten, mit blumigen Phraſen und
ſchmeichleriſchen Redensarten zu behängen pflegten, ſprach
der Athener frei, ſchlicht und ſchmucklos. Dabei begleitete
er ſeine Rede mit ſo anmuthigen Bewegungen und ſo aus-
drucksvollen Blicken, daß der König dieſelbe, trotz ſeiner
mangelnden Sprachgewandtheit, beſſer verſtand, als die
meiſt in Gleichniſſe gekleideten Berichte ſeiner eignen Unter-
thanen. Nur Nitetis und ihm gegenüber hatte er je ver-
geſſen, daß er Herrſcher ſei. Hier ſtand der Menſch vor
dem Menſchen, hier vergaß der ſtolze Deſpot, daß er mit
einem Weſen rede, deſſen Leben oder Tod ein Spielball
ſeiner Launen ſei. So mächtig wirkte die Würde des
Mannes, das Selbſtbewußtſein eines ſich ſeines Anſpruchs
auf Freiheit bewußten Menſchen und die überlegne Bildung
ſelbſt auf den ſtrengen Deſpoten. Auch gab es noch etwas
Andres, das Kambyſes ſo ſchnell für den Athener gewann.
Dieſer Mann ſchien gekommen zu ſein, um ihm vielleicht
den theuerſten verloren und mehr als verloren geglaubten
Schatz wieder zu geben. Wie konnte aber das Leben dieſes
ausländiſchen Abenteurers als Pfand für die Söhne der
erſten aller Perſer angenommen werden? Dennoch erzürnte
der Vorſchlag des Phanes den König keineswegs. Er
lächelte vielmehr über die Kühnheit des Hellenen, der ſich
in ſeinem Eifer von dem Tuche, das ſeinen Mund und
Bart umwehte, befreit hatte, und rief: „Es ſcheint mir,
beim Mithra, als wollteſt Du uns Gutes bringen, Hellene!
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