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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.

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fragten ihn, ob er in den Palast nach Babylon gebracht
zu werden wünschte. Er verneinte dieß mit Heftigkeit und
versicherte, daß er nicht der sei, für den wir ihn hielten,
sondern --"

"Wer kann Bartja so ähnlich sehen? Rede! Jch bin
neugierig, dieß zu erfahren!" unterbrach der König den
Sprecher.

"Er behauptete, daß er der Bruder Deines Ober-
priesters sei, Gaumata heiße, und daß man seinen Namen
auf dem Freipasse, welcher in dem Aermel seines Magier-
gewands stecke, finden müßte. Der Wirth der Herberge
fand das bezeichnete Dokument und bestätigte, da er lesen
konnte, die Behauptung des Kranken, der bald von neuen
Fieberschauern ergriffen wurde, in denen er allerlei zu-
sammenhangslose Reden führte."

"Hast Du dieselben verstanden?"

"Freilich! Er wiederholte immer dasselbe. Die hängen-
den Gärten schienen all' seine Gedanken auszufüllen. Er
mußte soeben einer großen Gefahr entgangen sein, und hat
dort wahrscheinlich mit einem Weibe Namens Mandane
eine Liebeszusammenkunft gehabt."

"Mandane," murmelte Kambyses, "Mandane. Wenn
ich nicht irre, so führt die erste Dienerin der Tochter des
Amasis diesen Namen."

Den feinen Ohren des Griechen entgingen diese Worte
nicht. Einen Augenblick sann er schweigend nach, dann
lächelte er und rief: "Laß die gefangenen Freunde frei,
mein König, denn ich bürge Dir mit meinem Kopfe dafür,
daß Bartja nicht auf den hängenden Gärten war!"

Der König schaute den kühnen Redner verwundert,
aber freundlich an. Das freie, zwanglose, anmuthige
Wesen, welches der Athener ihm, dem Könige gegenüber,

fragten ihn, ob er in den Palaſt nach Babylon gebracht
zu werden wünſchte. Er verneinte dieß mit Heftigkeit und
verſicherte, daß er nicht der ſei, für den wir ihn hielten,
ſondern —“

„Wer kann Bartja ſo ähnlich ſehen? Rede! Jch bin
neugierig, dieß zu erfahren!“ unterbrach der König den
Sprecher.

„Er behauptete, daß er der Bruder Deines Ober-
prieſters ſei, Gaumata heiße, und daß man ſeinen Namen
auf dem Freipaſſe, welcher in dem Aermel ſeines Magier-
gewands ſtecke, finden müßte. Der Wirth der Herberge
fand das bezeichnete Dokument und beſtätigte, da er leſen
konnte, die Behauptung des Kranken, der bald von neuen
Fieberſchauern ergriffen wurde, in denen er allerlei zu-
ſammenhangsloſe Reden führte.“

„Haſt Du dieſelben verſtanden?“

„Freilich! Er wiederholte immer dasſelbe. Die hängen-
den Gärten ſchienen all’ ſeine Gedanken auszufüllen. Er
mußte ſoeben einer großen Gefahr entgangen ſein, und hat
dort wahrſcheinlich mit einem Weibe Namens Mandane
eine Liebeszuſammenkunft gehabt.“

„Mandane,“ murmelte Kambyſes, „Mandane. Wenn
ich nicht irre, ſo führt die erſte Dienerin der Tochter des
Amaſis dieſen Namen.“

Den feinen Ohren des Griechen entgingen dieſe Worte
nicht. Einen Augenblick ſann er ſchweigend nach, dann
lächelte er und rief: „Laß die gefangenen Freunde frei,
mein König, denn ich bürge Dir mit meinem Kopfe dafür,
daß Bartja nicht auf den hängenden Gärten war!“

Der König ſchaute den kühnen Redner verwundert,
aber freundlich an. Das freie, zwangloſe, anmuthige
Weſen, welches der Athener ihm, dem Könige gegenüber,

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[215/0217] fragten ihn, ob er in den Palaſt nach Babylon gebracht zu werden wünſchte. Er verneinte dieß mit Heftigkeit und verſicherte, daß er nicht der ſei, für den wir ihn hielten, ſondern —“ „Wer kann Bartja ſo ähnlich ſehen? Rede! Jch bin neugierig, dieß zu erfahren!“ unterbrach der König den Sprecher. „Er behauptete, daß er der Bruder Deines Ober- prieſters ſei, Gaumata heiße, und daß man ſeinen Namen auf dem Freipaſſe, welcher in dem Aermel ſeines Magier- gewands ſtecke, finden müßte. Der Wirth der Herberge fand das bezeichnete Dokument und beſtätigte, da er leſen konnte, die Behauptung des Kranken, der bald von neuen Fieberſchauern ergriffen wurde, in denen er allerlei zu- ſammenhangsloſe Reden führte.“ „Haſt Du dieſelben verſtanden?“ „Freilich! Er wiederholte immer dasſelbe. Die hängen- den Gärten ſchienen all’ ſeine Gedanken auszufüllen. Er mußte ſoeben einer großen Gefahr entgangen ſein, und hat dort wahrſcheinlich mit einem Weibe Namens Mandane eine Liebeszuſammenkunft gehabt.“ „Mandane,“ murmelte Kambyſes, „Mandane. Wenn ich nicht irre, ſo führt die erſte Dienerin der Tochter des Amaſis dieſen Namen.“ Den feinen Ohren des Griechen entgingen dieſe Worte nicht. Einen Augenblick ſann er ſchweigend nach, dann lächelte er und rief: „Laß die gefangenen Freunde frei, mein König, denn ich bürge Dir mit meinem Kopfe dafür, daß Bartja nicht auf den hängenden Gärten war!“ Der König ſchaute den kühnen Redner verwundert, aber freundlich an. Das freie, zwangloſe, anmuthige Weſen, welches der Athener ihm, dem Könige gegenüber,

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/217>, abgerufen am 09.11.2024.