Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.denken, mein König!?" Kein Vorwurf, nur tiefes Weh Kassandane dankte durch einen freundlichen Blick ihrer "Jch aber habe nie an Dir gezweifelt!" rief Atossa, "Dein Schreiben an Bartja erschütterte meinen Glau- "Und doch war das Alles so einfach und natürlich," Mit diesen Worten sank sie in den Schooß der Greisin Kambyses stand neben ihm, bleich und starr jede sei- denken, mein König!?“ Kein Vorwurf, nur tiefes Weh Kaſſandane dankte durch einen freundlichen Blick ihrer „Jch aber habe nie an Dir gezweifelt!“ rief Atoſſa, „Dein Schreiben an Bartja erſchütterte meinen Glau- „Und doch war das Alles ſo einfach und natürlich,“ Mit dieſen Worten ſank ſie in den Schooß der Greiſin Kambyſes ſtand neben ihm, bleich und ſtarr jede ſei- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0236" n="234"/> denken, mein König!?“ Kein Vorwurf, nur tiefes Weh<lb/> ſprach aus dieſen Worten, welche Kambyſes mit der leiſen<lb/> Bitte: „Verzeih’ mir,“ beantwortete.</p><lb/> <p>Kaſſandane dankte durch einen freundlichen Blick ihrer<lb/> blinden Augen dieſer Selbſtverläugnung ihres Sohnes und<lb/> ſagte: „Auch ich, meine Tochter, bedarf Deiner Vergebung.“</p><lb/> <p>„Jch aber habe nie an Dir gezweifelt!“ rief Atoſſa,<lb/> die Freundin ſtolz und glücklich auf den Mund küſſend.</p><lb/> <p>„Dein Schreiben an Bartja erſchütterte meinen Glau-<lb/> ben an Deine Unſchuld,“ fügte die Mutter des Königs<lb/> hinzu.</p><lb/> <p>„Und doch war das Alles ſo einfach und natürlich,“<lb/> antwortete Nitetis. „Hier, meine Mutter, nimm dieſen<lb/> Brief aus Aegypten. Kröſus mag ihn Dir überſetzen.<lb/> Er wird Alles erklären. Vielleicht bin ich unvorſichtig<lb/> geweſen. Laß Dir von Deiner Mutter das Nöthige mit-<lb/> theilen, mein König. O, bitte, ſpotte nicht meiner armen,<lb/> kranken Schweſter. Wenn eine Aegypterin liebt, ſo kann<lb/> ſie nicht vergeſſen. Mir iſt ſo bang! Es geht zu Ende.<lb/> Die letzten Stunden waren gar ſo entſetzlich! Das furcht-<lb/> bare Todesurtheil, welches Boges, der entſetzliche Mann,<lb/> mir vorlas; dieß Urtheil zwang mir das Gift in die<lb/> Hand. Ach, mein Herz!“</p><lb/> <p>Mit dieſen Worten ſank ſie in den Schooß der Greiſin<lb/> zurück. Nebenchari, der Arzt, ſtürzte herbei, flößte der<lb/> Kranken einige neue Tropfen ein und rief: „Dachte ich’s<lb/> doch! Sie hat Gift genommen und wird ſicher ſterben,<lb/> wenn dieſes Gegenmittel ihren Tod auch noch um einige<lb/> Tage verzögert!“</p><lb/> <p>Kambyſes ſtand neben ihm, bleich und ſtarr jede ſei-<lb/> ner Bewegungen verfolgend, während Atoſſa die Stirn<lb/> der Freundin mit Thränen benetzte.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [234/0236]
denken, mein König!?“ Kein Vorwurf, nur tiefes Weh
ſprach aus dieſen Worten, welche Kambyſes mit der leiſen
Bitte: „Verzeih’ mir,“ beantwortete.
Kaſſandane dankte durch einen freundlichen Blick ihrer
blinden Augen dieſer Selbſtverläugnung ihres Sohnes und
ſagte: „Auch ich, meine Tochter, bedarf Deiner Vergebung.“
„Jch aber habe nie an Dir gezweifelt!“ rief Atoſſa,
die Freundin ſtolz und glücklich auf den Mund küſſend.
„Dein Schreiben an Bartja erſchütterte meinen Glau-
ben an Deine Unſchuld,“ fügte die Mutter des Königs
hinzu.
„Und doch war das Alles ſo einfach und natürlich,“
antwortete Nitetis. „Hier, meine Mutter, nimm dieſen
Brief aus Aegypten. Kröſus mag ihn Dir überſetzen.
Er wird Alles erklären. Vielleicht bin ich unvorſichtig
geweſen. Laß Dir von Deiner Mutter das Nöthige mit-
theilen, mein König. O, bitte, ſpotte nicht meiner armen,
kranken Schweſter. Wenn eine Aegypterin liebt, ſo kann
ſie nicht vergeſſen. Mir iſt ſo bang! Es geht zu Ende.
Die letzten Stunden waren gar ſo entſetzlich! Das furcht-
bare Todesurtheil, welches Boges, der entſetzliche Mann,
mir vorlas; dieß Urtheil zwang mir das Gift in die
Hand. Ach, mein Herz!“
Mit dieſen Worten ſank ſie in den Schooß der Greiſin
zurück. Nebenchari, der Arzt, ſtürzte herbei, flößte der
Kranken einige neue Tropfen ein und rief: „Dachte ich’s
doch! Sie hat Gift genommen und wird ſicher ſterben,
wenn dieſes Gegenmittel ihren Tod auch noch um einige
Tage verzögert!“
Kambyſes ſtand neben ihm, bleich und ſtarr jede ſei-
ner Bewegungen verfolgend, während Atoſſa die Stirn
der Freundin mit Thränen benetzte.
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