unsrer Krieger. Viele nahmt ihr gefangen, unter diesen den heldenmüthigen Spargapises, den jungen Sohn unsrer Königin.
"Als dieser erfuhr, daß seine Mutter bereit sei, Frie- den mit euch zu machen, wenn ihr ihn freigeben wolltet, bat der edle, junge Held, ihm seine Ketten abzunehmen. So geschah es. Als er den Gebrauch seiner Hände wie- der erlangt hatte, ergriff er ein Schwert und durchbohrte seine Brust mit dem Rufe: ,Jch opfre mich für die Frei- heit meines Volkes!'
"Kaum erhielten wir Nachricht von diesem Tode des geliebten Jünglings, als wir alle Streitkräfte, welche eure Schwerter und Ketten verschont hatten, sammelten. Selbst die Knaben und Greise bewaffneten sich und zogen aus gegen Deinen Vater, um den edlen Spargapises zu rächen und sich, wie er, für die Freiheit der Massageten zu opfern. -- Es kam zum Treffen. Jhr wurdet geschla- gen, Kyros fiel, Tomyris fand seinen Leichnam in einer Lache von Menschenblut schwimmend und rief: ,Unersätt- licher, jetzt, denke ich, wirst Du mit Blut gesättigt sein!' -- Die Schaar der Edlen, welche ihr die Unsterblichen nennt, drängte uns zurück und holte aus unsern dichtesten Reihen den Leichnam Deines Vaters. Du selbst hast an ihrer Spitze gestanden und wie ein Löwe gekämpft. Jch erkenne Dich wohl! Wisse, daß dieses Schwert an meiner Seite jene Wunde schlug, welche jetzt als purpurnes Eh- renzeichen Dein männliches Angesicht schmückt!"
"Die lauschende Menge regte sich, zitternd für das Leben des kühnen Sprechers; Kambyses aber nickte dem- selben, statt zu zürnen, beifällig zu und sagte: "Auch ich erkenne Dich jetzt! Du rittest an jenem Tage ein brand- rothes mit goldnen Zierrathen bedecktes Roß. Wir Perser
unſrer Krieger. Viele nahmt ihr gefangen, unter dieſen den heldenmüthigen Spargapiſes, den jungen Sohn unſrer Königin.
„Als dieſer erfuhr, daß ſeine Mutter bereit ſei, Frie- den mit euch zu machen, wenn ihr ihn freigeben wolltet, bat der edle, junge Held, ihm ſeine Ketten abzunehmen. So geſchah es. Als er den Gebrauch ſeiner Hände wie- der erlangt hatte, ergriff er ein Schwert und durchbohrte ſeine Bruſt mit dem Rufe: ‚Jch opfre mich für die Frei- heit meines Volkes!‘
„Kaum erhielten wir Nachricht von dieſem Tode des geliebten Jünglings, als wir alle Streitkräfte, welche eure Schwerter und Ketten verſchont hatten, ſammelten. Selbſt die Knaben und Greiſe bewaffneten ſich und zogen aus gegen Deinen Vater, um den edlen Spargapiſes zu rächen und ſich, wie er, für die Freiheit der Maſſageten zu opfern. — Es kam zum Treffen. Jhr wurdet geſchla- gen, Kyros fiel, Tomyris fand ſeinen Leichnam in einer Lache von Menſchenblut ſchwimmend und rief: ‚Unerſätt- licher, jetzt, denke ich, wirſt Du mit Blut geſättigt ſein!‘ — Die Schaar der Edlen, welche ihr die Unſterblichen nennt, drängte uns zurück und holte aus unſern dichteſten Reihen den Leichnam Deines Vaters. Du ſelbſt haſt an ihrer Spitze geſtanden und wie ein Löwe gekämpft. Jch erkenne Dich wohl! Wiſſe, daß dieſes Schwert an meiner Seite jene Wunde ſchlug, welche jetzt als purpurnes Eh- renzeichen Dein männliches Angeſicht ſchmückt!“
„Die lauſchende Menge regte ſich, zitternd für das Leben des kühnen Sprechers; Kambyſes aber nickte dem- ſelben, ſtatt zu zürnen, beifällig zu und ſagte: „Auch ich erkenne Dich jetzt! Du ritteſt an jenem Tage ein brand- rothes mit goldnen Zierrathen bedecktes Roß. Wir Perſer
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unſrer Krieger. Viele nahmt ihr gefangen, unter dieſen
den heldenmüthigen Spargapiſes, den jungen Sohn unſrer
Königin.
„Als dieſer erfuhr, daß ſeine Mutter bereit ſei, Frie-
den mit euch zu machen, wenn ihr ihn freigeben wolltet,
bat der edle, junge Held, ihm ſeine Ketten abzunehmen.
So geſchah es. Als er den Gebrauch ſeiner Hände wie-
der erlangt hatte, ergriff er ein Schwert und durchbohrte
ſeine Bruſt mit dem Rufe: ‚Jch opfre mich für die Frei-
heit meines Volkes!‘
„Kaum erhielten wir Nachricht von dieſem Tode des
geliebten Jünglings, als wir alle Streitkräfte, welche
eure Schwerter und Ketten verſchont hatten, ſammelten.
Selbſt die Knaben und Greiſe bewaffneten ſich und zogen
aus gegen Deinen Vater, um den edlen Spargapiſes zu
rächen und ſich, wie er, für die Freiheit der Maſſageten
zu opfern. — Es kam zum Treffen. Jhr wurdet geſchla-
gen, Kyros fiel, Tomyris fand ſeinen Leichnam in einer
Lache von Menſchenblut ſchwimmend und rief: ‚Unerſätt-
licher, jetzt, denke ich, wirſt Du mit Blut geſättigt ſein!‘
— Die Schaar der Edlen, welche ihr die Unſterblichen
nennt, drängte uns zurück und holte aus unſern dichteſten
Reihen den Leichnam Deines Vaters. Du ſelbſt haſt an
ihrer Spitze geſtanden und wie ein Löwe gekämpft. Jch
erkenne Dich wohl! Wiſſe, daß dieſes Schwert an meiner
Seite jene Wunde ſchlug, welche jetzt als purpurnes Eh-
renzeichen Dein männliches Angeſicht ſchmückt!“
„Die lauſchende Menge regte ſich, zitternd für das
Leben des kühnen Sprechers; Kambyſes aber nickte dem-
ſelben, ſtatt zu zürnen, beifällig zu und ſagte: „Auch ich
erkenne Dich jetzt! Du ritteſt an jenem Tage ein brand-
rothes mit goldnen Zierrathen bedecktes Roß. Wir Perſer
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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/77>, abgerufen am 16.02.2025.
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