thür geschlossen, als er von mehreren jungen Leuten an- gegriffen wurde, die ihm aller Wahrscheinlichkeit nach auf- gelauert hatten. Mit Einem derselben, welcher sich Ste- phanion's Bräutigam nannte, war er schon am Morgen in Streit gerathen. Die Dirne hatte den lästigen Be- werber von ihren Blumen fortgewiesen und Zopyros ge- dankt, als derselbe den Aufdringlichen mit Schlägen bedrohte. Als sich der Achämenide überfallen sah, zog er sofort sein Schwert und schlug die nur mit Stöcken be- waffneten Angreifer leicht zurück, hatte aber das Unglück, den Eifersüchtigen, welcher ungestüm auf ihn eindrang, so schwer zu verwunden, daß derselbe niedersank. Jndessen war die Schaarwache herbeigekommen und wollte Zopyros, dessen Opfer kläglich "Mörder und Räuber" schrie, fest- nehmen; dieser aber zeigte sich keineswegs willens, seine Freiheit so leichten Kaufes hinzugeben. Angestachelt von der ihn umgebenden Gefahr, stürzte der kampflustige Perser mit erhobenem Schwert auf die Häscher los und hatte sich schon durch diese Bahn gebrochen, als eine zweite Wache herbeikam und ihn, vereint mit der ersten, angriff. Wieder schwang er sein Schwert, das dießmal den Schädel eines Aegypters spaltete. Ein zweiter Schlag verwundete einen Soldaten am Arm; als er aber zum dritten Hiebe ausholte, fühlte er plötzlich, wie sich eine Schlinge um seinen Hals legte und sich fester und fester zusammenzog. Schnell verging ihm Besinnung und Athem. Als er wieder zu sich kam, war er gebunden und mußte, trotz seines Passes und seiner Berufung auf Theopompos, den Häschern folgen.
Nachdem er seine Erzählung beendet hatte, gab der Milesier dem Jünglinge seine volle Mißbilligung zu er- kennen und versicherte demselben, daß seine unzeitige
thür geſchloſſen, als er von mehreren jungen Leuten an- gegriffen wurde, die ihm aller Wahrſcheinlichkeit nach auf- gelauert hatten. Mit Einem derſelben, welcher ſich Ste- phanion’s Bräutigam nannte, war er ſchon am Morgen in Streit gerathen. Die Dirne hatte den läſtigen Be- werber von ihren Blumen fortgewieſen und Zopyros ge- dankt, als derſelbe den Aufdringlichen mit Schlägen bedrohte. Als ſich der Achämenide überfallen ſah, zog er ſofort ſein Schwert und ſchlug die nur mit Stöcken be- waffneten Angreifer leicht zurück, hatte aber das Unglück, den Eiferſüchtigen, welcher ungeſtüm auf ihn eindrang, ſo ſchwer zu verwunden, daß derſelbe niederſank. Jndeſſen war die Schaarwache herbeigekommen und wollte Zopyros, deſſen Opfer kläglich „Mörder und Räuber“ ſchrie, feſt- nehmen; dieſer aber zeigte ſich keineswegs willens, ſeine Freiheit ſo leichten Kaufes hinzugeben. Angeſtachelt von der ihn umgebenden Gefahr, ſtürzte der kampfluſtige Perſer mit erhobenem Schwert auf die Häſcher los und hatte ſich ſchon durch dieſe Bahn gebrochen, als eine zweite Wache herbeikam und ihn, vereint mit der erſten, angriff. Wieder ſchwang er ſein Schwert, das dießmal den Schädel eines Aegypters ſpaltete. Ein zweiter Schlag verwundete einen Soldaten am Arm; als er aber zum dritten Hiebe ausholte, fühlte er plötzlich, wie ſich eine Schlinge um ſeinen Hals legte und ſich feſter und feſter zuſammenzog. Schnell verging ihm Beſinnung und Athem. Als er wieder zu ſich kam, war er gebunden und mußte, trotz ſeines Paſſes und ſeiner Berufung auf Theopompos, den Häſchern folgen.
Nachdem er ſeine Erzählung beendet hatte, gab der Mileſier dem Jünglinge ſeine volle Mißbilligung zu er- kennen und verſicherte demſelben, daß ſeine unzeitige
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thür geſchloſſen, als er von mehreren jungen Leuten an-
gegriffen wurde, die ihm aller Wahrſcheinlichkeit nach auf-
gelauert hatten. Mit Einem derſelben, welcher ſich Ste-
phanion’s Bräutigam nannte, war er ſchon am Morgen
in Streit gerathen. Die Dirne hatte den läſtigen Be-
werber von ihren Blumen fortgewieſen und Zopyros ge-
dankt, als derſelbe den Aufdringlichen mit Schlägen
bedrohte. Als ſich der Achämenide überfallen ſah, zog er
ſofort ſein Schwert und ſchlug die nur mit Stöcken be-
waffneten Angreifer leicht zurück, hatte aber das Unglück,
den Eiferſüchtigen, welcher ungeſtüm auf ihn eindrang,
ſo ſchwer zu verwunden, daß derſelbe niederſank. Jndeſſen
war die Schaarwache herbeigekommen und wollte Zopyros,
deſſen Opfer kläglich „Mörder und Räuber“ ſchrie, feſt-
nehmen; dieſer aber zeigte ſich keineswegs willens, ſeine
Freiheit ſo leichten Kaufes hinzugeben. Angeſtachelt von
der ihn umgebenden Gefahr, ſtürzte der kampfluſtige Perſer
mit erhobenem Schwert auf die Häſcher los und hatte
ſich ſchon durch dieſe Bahn gebrochen, als eine zweite
Wache herbeikam und ihn, vereint mit der erſten, angriff.
Wieder ſchwang er ſein Schwert, das dießmal den Schädel
eines Aegypters ſpaltete. Ein zweiter Schlag verwundete
einen Soldaten am Arm; als er aber zum dritten Hiebe
ausholte, fühlte er plötzlich, wie ſich eine Schlinge um
ſeinen Hals legte und ſich feſter und feſter zuſammenzog.
Schnell verging ihm Beſinnung und Athem. Als er wieder
zu ſich kam, war er gebunden und mußte, trotz ſeines
Paſſes und ſeiner Berufung auf Theopompos, den Häſchern
folgen.
Nachdem er ſeine Erzählung beendet hatte, gab der
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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/114>, abgerufen am 25.11.2024.
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