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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836.

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verwöhnt worden, so daß sie in späterer Zeit, aus zu
großem Selbstvertrauen, so viele Schlachten verloren.
Alle einzelnen Details waren ihm gegenwärtig und ich
hatte sein glückliches Gedächtniß zu bewundern.

"Ich habe den großen Vortheil, fuhr er fort, daß
ich zu einer Zeit geboren wurde, wo die größten Welt¬
begebenheiten an die Tagesordnung kamen und sich durch
mein langes Leben fortsetzten, so daß ich vom sieben¬
jährigen Krieg, sodann von der Trennung Amerika's
von England, ferner von der französischen Revolution,
und endlich von der ganzen Napoleonischen Zeit bis zum
Untergange des Helden und den folgenden Ereignissen
lebendiger Zeuge war. Hiedurch bin ich zu ganz ande¬
ren Resultaten und Einsichten gekommen, als allen de¬
nen möglich seyn wird, die jetzt geboren werden und
die sich jene großen Begebenheiten durch Bücher aneig¬
nen müssen, die sie nicht verstehen."

"Was uns die nächsten Jahre bringen werden, ist
durchaus nicht vorherzusagen; doch ich fürchte, wir
kommen so bald nicht zur Ruhe. Es ist der Welt
nicht gegeben, sich zu bescheiden; den Großen nicht,
daß kein Mißbrauch der Gewalt Statt finde, und der
Masse nicht, daß sie in Erwartung allmählicher Verbes¬
serungen mit einem mäßigen Zustande sich begnüge.
Könnte man die Menschheit vollkommen machen, so
wäre auch ein vollkommener Zustand denkbar; so aber
wird es ewig herüber und hinüber schwanken, der eine

verwoͤhnt worden, ſo daß ſie in ſpaͤterer Zeit, aus zu
großem Selbſtvertrauen, ſo viele Schlachten verloren.
Alle einzelnen Details waren ihm gegenwaͤrtig und ich
hatte ſein gluͤckliches Gedaͤchtniß zu bewundern.

„Ich habe den großen Vortheil, fuhr er fort, daß
ich zu einer Zeit geboren wurde, wo die groͤßten Welt¬
begebenheiten an die Tagesordnung kamen und ſich durch
mein langes Leben fortſetzten, ſo daß ich vom ſieben¬
jaͤhrigen Krieg, ſodann von der Trennung Amerika's
von England, ferner von der franzoͤſiſchen Revolution,
und endlich von der ganzen Napoleoniſchen Zeit bis zum
Untergange des Helden und den folgenden Ereigniſſen
lebendiger Zeuge war. Hiedurch bin ich zu ganz ande¬
ren Reſultaten und Einſichten gekommen, als allen de¬
nen moͤglich ſeyn wird, die jetzt geboren werden und
die ſich jene großen Begebenheiten durch Buͤcher aneig¬
nen muͤſſen, die ſie nicht verſtehen.“

„Was uns die naͤchſten Jahre bringen werden, iſt
durchaus nicht vorherzuſagen; doch ich fuͤrchte, wir
kommen ſo bald nicht zur Ruhe. Es iſt der Welt
nicht gegeben, ſich zu beſcheiden; den Großen nicht,
daß kein Mißbrauch der Gewalt Statt finde, und der
Maſſe nicht, daß ſie in Erwartung allmaͤhlicher Verbeſ¬
ſerungen mit einem maͤßigen Zuſtande ſich begnuͤge.
Koͤnnte man die Menſchheit vollkommen machen, ſo
waͤre auch ein vollkommener Zuſtand denkbar; ſo aber
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[118/0138] verwoͤhnt worden, ſo daß ſie in ſpaͤterer Zeit, aus zu großem Selbſtvertrauen, ſo viele Schlachten verloren. Alle einzelnen Details waren ihm gegenwaͤrtig und ich hatte ſein gluͤckliches Gedaͤchtniß zu bewundern. „Ich habe den großen Vortheil, fuhr er fort, daß ich zu einer Zeit geboren wurde, wo die groͤßten Welt¬ begebenheiten an die Tagesordnung kamen und ſich durch mein langes Leben fortſetzten, ſo daß ich vom ſieben¬ jaͤhrigen Krieg, ſodann von der Trennung Amerika's von England, ferner von der franzoͤſiſchen Revolution, und endlich von der ganzen Napoleoniſchen Zeit bis zum Untergange des Helden und den folgenden Ereigniſſen lebendiger Zeuge war. Hiedurch bin ich zu ganz ande¬ ren Reſultaten und Einſichten gekommen, als allen de¬ nen moͤglich ſeyn wird, die jetzt geboren werden und die ſich jene großen Begebenheiten durch Buͤcher aneig¬ nen muͤſſen, die ſie nicht verſtehen.“ „Was uns die naͤchſten Jahre bringen werden, iſt durchaus nicht vorherzuſagen; doch ich fuͤrchte, wir kommen ſo bald nicht zur Ruhe. Es iſt der Welt nicht gegeben, ſich zu beſcheiden; den Großen nicht, daß kein Mißbrauch der Gewalt Statt finde, und der Maſſe nicht, daß ſie in Erwartung allmaͤhlicher Verbeſ¬ ſerungen mit einem maͤßigen Zuſtande ſich begnuͤge. Koͤnnte man die Menſchheit vollkommen machen, ſo waͤre auch ein vollkommener Zuſtand denkbar; ſo aber wird es ewig heruͤber und hinuͤber ſchwanken, der eine

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/138>, abgerufen am 28.11.2024.