vom fürstlichen Park herübergekommen zu seyn schien; wobey Goethe mir sagte, daß er in Sommertagen die Pfauen durch ein beliebtes Futter herüberzulocken und herzugewöhnen pflege.
An der anderen Seite den sich schlängelnden Weg herabkommend, fand ich von Gebüsch umgeben einen Stein mit den eingehauenen Versen des bekannten Gedichtes:
"Hier im Stillen gedachte der Liebende seiner Geliebten"
und ich hatte das Gefühl, daß ich mich an einer classi¬ schen Stelle befinde.
Ganz nahe dabey kamen wir auf eine Baumgruppe halbwüchsiger Eichen, Tannen, Birken und Buchen. Unter den Tannen fand ich ein herabgeworfenes Gewölle eines Raubvogels; ich zeigte es Goethen, der mir er¬ wiederte, daß er dergleichen an dieser Stelle häufig ge¬ funden, woraus ich schloß, daß diese Tannen ein be¬ liebter Aufenthalt einiger Eulen seyn mögen, die in dieser Gegend häufig gefunden werden.
Wir traten um die Baumgruppe herum und befan¬ den uns wieder an dem Hauptwege in der Nähe des Hauses. Die so eben umschrittenen Eichen, Tannen, Birken und Buchen, wie sie untermischt stehen, bilden hier einen Halbkreis, den innern Raum grottenartig überwölbend, worin wir uns auf kleinen Stühlen setzten die einen runden Tisch umgaben. Die Sonne war so mächtig, daß der geringe Schatten dieser blätterlosen
vom fuͤrſtlichen Park heruͤbergekommen zu ſeyn ſchien; wobey Goethe mir ſagte, daß er in Sommertagen die Pfauen durch ein beliebtes Futter heruͤberzulocken und herzugewoͤhnen pflege.
An der anderen Seite den ſich ſchlaͤngelnden Weg herabkommend, fand ich von Gebuͤſch umgeben einen Stein mit den eingehauenen Verſen des bekannten Gedichtes:
„Hier im Stillen gedachte der Liebende ſeiner Geliebten“
und ich hatte das Gefuͤhl, daß ich mich an einer claſſi¬ ſchen Stelle befinde.
Ganz nahe dabey kamen wir auf eine Baumgruppe halbwuͤchſiger Eichen, Tannen, Birken und Buchen. Unter den Tannen fand ich ein herabgeworfenes Gewoͤlle eines Raubvogels; ich zeigte es Goethen, der mir er¬ wiederte, daß er dergleichen an dieſer Stelle haͤufig ge¬ funden, woraus ich ſchloß, daß dieſe Tannen ein be¬ liebter Aufenthalt einiger Eulen ſeyn moͤgen, die in dieſer Gegend haͤufig gefunden werden.
Wir traten um die Baumgruppe herum und befan¬ den uns wieder an dem Hauptwege in der Naͤhe des Hauſes. Die ſo eben umſchrittenen Eichen, Tannen, Birken und Buchen, wie ſie untermiſcht ſtehen, bilden hier einen Halbkreis, den innern Raum grottenartig uͤberwoͤlbend, worin wir uns auf kleinen Stuͤhlen ſetzten die einen runden Tiſch umgaben. Die Sonne war ſo maͤchtig, daß der geringe Schatten dieſer blaͤtterloſen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0158"n="138"/>
vom fuͤrſtlichen Park heruͤbergekommen zu ſeyn ſchien;<lb/>
wobey Goethe mir ſagte, daß er in Sommertagen die<lb/>
Pfauen durch ein beliebtes Futter heruͤberzulocken und<lb/>
herzugewoͤhnen pflege.</p><lb/><p>An der anderen Seite den ſich ſchlaͤngelnden Weg<lb/>
herabkommend, fand ich von Gebuͤſch umgeben einen<lb/>
Stein mit den eingehauenen Verſen des bekannten<lb/>
Gedichtes:<lb/><lgtype="poem"><l>„Hier im Stillen gedachte der Liebende ſeiner Geliebten“</l></lg><lb/>
und ich hatte das Gefuͤhl, daß ich mich an einer claſſi¬<lb/>ſchen Stelle befinde.</p><lb/><p>Ganz nahe dabey kamen wir auf eine Baumgruppe<lb/>
halbwuͤchſiger Eichen, Tannen, Birken und Buchen.<lb/>
Unter den Tannen fand ich ein herabgeworfenes Gewoͤlle<lb/>
eines Raubvogels; ich zeigte es Goethen, der mir er¬<lb/>
wiederte, daß er dergleichen an dieſer Stelle haͤufig ge¬<lb/>
funden, woraus ich ſchloß, daß dieſe Tannen ein be¬<lb/>
liebter Aufenthalt einiger Eulen ſeyn moͤgen, die in<lb/>
dieſer Gegend haͤufig gefunden werden.</p><lb/><p>Wir traten um die Baumgruppe herum und befan¬<lb/>
den uns wieder an dem Hauptwege in der Naͤhe des<lb/>
Hauſes. Die ſo eben umſchrittenen Eichen, Tannen,<lb/>
Birken und Buchen, wie ſie untermiſcht ſtehen, bilden<lb/>
hier einen Halbkreis, den innern Raum grottenartig<lb/>
uͤberwoͤlbend, worin wir uns auf kleinen Stuͤhlen ſetzten<lb/>
die einen runden Tiſch umgaben. Die Sonne war ſo<lb/>
maͤchtig, daß der geringe Schatten dieſer blaͤtterloſen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[138/0158]
vom fuͤrſtlichen Park heruͤbergekommen zu ſeyn ſchien;
wobey Goethe mir ſagte, daß er in Sommertagen die
Pfauen durch ein beliebtes Futter heruͤberzulocken und
herzugewoͤhnen pflege.
An der anderen Seite den ſich ſchlaͤngelnden Weg
herabkommend, fand ich von Gebuͤſch umgeben einen
Stein mit den eingehauenen Verſen des bekannten
Gedichtes:
„Hier im Stillen gedachte der Liebende ſeiner Geliebten“
und ich hatte das Gefuͤhl, daß ich mich an einer claſſi¬
ſchen Stelle befinde.
Ganz nahe dabey kamen wir auf eine Baumgruppe
halbwuͤchſiger Eichen, Tannen, Birken und Buchen.
Unter den Tannen fand ich ein herabgeworfenes Gewoͤlle
eines Raubvogels; ich zeigte es Goethen, der mir er¬
wiederte, daß er dergleichen an dieſer Stelle haͤufig ge¬
funden, woraus ich ſchloß, daß dieſe Tannen ein be¬
liebter Aufenthalt einiger Eulen ſeyn moͤgen, die in
dieſer Gegend haͤufig gefunden werden.
Wir traten um die Baumgruppe herum und befan¬
den uns wieder an dem Hauptwege in der Naͤhe des
Hauſes. Die ſo eben umſchrittenen Eichen, Tannen,
Birken und Buchen, wie ſie untermiſcht ſtehen, bilden
hier einen Halbkreis, den innern Raum grottenartig
uͤberwoͤlbend, worin wir uns auf kleinen Stuͤhlen ſetzten
die einen runden Tiſch umgaben. Die Sonne war ſo
maͤchtig, daß der geringe Schatten dieſer blaͤtterloſen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/158>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.