Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

ihr viel Freundliches erwiesen. Goethe erinnerte sich
dieser Fürstin, die als sehr junge Prinzeß eine Zeitlang
bey seiner Mutter gewohnt, mit besonderer Neigung.

Abends hatte ich bey Goethe einen musikalischen
Kunstgenuß bedeutender Art, indem ich den Messias von
Händel theilweise vortragen hörte, wozu einige treffliche
Sänger sich unter Eberweins Leitung vereinigt hatten.
Auch Gräfin Caroline von Egloffstein, Fräulein von
Froriep, so wie Frau v. Pogwisch und Frau v. Goethe
hatten sich den Sängerinnen angeschlossen und wirkten
dadurch zur Erfüllung eines lange gehegten Wunsches
von Goethe auf das Freundlichste mit.

Goethe, in einiger Ferne sitzend, im Zuhören ver¬
tieft, verlebte einen glücklichen Abend, voll Bewunderung
des großartigen Werkes.


Der größte Philologe unserer Zeit, Friedrich Au¬
gust Wolf
aus Berlin, ist hier, auf seiner Durchreise
nach dem südlichen Frankreich begriffen. Goethe gab ihm
zu Ehren heute ein Diner, wobey von Weimarischen Freun¬
den: General-Superintendent Röhr, Canzler v. Müller,
Oberbaudirector Coudray, Professor Riemer und Hofrath
Rehbein außer mir anwesend waren. Über Tisch ging es
äußerst heiter zu; Wolf gab manchen geistreichen Ein¬

ihr viel Freundliches erwieſen. Goethe erinnerte ſich
dieſer Fuͤrſtin, die als ſehr junge Prinzeß eine Zeitlang
bey ſeiner Mutter gewohnt, mit beſonderer Neigung.

Abends hatte ich bey Goethe einen muſikaliſchen
Kunſtgenuß bedeutender Art, indem ich den Meſſias von
Haͤndel theilweiſe vortragen hoͤrte, wozu einige treffliche
Saͤnger ſich unter Eberweins Leitung vereinigt hatten.
Auch Graͤfin Caroline von Egloffſtein, Fraͤulein von
Froriep, ſo wie Frau v. Pogwiſch und Frau v. Goethe
hatten ſich den Saͤngerinnen angeſchloſſen und wirkten
dadurch zur Erfuͤllung eines lange gehegten Wunſches
von Goethe auf das Freundlichſte mit.

Goethe, in einiger Ferne ſitzend, im Zuhoͤren ver¬
tieft, verlebte einen gluͤcklichen Abend, voll Bewunderung
des großartigen Werkes.


Der groͤßte Philologe unſerer Zeit, Friedrich Au¬
guſt Wolf
aus Berlin, iſt hier, auf ſeiner Durchreiſe
nach dem ſuͤdlichen Frankreich begriffen. Goethe gab ihm
zu Ehren heute ein Diner, wobey von Weimariſchen Freun¬
den: General-Superintendent Roͤhr, Canzler v. Muͤller,
Oberbaudirector Coudray, Profeſſor Riemer und Hofrath
Rehbein außer mir anweſend waren. Über Tiſch ging es
aͤußerſt heiter zu; Wolf gab manchen geiſtreichen Ein¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0168" n="148"/>
ihr viel Freundliches erwie&#x017F;en. Goethe erinnerte &#x017F;ich<lb/>
die&#x017F;er Fu&#x0364;r&#x017F;tin, die als &#x017F;ehr junge Prinzeß eine Zeitlang<lb/>
bey &#x017F;einer Mutter gewohnt, mit be&#x017F;onderer Neigung.</p><lb/>
          <p>Abends hatte ich bey Goethe einen mu&#x017F;ikali&#x017F;chen<lb/>
Kun&#x017F;tgenuß bedeutender Art, indem ich den Me&#x017F;&#x017F;ias von<lb/>
Ha&#x0364;ndel theilwei&#x017F;e vortragen ho&#x0364;rte, wozu einige treffliche<lb/>
Sa&#x0364;nger &#x017F;ich unter Eberweins Leitung vereinigt hatten.<lb/>
Auch Gra&#x0364;fin Caroline von Egloff&#x017F;tein, Fra&#x0364;ulein von<lb/>
Froriep, &#x017F;o wie Frau v. Pogwi&#x017F;ch und Frau v. Goethe<lb/>
hatten &#x017F;ich den Sa&#x0364;ngerinnen ange&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en und wirkten<lb/>
dadurch zur Erfu&#x0364;llung eines lange gehegten Wun&#x017F;ches<lb/>
von Goethe auf das Freundlich&#x017F;te mit.</p><lb/>
          <p>Goethe, in einiger Ferne &#x017F;itzend, im Zuho&#x0364;ren ver¬<lb/>
tieft, verlebte einen glu&#x0364;cklichen Abend, voll Bewunderung<lb/>
des großartigen Werkes.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
        <div n="2">
          <dateline rendition="#right">Montag den 19. April 1824.<lb/></dateline>
          <p>Der gro&#x0364;ßte Philologe un&#x017F;erer Zeit, <hi rendition="#g">Friedrich Au¬<lb/>
gu&#x017F;t Wolf</hi> aus Berlin, i&#x017F;t hier, auf &#x017F;einer Durchrei&#x017F;e<lb/>
nach dem &#x017F;u&#x0364;dlichen Frankreich begriffen. Goethe gab ihm<lb/>
zu Ehren heute ein Diner, wobey von Weimari&#x017F;chen Freun¬<lb/>
den: General-Superintendent Ro&#x0364;hr, Canzler v. Mu&#x0364;ller,<lb/>
Oberbaudirector Coudray, Profe&#x017F;&#x017F;or Riemer und Hofrath<lb/>
Rehbein außer mir anwe&#x017F;end waren. Über Ti&#x017F;ch ging es<lb/>
a&#x0364;ußer&#x017F;t heiter zu; Wolf gab manchen gei&#x017F;treichen Ein¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[148/0168] ihr viel Freundliches erwieſen. Goethe erinnerte ſich dieſer Fuͤrſtin, die als ſehr junge Prinzeß eine Zeitlang bey ſeiner Mutter gewohnt, mit beſonderer Neigung. Abends hatte ich bey Goethe einen muſikaliſchen Kunſtgenuß bedeutender Art, indem ich den Meſſias von Haͤndel theilweiſe vortragen hoͤrte, wozu einige treffliche Saͤnger ſich unter Eberweins Leitung vereinigt hatten. Auch Graͤfin Caroline von Egloffſtein, Fraͤulein von Froriep, ſo wie Frau v. Pogwiſch und Frau v. Goethe hatten ſich den Saͤngerinnen angeſchloſſen und wirkten dadurch zur Erfuͤllung eines lange gehegten Wunſches von Goethe auf das Freundlichſte mit. Goethe, in einiger Ferne ſitzend, im Zuhoͤren ver¬ tieft, verlebte einen gluͤcklichen Abend, voll Bewunderung des großartigen Werkes. Montag den 19. April 1824. Der groͤßte Philologe unſerer Zeit, Friedrich Au¬ guſt Wolf aus Berlin, iſt hier, auf ſeiner Durchreiſe nach dem ſuͤdlichen Frankreich begriffen. Goethe gab ihm zu Ehren heute ein Diner, wobey von Weimariſchen Freun¬ den: General-Superintendent Roͤhr, Canzler v. Muͤller, Oberbaudirector Coudray, Profeſſor Riemer und Hofrath Rehbein außer mir anweſend waren. Über Tiſch ging es aͤußerſt heiter zu; Wolf gab manchen geiſtreichen Ein¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/168
Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/168>, abgerufen am 26.11.2024.