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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836.

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und mir ist der Irrthum der Newtonischen Lehre zu
Theil geworden. Die gegenwärtige Generation hat zwar
keine Ahnung, was hierin von mir geleistet worden;
doch künftige Zeiten werden gestehen, daß mir keineswegs
eine schlechte Erbschaft zugefallen."

Goethe hatte mir heute früh ein Convolut Papiere
in Bezug auf das Theater zugesendet; besonders fand
ich darin zerstreute einzelne Bemerkungen, die Regeln
und Studien enthaltend, die er mit Wolff und Grü¬
ner
durchgemacht, um sie zu tüchtigen Schauspielern
zu bilden. Ich fand diese Einzelnheiten von Bedeutung
und für junge Schauspieler in hohem Grade lehrreich,
weßhalb ich mir vornahm, sie zusammen zu stellen und
daraus eine Art von Theater-Catechismus zu bilden.
Goethe billigte dieses Vorhaben und wir sprachen die
Angelegenheit weiter durch. Dieß gab Veranlassung,
einiger bedeutender Schauspieler zu gedenken, die aus
seiner Schule hervorgegangen, und ich fragte bey dieser
Gelegenheit unter andern auch nach der Frau von Hei¬
gendorf. "Ich mag auf sie gewirkt haben, sagte Goethe,
allein meine eigentliche Schülerin ist sie nicht. Sie war
auf den Brettern wie geboren und gleich in allem
sicher und entschieden gewandt und fertig wie die Ente
auf dem Wasser. Sie bedurfte meiner Lehre nicht, sie
that instinktmäßig das Rechte, vielleicht ohne es selber
zu wissen."

Wir sprachen darauf über die manchen Jahre seiner

und mir iſt der Irrthum der Newtoniſchen Lehre zu
Theil geworden. Die gegenwaͤrtige Generation hat zwar
keine Ahnung, was hierin von mir geleiſtet worden;
doch kuͤnftige Zeiten werden geſtehen, daß mir keineswegs
eine ſchlechte Erbſchaft zugefallen.“

Goethe hatte mir heute fruͤh ein Convolut Papiere
in Bezug auf das Theater zugeſendet; beſonders fand
ich darin zerſtreute einzelne Bemerkungen, die Regeln
und Studien enthaltend, die er mit Wolff und Gruͤ¬
ner
durchgemacht, um ſie zu tuͤchtigen Schauſpielern
zu bilden. Ich fand dieſe Einzelnheiten von Bedeutung
und fuͤr junge Schauſpieler in hohem Grade lehrreich,
weßhalb ich mir vornahm, ſie zuſammen zu ſtellen und
daraus eine Art von Theater-Catechismus zu bilden.
Goethe billigte dieſes Vorhaben und wir ſprachen die
Angelegenheit weiter durch. Dieß gab Veranlaſſung,
einiger bedeutender Schauſpieler zu gedenken, die aus
ſeiner Schule hervorgegangen, und ich fragte bey dieſer
Gelegenheit unter andern auch nach der Frau von Hei¬
gendorf. „Ich mag auf ſie gewirkt haben, ſagte Goethe,
allein meine eigentliche Schuͤlerin iſt ſie nicht. Sie war
auf den Brettern wie geboren und gleich in allem
ſicher und entſchieden gewandt und fertig wie die Ente
auf dem Waſſer. Sie bedurfte meiner Lehre nicht, ſie
that inſtinktmaͤßig das Rechte, vielleicht ohne es ſelber
zu wiſſen.“

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[155/0175] und mir iſt der Irrthum der Newtoniſchen Lehre zu Theil geworden. Die gegenwaͤrtige Generation hat zwar keine Ahnung, was hierin von mir geleiſtet worden; doch kuͤnftige Zeiten werden geſtehen, daß mir keineswegs eine ſchlechte Erbſchaft zugefallen.“ Goethe hatte mir heute fruͤh ein Convolut Papiere in Bezug auf das Theater zugeſendet; beſonders fand ich darin zerſtreute einzelne Bemerkungen, die Regeln und Studien enthaltend, die er mit Wolff und Gruͤ¬ ner durchgemacht, um ſie zu tuͤchtigen Schauſpielern zu bilden. Ich fand dieſe Einzelnheiten von Bedeutung und fuͤr junge Schauſpieler in hohem Grade lehrreich, weßhalb ich mir vornahm, ſie zuſammen zu ſtellen und daraus eine Art von Theater-Catechismus zu bilden. Goethe billigte dieſes Vorhaben und wir ſprachen die Angelegenheit weiter durch. Dieß gab Veranlaſſung, einiger bedeutender Schauſpieler zu gedenken, die aus ſeiner Schule hervorgegangen, und ich fragte bey dieſer Gelegenheit unter andern auch nach der Frau von Hei¬ gendorf. „Ich mag auf ſie gewirkt haben, ſagte Goethe, allein meine eigentliche Schuͤlerin iſt ſie nicht. Sie war auf den Brettern wie geboren und gleich in allem ſicher und entſchieden gewandt und fertig wie die Ente auf dem Waſſer. Sie bedurfte meiner Lehre nicht, ſie that inſtinktmaͤßig das Rechte, vielleicht ohne es ſelber zu wiſſen.“ Wir ſprachen darauf uͤber die manchen Jahre ſeiner

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/175>, abgerufen am 25.11.2024.