merfort Trauerspiele, allein was soll ich damit? Ich habe die deutschen Stücke immer nur in der Absicht gelesen, ob ich sie könnte spielen lassen, übrigens waren sie mir gleichgültig. Und was soll ich nun in meiner jetzigen Lage mit den Stücken dieser jungen Leute? Für mich selbst gewinne ich nichts, indem ich lese, wie man es nicht hätte machen sollen, und den jungen Dichtern kann ich nicht nützen bey einer Sache, die schon gethan ist. Schickten sie mir statt ihrer gedruckten Stücke den Plan zu einem Stück, so könnte ich wenigstens sagen, mache es, oder mache es nicht, oder mache es so, oder mache es anders, und dabey wäre doch einiger Sinn und Nutzen."
"Das ganze Unheil entsteht daher, daß die poetische Cultur in Deutschland sich so sehr verbreitet hat, daß niemand mehr einen schlechten Vers macht. Die jungen Dichter, die mir ihre Werke senden, sind nicht geringer als ihre Vorgänger, und da sie nun jene so hoch ge¬ priesen sehen, so begreifen sie nicht, warum man sie nicht auch preiset. Und doch darf man zu ihrer Auf¬ munterung nichts thun, eben weil es solcher Talente jetzt zu Hunderten giebt, und man das [Ü]berflüssige nicht befördern soll, während noch so viel Nützliches zu thun ist. Wäre ein Einzelner, der über alle hervorragte, so wäre es gut, denn der Welt kann nur mit dem Außer¬ ordentlichen gedient seyn."
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merfort Trauerſpiele, allein was ſoll ich damit? Ich habe die deutſchen Stuͤcke immer nur in der Abſicht geleſen, ob ich ſie koͤnnte ſpielen laſſen, uͤbrigens waren ſie mir gleichguͤltig. Und was ſoll ich nun in meiner jetzigen Lage mit den Stuͤcken dieſer jungen Leute? Fuͤr mich ſelbſt gewinne ich nichts, indem ich leſe, wie man es nicht haͤtte machen ſollen, und den jungen Dichtern kann ich nicht nuͤtzen bey einer Sache, die ſchon gethan iſt. Schickten ſie mir ſtatt ihrer gedruckten Stuͤcke den Plan zu einem Stuͤck, ſo koͤnnte ich wenigſtens ſagen, mache es, oder mache es nicht, oder mache es ſo, oder mache es anders, und dabey waͤre doch einiger Sinn und Nutzen.“
„Das ganze Unheil entſteht daher, daß die poetiſche Cultur in Deutſchland ſich ſo ſehr verbreitet hat, daß niemand mehr einen ſchlechten Vers macht. Die jungen Dichter, die mir ihre Werke ſenden, ſind nicht geringer als ihre Vorgaͤnger, und da ſie nun jene ſo hoch ge¬ prieſen ſehen, ſo begreifen ſie nicht, warum man ſie nicht auch preiſet. Und doch darf man zu ihrer Auf¬ munterung nichts thun, eben weil es ſolcher Talente jetzt zu Hunderten giebt, und man das [Ü]berfluͤſſige nicht befoͤrdern ſoll, waͤhrend noch ſo viel Nuͤtzliches zu thun iſt. Waͤre ein Einzelner, der uͤber alle hervorragte, ſo waͤre es gut, denn der Welt kann nur mit dem Außer¬ ordentlichen gedient ſeyn.“
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merfort Trauerſpiele, allein was ſoll ich damit? Ich habe
die deutſchen Stuͤcke immer nur in der Abſicht geleſen,
ob ich ſie koͤnnte ſpielen laſſen, uͤbrigens waren ſie mir
gleichguͤltig. Und was ſoll ich nun in meiner jetzigen
Lage mit den Stuͤcken dieſer jungen Leute? Fuͤr mich
ſelbſt gewinne ich nichts, indem ich leſe, wie man es
nicht haͤtte machen ſollen, und den jungen Dichtern
kann ich nicht nuͤtzen bey einer Sache, die ſchon gethan
iſt. Schickten ſie mir ſtatt ihrer gedruckten Stuͤcke den
Plan zu einem Stuͤck, ſo koͤnnte ich wenigſtens ſagen,
mache es, oder mache es nicht, oder mache es ſo, oder
mache es anders, und dabey waͤre doch einiger Sinn
und Nutzen.“
„Das ganze Unheil entſteht daher, daß die poetiſche
Cultur in Deutſchland ſich ſo ſehr verbreitet hat, daß
niemand mehr einen ſchlechten Vers macht. Die jungen
Dichter, die mir ihre Werke ſenden, ſind nicht geringer
als ihre Vorgaͤnger, und da ſie nun jene ſo hoch ge¬
prieſen ſehen, ſo begreifen ſie nicht, warum man ſie
nicht auch preiſet. Und doch darf man zu ihrer Auf¬
munterung nichts thun, eben weil es ſolcher Talente
jetzt zu Hunderten giebt, und man das Überfluͤſſige nicht
befoͤrdern ſoll, waͤhrend noch ſo viel Nuͤtzliches zu thun
iſt. Waͤre ein Einzelner, der uͤber alle hervorragte, ſo
waͤre es gut, denn der Welt kann nur mit dem Außer¬
ordentlichen gedient ſeyn.“
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/263>, abgerufen am 24.11.2024.
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