machte mit diesem in der Compagnie des Capitain Knop den Feldzug des Winters 1813 und 1814 durch Mecklenburg, Holstein und vor Hamburg gegen den Marschall Davoust. Darauf marschirten wir über den Rhein gegen den General Maison und zogen im Som¬ mer viel hin und her in dem fruchtbaren Flandern und Brabant.
Hier, vor den großen Gemälden der Niederländer, ging mir eine neue Welt auf; ich verbrachte ganze Tage in Kirchen und Museen. Es waren im Grunde die ersten Gemälde die mir in meinem Leben vor Augen gekommen waren, ich sah nun was es heißen wolle ein Maler zu seyn; ich sah die gekrönten, glück¬ lichen Fortschritte der Schüler, und ich hätte weinen mögen, daß es mir versagt worden eine ähnliche Bahn zu gehen. Doch entschloß ich mich auf der Stelle; ich machte in Tournay die Bekanntschaft eines jungen Künstlers, ich verschaffte mir schwarze Kreide und einen Bogen Zeichenpapier vom größten Format und setzte mich sogleich vor ein Bild um es zu copiren. Große Begierde zur Sache ersetzte hiebey was mir an Übung und Anleitung fehlte, und so brachte ich die Contoure der Figuren glücklich zu Stande; ich fing auch an, von der linken Seite herein das Ganze auszuschattiren, als eine Marschordre eine so glückliche Beschäftigung unter¬ brach. Ich eilte, die Abstufung von Schatten und Licht in dem nicht ausgeführten Theile mit einzelnen
machte mit dieſem in der Compagnie des Capitain Knop den Feldzug des Winters 1813 und 1814 durch Mecklenburg, Holſtein und vor Hamburg gegen den Marſchall Davouſt. Darauf marſchirten wir uͤber den Rhein gegen den General Maiſon und zogen im Som¬ mer viel hin und her in dem fruchtbaren Flandern und Brabant.
Hier, vor den großen Gemaͤlden der Niederlaͤnder, ging mir eine neue Welt auf; ich verbrachte ganze Tage in Kirchen und Muſeen. Es waren im Grunde die erſten Gemaͤlde die mir in meinem Leben vor Augen gekommen waren, ich ſah nun was es heißen wolle ein Maler zu ſeyn; ich ſah die gekroͤnten, gluͤck¬ lichen Fortſchritte der Schuͤler, und ich haͤtte weinen moͤgen, daß es mir verſagt worden eine aͤhnliche Bahn zu gehen. Doch entſchloß ich mich auf der Stelle; ich machte in Tournay die Bekanntſchaft eines jungen Kuͤnſtlers, ich verſchaffte mir ſchwarze Kreide und einen Bogen Zeichenpapier vom groͤßten Format und ſetzte mich ſogleich vor ein Bild um es zu copiren. Große Begierde zur Sache erſetzte hiebey was mir an Übung und Anleitung fehlte, und ſo brachte ich die Contoure der Figuren gluͤcklich zu Stande; ich fing auch an, von der linken Seite herein das Ganze auszuſchattiren, als eine Marſchordre eine ſo gluͤckliche Beſchaͤftigung unter¬ brach. Ich eilte, die Abſtufung von Schatten und Licht in dem nicht ausgefuͤhrten Theile mit einzelnen
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[11/0031]
machte mit dieſem in der Compagnie des Capitain
Knop den Feldzug des Winters 1813 und 1814 durch
Mecklenburg, Holſtein und vor Hamburg gegen den
Marſchall Davouſt. Darauf marſchirten wir uͤber den
Rhein gegen den General Maiſon und zogen im Som¬
mer viel hin und her in dem fruchtbaren Flandern und
Brabant.
Hier, vor den großen Gemaͤlden der Niederlaͤnder,
ging mir eine neue Welt auf; ich verbrachte ganze
Tage in Kirchen und Muſeen. Es waren im Grunde
die erſten Gemaͤlde die mir in meinem Leben vor
Augen gekommen waren, ich ſah nun was es heißen
wolle ein Maler zu ſeyn; ich ſah die gekroͤnten, gluͤck¬
lichen Fortſchritte der Schuͤler, und ich haͤtte weinen
moͤgen, daß es mir verſagt worden eine aͤhnliche Bahn
zu gehen. Doch entſchloß ich mich auf der Stelle; ich
machte in Tournay die Bekanntſchaft eines jungen
Kuͤnſtlers, ich verſchaffte mir ſchwarze Kreide und einen
Bogen Zeichenpapier vom groͤßten Format und ſetzte
mich ſogleich vor ein Bild um es zu copiren. Große
Begierde zur Sache erſetzte hiebey was mir an Übung
und Anleitung fehlte, und ſo brachte ich die Contoure
der Figuren gluͤcklich zu Stande; ich fing auch an, von
der linken Seite herein das Ganze auszuſchattiren, als
eine Marſchordre eine ſo gluͤckliche Beſchaͤftigung unter¬
brach. Ich eilte, die Abſtufung von Schatten und
Licht in dem nicht ausgefuͤhrten Theile mit einzelnen
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/31>, abgerufen am 21.11.2024.
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