Dieß waren seine ersten Worte, dann ging er näher ein und fuhr fort: "In der Poesie und Critik steht es mit Ihnen aufs Beste, Sie haben darin ein natürliches Fundament; das ist Ihr Metier woran Sie sich zu halten haben, und welches Ihnen auch sehr bald eine tüchtige Existenz zu Wege bringen wird. Nun ist aber noch Manches, was nicht eigentlich zum Fache gehört, und was Sie doch auch wissen müssen. Es kommt aber darauf an, daß Sie hiebey nicht lange Zeit ver¬ lieren, sondern schnell darüber hinwegkommen. Das sollen Sie nun diesen Winter bey uns in Weimar, und Sie sollen sich wundern wie weit Sie Ostern seyn wer¬ den. Sie sollen von Allem das Beste haben, weil die besten Hülfsmittel in meinen Händen sind. Dann ste¬ hen Sie fürs Leben fest und kommen zum Behagen und können überall mit Zuversicht auftreten."
Ich freute mich dieser Vorschläge und sagte, daß ich mich ganz seinen Ansichten und Wünschen überlassen wolle.
"Für eine Wohnung in meiner Nähe, fuhr Goethe fort, werde ich sorgen; Sie sollen den ganzen Winter keinen unbedeutenden Moment haben. Es ist in Wei¬ mar noch viel Gutes beysammen und Sie werden nach und nach in den höhren Kreisen eine Gesellschaft finden, die den besten aller großen Städte gleich kommt. Auch sind mit mir persönlich ganz vorzügliche Männer ver¬ bunden, deren Bekanntschaft Sie nach und nach machen
I. 4
Dieß waren ſeine erſten Worte, dann ging er naͤher ein und fuhr fort: „In der Poeſie und Critik ſteht es mit Ihnen aufs Beſte, Sie haben darin ein natuͤrliches Fundament; das iſt Ihr Metier woran Sie ſich zu halten haben, und welches Ihnen auch ſehr bald eine tuͤchtige Exiſtenz zu Wege bringen wird. Nun iſt aber noch Manches, was nicht eigentlich zum Fache gehoͤrt, und was Sie doch auch wiſſen muͤſſen. Es kommt aber darauf an, daß Sie hiebey nicht lange Zeit ver¬ lieren, ſondern ſchnell daruͤber hinwegkommen. Das ſollen Sie nun dieſen Winter bey uns in Weimar, und Sie ſollen ſich wundern wie weit Sie Oſtern ſeyn wer¬ den. Sie ſollen von Allem das Beſte haben, weil die beſten Huͤlfsmittel in meinen Haͤnden ſind. Dann ſte¬ hen Sie fuͤrs Leben feſt und kommen zum Behagen und koͤnnen uͤberall mit Zuverſicht auftreten.“
Ich freute mich dieſer Vorſchlaͤge und ſagte, daß ich mich ganz ſeinen Anſichten und Wuͤnſchen uͤberlaſſen wolle.
„Fuͤr eine Wohnung in meiner Naͤhe, fuhr Goethe fort, werde ich ſorgen; Sie ſollen den ganzen Winter keinen unbedeutenden Moment haben. Es iſt in Wei¬ mar noch viel Gutes beyſammen und Sie werden nach und nach in den hoͤhren Kreiſen eine Geſellſchaft finden, die den beſten aller großen Staͤdte gleich kommt. Auch ſind mit mir perſoͤnlich ganz vorzuͤgliche Maͤnner ver¬ bunden, deren Bekanntſchaft Sie nach und nach machen
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Dieß waren ſeine erſten Worte, dann ging er naͤher ein
und fuhr fort: „In der Poeſie und Critik ſteht es mit
Ihnen aufs Beſte, Sie haben darin ein natuͤrliches
Fundament; das iſt Ihr Metier woran Sie ſich zu
halten haben, und welches Ihnen auch ſehr bald eine
tuͤchtige Exiſtenz zu Wege bringen wird. Nun iſt aber
noch Manches, was nicht eigentlich zum Fache gehoͤrt,
und was Sie doch auch wiſſen muͤſſen. Es kommt
aber darauf an, daß Sie hiebey nicht lange Zeit ver¬
lieren, ſondern ſchnell daruͤber hinwegkommen. Das
ſollen Sie nun dieſen Winter bey uns in Weimar, und
Sie ſollen ſich wundern wie weit Sie Oſtern ſeyn wer¬
den. Sie ſollen von Allem das Beſte haben, weil die
beſten Huͤlfsmittel in meinen Haͤnden ſind. Dann ſte¬
hen Sie fuͤrs Leben feſt und kommen zum Behagen und
koͤnnen uͤberall mit Zuverſicht auftreten.“
Ich freute mich dieſer Vorſchlaͤge und ſagte, daß ich
mich ganz ſeinen Anſichten und Wuͤnſchen uͤberlaſſen
wolle.
„Fuͤr eine Wohnung in meiner Naͤhe, fuhr Goethe
fort, werde ich ſorgen; Sie ſollen den ganzen Winter
keinen unbedeutenden Moment haben. Es iſt in Wei¬
mar noch viel Gutes beyſammen und Sie werden nach
und nach in den hoͤhren Kreiſen eine Geſellſchaft finden,
die den beſten aller großen Staͤdte gleich kommt. Auch
ſind mit mir perſoͤnlich ganz vorzuͤgliche Maͤnner ver¬
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/69>, abgerufen am 21.11.2024.
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