lage sey, und ich habe den lustigen Einfall gehabt, ihm eins zu machen. Ich schrieb an ihn und er war es zu¬ frieden; aber ein Pferd wollte er haben. Gut! sagte ich, ein Pferd sollst du haben, aber eins mit Flü¬ geln. -- Sehen Sie sich einmal um, hinter Ihnen liegt ein Papier, ich habe darauf mit einer Bleifeder den Entwurf gemacht."
Ich nahm das Blatt und betrachtete die Zeichnung. Das Wappen sah sehr stattlich aus und die Erfindung mußte ich loben. Das untere Feld zeigte die Thurm¬ zinne einer Stadtmauer, um anzudeuten, daß Zelter in früherer Zeit ein tüchtiger Maurer gewesen. Ein ge¬ flügeltes Pferd hebt sich dahinter hervor, nach höheren Regionen strebend, wodurch sein Genius und Aufschwung zum Höheren ausgesprochen war. Dem Wappenschilde oben fügte sich eine Lyra auf, über welcher ein Stern leuchtete, als ein Symbol der Kunst, wodurch der treff¬ liche Freund, unter dem Einfluß und Schutz günstiger Gestirne, sich Ruhm erworben. Unten, dem Wappen an, hing der Orden, womit sein König ihn beglückt und geehrt, als Zeichen gerechter Anerkennung großer Verdienste.
"Ich habe es von Facius stechen lassen, sagte Goethe, und Sie sollen einen Abdruck sehen. Ist es aber nicht artig, daß ein Freund dem andern ein Wap¬ pen macht, und ihm dadurch gleichsam den Adel giebt?" Wir freuten uns über den heiteren Gedanken, und
lage ſey, und ich habe den luſtigen Einfall gehabt, ihm eins zu machen. Ich ſchrieb an ihn und er war es zu¬ frieden; aber ein Pferd wollte er haben. Gut! ſagte ich, ein Pferd ſollſt du haben, aber eins mit Fluͤ¬ geln. — Sehen Sie ſich einmal um, hinter Ihnen liegt ein Papier, ich habe darauf mit einer Bleifeder den Entwurf gemacht.“
Ich nahm das Blatt und betrachtete die Zeichnung. Das Wappen ſah ſehr ſtattlich aus und die Erfindung mußte ich loben. Das untere Feld zeigte die Thurm¬ zinne einer Stadtmauer, um anzudeuten, daß Zelter in fruͤherer Zeit ein tuͤchtiger Maurer geweſen. Ein ge¬ fluͤgeltes Pferd hebt ſich dahinter hervor, nach hoͤheren Regionen ſtrebend, wodurch ſein Genius und Aufſchwung zum Hoͤheren ausgeſprochen war. Dem Wappenſchilde oben fuͤgte ſich eine Lyra auf, uͤber welcher ein Stern leuchtete, als ein Symbol der Kunſt, wodurch der treff¬ liche Freund, unter dem Einfluß und Schutz guͤnſtiger Geſtirne, ſich Ruhm erworben. Unten, dem Wappen an, hing der Orden, womit ſein Koͤnig ihn begluͤckt und geehrt, als Zeichen gerechter Anerkennung großer Verdienſte.
„Ich habe es von Facius ſtechen laſſen, ſagte Goethe, und Sie ſollen einen Abdruck ſehen. Iſt es aber nicht artig, daß ein Freund dem andern ein Wap¬ pen macht, und ihm dadurch gleichſam den Adel giebt?“ Wir freuten uns uͤber den heiteren Gedanken, und
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lage ſey, und ich habe den luſtigen Einfall gehabt, ihm
eins zu machen. Ich ſchrieb an ihn und er war es zu¬
frieden; aber ein Pferd wollte er haben. Gut! ſagte
ich, ein Pferd ſollſt du haben, aber eins mit Fluͤ¬
geln. — Sehen Sie ſich einmal um, hinter Ihnen
liegt ein Papier, ich habe darauf mit einer Bleifeder
den Entwurf gemacht.“
Ich nahm das Blatt und betrachtete die Zeichnung.
Das Wappen ſah ſehr ſtattlich aus und die Erfindung
mußte ich loben. Das untere Feld zeigte die Thurm¬
zinne einer Stadtmauer, um anzudeuten, daß Zelter in
fruͤherer Zeit ein tuͤchtiger Maurer geweſen. Ein ge¬
fluͤgeltes Pferd hebt ſich dahinter hervor, nach hoͤheren
Regionen ſtrebend, wodurch ſein Genius und Aufſchwung
zum Hoͤheren ausgeſprochen war. Dem Wappenſchilde
oben fuͤgte ſich eine Lyra auf, uͤber welcher ein Stern
leuchtete, als ein Symbol der Kunſt, wodurch der treff¬
liche Freund, unter dem Einfluß und Schutz guͤnſtiger
Geſtirne, ſich Ruhm erworben. Unten, dem Wappen
an, hing der Orden, womit ſein Koͤnig ihn begluͤckt
und geehrt, als Zeichen gerechter Anerkennung großer
Verdienſte.
„Ich habe es von Facius ſtechen laſſen, ſagte
Goethe, und Sie ſollen einen Abdruck ſehen. Iſt es
aber nicht artig, daß ein Freund dem andern ein Wap¬
pen macht, und ihm dadurch gleichſam den Adel giebt?“
Wir freuten uns uͤber den heiteren Gedanken, und
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/116>, abgerufen am 21.11.2024.
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