Ich hörte und sprach das Italienische einmal wieder gern, denn die Sprache bringt doch eine Art von Atmo¬ sphäre des Landes mit. Die guten Menschen sind seit drey Jahren aus Italien heraus; sie wollen aber, wie sie sagten, von hier directe nach Haus eilen, nachdem sie zuvor in Auftrag des Herrn von Spiegel noch ein Decoration für unser Theater gemalt haben, worüber Ihr wahrscheinlich nicht böse seyn werdet. Es sind sehr geschickte Leute; der Eine ist ein Schüler des ersten De¬ corations-Malers in Mayland, und Ihr könnt also eine gute Decoration hoffen."
Nachdem Friedrich den Tisch abgeräumt hatte, ließ Goethe sich einen kleinen Plan von Rom vorlegen. "Für uns Andere, sagte er, wäre Rom auf die Länge kein Aufenthalt; wer dort bleiben und sich ansiedeln will, muß heirathen und catholisch werden, sonst hält er es nicht aus und hat eine schlechte Existenz. Hackert that sich nicht wenig darauf zu gute, daß er sich als Protestant so lange dort erhalten."
Goethe zeigte mir sodann auch auf diesem Grundriß die merkwürdigsten Gebäude und Plätze. "Dieß, sagte er, ist der Farnesische Garten." War es nicht hier, sagte ich, wo Sie die Hexenscene des Faust geschrieben? "Nein, sagte er, das war im Garten Borghese."
Ich erquickte mich darauf ferner an den Landschaften von Claude Lorrain, und wir sprachen noch Man¬ ches über diesen großen Meister. Sollte ein jetziger
Ich hoͤrte und ſprach das Italieniſche einmal wieder gern, denn die Sprache bringt doch eine Art von Atmo¬ ſphaͤre des Landes mit. Die guten Menſchen ſind ſeit drey Jahren aus Italien heraus; ſie wollen aber, wie ſie ſagten, von hier directe nach Haus eilen, nachdem ſie zuvor in Auftrag des Herrn von Spiegel noch ein Decoration fuͤr unſer Theater gemalt haben, woruͤber Ihr wahrſcheinlich nicht boͤſe ſeyn werdet. Es ſind ſehr geſchickte Leute; der Eine iſt ein Schuͤler des erſten De¬ corations-Malers in Mayland, und Ihr koͤnnt alſo eine gute Decoration hoffen.“
Nachdem Friedrich den Tiſch abgeraͤumt hatte, ließ Goethe ſich einen kleinen Plan von Rom vorlegen. „Fuͤr uns Andere, ſagte er, waͤre Rom auf die Laͤnge kein Aufenthalt; wer dort bleiben und ſich anſiedeln will, muß heirathen und catholiſch werden, ſonſt haͤlt er es nicht aus und hat eine ſchlechte Exiſtenz. Hackert that ſich nicht wenig darauf zu gute, daß er ſich als Proteſtant ſo lange dort erhalten.“
Goethe zeigte mir ſodann auch auf dieſem Grundriß die merkwuͤrdigſten Gebaͤude und Plaͤtze. „Dieß, ſagte er, iſt der Farneſiſche Garten.“ War es nicht hier, ſagte ich, wo Sie die Hexenſcene des Fauſt geſchrieben? „Nein, ſagte er, das war im Garten Borgheſe.“
Ich erquickte mich darauf ferner an den Landſchaften von Claude Lorrain, und wir ſprachen noch Man¬ ches uͤber dieſen großen Meiſter. Sollte ein jetziger
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Ich hoͤrte und ſprach das Italieniſche einmal wieder
gern, denn die Sprache bringt doch eine Art von Atmo¬
ſphaͤre des Landes mit. Die guten Menſchen ſind ſeit
drey Jahren aus Italien heraus; ſie wollen aber, wie
ſie ſagten, von hier directe nach Haus eilen, nachdem
ſie zuvor in Auftrag des Herrn von Spiegel noch
ein Decoration fuͤr unſer Theater gemalt haben, woruͤber
Ihr wahrſcheinlich nicht boͤſe ſeyn werdet. Es ſind ſehr
geſchickte Leute; der Eine iſt ein Schuͤler des erſten De¬
corations-Malers in Mayland, und Ihr koͤnnt alſo eine
gute Decoration hoffen.“
Nachdem Friedrich den Tiſch abgeraͤumt hatte, ließ
Goethe ſich einen kleinen Plan von Rom vorlegen.
„Fuͤr uns Andere, ſagte er, waͤre Rom auf die Laͤnge
kein Aufenthalt; wer dort bleiben und ſich anſiedeln
will, muß heirathen und catholiſch werden, ſonſt haͤlt
er es nicht aus und hat eine ſchlechte Exiſtenz. Hackert
that ſich nicht wenig darauf zu gute, daß er ſich als
Proteſtant ſo lange dort erhalten.“
Goethe zeigte mir ſodann auch auf dieſem Grundriß
die merkwuͤrdigſten Gebaͤude und Plaͤtze. „Dieß, ſagte
er, iſt der Farneſiſche Garten.“ War es nicht hier,
ſagte ich, wo Sie die Hexenſcene des Fauſt geſchrieben?
„Nein, ſagte er, das war im Garten Borgheſe.“
Ich erquickte mich darauf ferner an den Landſchaften
von Claude Lorrain, und wir ſprachen noch Man¬
ches uͤber dieſen großen Meiſter. Sollte ein jetziger
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/144>, abgerufen am 21.11.2024.
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