das Gespannte, Erwartungsvolle, vielmehr würde sie vollkommene Befriedigung gewähren.
Montag, den 1. März 1830.
Bey Goethe zu Tisch mit Hofrath Voigt aus Jena. Die Unterhaltung geht um lauter naturhistori¬ sche Gegenstände, wobey Hofrath Voigt die vielseitigsten Kenntnisse entwickelt. Goethe erzählt, daß er einen Brief erhalten, mit der Einwendung, daß die Cotyle¬ donen keine Blätter seyen, und zwar, weil sie kein Auge hinter sich hätten. Wir überzeugen uns aber an verschiedenen Pflanzen, daß die Cotyledonen allerdings Augen hinter sich haben, so gut wie jedes folgende Blatt. Voigt sagt, daß das Apercü von der Metamor¬ phose der Pflanze eine der fruchtbarsten Entdeckungen sey, welche die neuere Zeit im Fache der Naturforschung erfahren.
Wir reden über Sammlungen ausgestopfter Vögel, wobey Goethe erzählt, daß ein Engländer mehrere Hun¬ derte lebendiger Vögel in großen Behältern gefüttert habe. Von diesen seyen einige gestorben und er habe sie ausstopfen lassen. Diese ausgestopften hätten ihm nun so gefallen, daß ihm der Gedanke gekommen: ob es nicht besser sey, sie alle todtschlagen und ausstopfen
das Geſpannte, Erwartungsvolle, vielmehr wuͤrde ſie vollkommene Befriedigung gewaͤhren.
Montag, den 1. Maͤrz 1830.
Bey Goethe zu Tiſch mit Hofrath Voigt aus Jena. Die Unterhaltung geht um lauter naturhiſtori¬ ſche Gegenſtaͤnde, wobey Hofrath Voigt die vielſeitigſten Kenntniſſe entwickelt. Goethe erzaͤhlt, daß er einen Brief erhalten, mit der Einwendung, daß die Cotyle¬ donen keine Blaͤtter ſeyen, und zwar, weil ſie kein Auge hinter ſich haͤtten. Wir uͤberzeugen uns aber an verſchiedenen Pflanzen, daß die Cotyledonen allerdings Augen hinter ſich haben, ſo gut wie jedes folgende Blatt. Voigt ſagt, daß das Aperçuͤ von der Metamor¬ phoſe der Pflanze eine der fruchtbarſten Entdeckungen ſey, welche die neuere Zeit im Fache der Naturforſchung erfahren.
Wir reden uͤber Sammlungen ausgeſtopfter Voͤgel, wobey Goethe erzaͤhlt, daß ein Englaͤnder mehrere Hun¬ derte lebendiger Voͤgel in großen Behaͤltern gefuͤttert habe. Von dieſen ſeyen einige geſtorben und er habe ſie ausſtopfen laſſen. Dieſe ausgeſtopften haͤtten ihm nun ſo gefallen, daß ihm der Gedanke gekommen: ob es nicht beſſer ſey, ſie alle todtſchlagen und ausſtopfen
<TEI><text><body><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0202"n="192"/>
das Geſpannte, Erwartungsvolle, vielmehr wuͤrde ſie<lb/>
vollkommene Befriedigung gewaͤhren.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div><divn="4"><datelinerendition="#right">Montag, den 1. Maͤrz 1830.<lb/></dateline><p>Bey Goethe zu Tiſch mit Hofrath <hirendition="#g">Voigt</hi> aus<lb/>
Jena. Die Unterhaltung geht um lauter naturhiſtori¬<lb/>ſche Gegenſtaͤnde, wobey Hofrath Voigt die vielſeitigſten<lb/>
Kenntniſſe entwickelt. Goethe erzaͤhlt, daß er einen<lb/>
Brief erhalten, mit der Einwendung, daß die Cotyle¬<lb/>
donen keine Blaͤtter ſeyen, und zwar, weil ſie kein<lb/>
Auge hinter ſich haͤtten. Wir uͤberzeugen uns aber an<lb/>
verſchiedenen Pflanzen, daß die Cotyledonen allerdings<lb/>
Augen hinter ſich haben, ſo gut wie jedes folgende<lb/>
Blatt. Voigt ſagt, daß das Aper<hirendition="#aq">ç</hi>uͤ von der Metamor¬<lb/>
phoſe der Pflanze eine der fruchtbarſten Entdeckungen<lb/>ſey, welche die neuere Zeit im Fache der Naturforſchung<lb/>
erfahren.</p><lb/><p>Wir reden uͤber Sammlungen ausgeſtopfter Voͤgel,<lb/>
wobey Goethe erzaͤhlt, daß ein Englaͤnder mehrere Hun¬<lb/>
derte lebendiger Voͤgel in großen Behaͤltern gefuͤttert<lb/>
habe. Von dieſen ſeyen einige geſtorben und er habe<lb/>ſie ausſtopfen laſſen. Dieſe ausgeſtopften haͤtten ihm<lb/>
nun ſo gefallen, daß ihm der Gedanke gekommen: ob<lb/>
es nicht beſſer ſey, ſie alle todtſchlagen und ausſtopfen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[192/0202]
das Geſpannte, Erwartungsvolle, vielmehr wuͤrde ſie
vollkommene Befriedigung gewaͤhren.
Montag, den 1. Maͤrz 1830.
Bey Goethe zu Tiſch mit Hofrath Voigt aus
Jena. Die Unterhaltung geht um lauter naturhiſtori¬
ſche Gegenſtaͤnde, wobey Hofrath Voigt die vielſeitigſten
Kenntniſſe entwickelt. Goethe erzaͤhlt, daß er einen
Brief erhalten, mit der Einwendung, daß die Cotyle¬
donen keine Blaͤtter ſeyen, und zwar, weil ſie kein
Auge hinter ſich haͤtten. Wir uͤberzeugen uns aber an
verſchiedenen Pflanzen, daß die Cotyledonen allerdings
Augen hinter ſich haben, ſo gut wie jedes folgende
Blatt. Voigt ſagt, daß das Aperçuͤ von der Metamor¬
phoſe der Pflanze eine der fruchtbarſten Entdeckungen
ſey, welche die neuere Zeit im Fache der Naturforſchung
erfahren.
Wir reden uͤber Sammlungen ausgeſtopfter Voͤgel,
wobey Goethe erzaͤhlt, daß ein Englaͤnder mehrere Hun¬
derte lebendiger Voͤgel in großen Behaͤltern gefuͤttert
habe. Von dieſen ſeyen einige geſtorben und er habe
ſie ausſtopfen laſſen. Dieſe ausgeſtopften haͤtten ihm
nun ſo gefallen, daß ihm der Gedanke gekommen: ob
es nicht beſſer ſey, ſie alle todtſchlagen und ausſtopfen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/202>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.