Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836.Die Schminke war nur ein Hauch von Röthe, so Bey der starken Besetzung des Orchesters war es "Die deutschen Orchester, sagte er, sind egoistisch und Ich konnte so überzeugenden Worten nicht wider¬ Aber sollten nicht auch, versetzte ich, die neuesten Die Schminke war nur ein Hauch von Roͤthe, ſo Bey der ſtarken Beſetzung des Orcheſters war es „Die deutſchen Orcheſter, ſagte er, ſind egoiſtiſch und Ich konnte ſo uͤberzeugenden Worten nicht wider¬ Aber ſollten nicht auch, verſetzte ich, die neueſten <TEI> <text> <body> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0224" n="214"/> <p>Die Schminke war nur ein Hauch von Roͤthe, ſo<lb/> wie man es in der Natur gerne ſieht, und ſo, daß<lb/> man nicht an geſchminkte Wangen erinnert wird.</p><lb/> <p>Bey der ſtarken Beſetzung des Orcheſters war es<lb/> mir merkwuͤrdig, daß es nie die Stimmen der Saͤnger<lb/> uͤbertoͤnte, ſondern daß dieſe immer die herrſchenden<lb/> blieben. Ich ſprach daruͤber an <hi rendition="#aq">Table d'hôte</hi>, und<lb/> hoͤrte einen verſtaͤndigen jungen Mann Folgendes er¬<lb/> wiedern.</p><lb/> <p>„Die deutſchen Orcheſter, ſagte er, ſind egoiſtiſch und<lb/> wollen als Orcheſter ſich hervorthun und etwas ſeyn. Ein<lb/> italieniſches Orcheſter dagegen iſt discret. Es weiß recht<lb/> gut, daß in der Oper der Geſang der menſchlichen<lb/> Stimmen die Hauptſache iſt, und daß die Begleitung<lb/> des Orcheſters dieſen nur tragen ſoll. Zudem haͤlt der<lb/> Italiener dafuͤr, daß der Ton eines Inſtruments nur<lb/> ſchoͤn ſey, wenn man ihn nicht forcirt. Moͤgen daher<lb/> in einem italieniſchen Orcheſter noch ſo viele Geigen,<lb/> Clarinetten, Trompeten und Baͤſſe geſpielt und geblaſen<lb/> werden, der Total-Eindruck des Ganzen wird immer<lb/> ſanft und angenehm bleiben, waͤhrend ein deutſches Or¬<lb/> cheſter, bey dreyfach ſchwaͤcherer Beſetzung, ſehr leicht<lb/> laut und rauſchend wird.“</p><lb/> <p>Ich konnte ſo uͤberzeugenden Worten nicht wider¬<lb/> ſprechen, und freute mich, mein Problem ſo klar geloͤſt<lb/> zu ſehen.</p><lb/> <p>Aber ſollten nicht auch, verſetzte ich, die neueſten<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [214/0224]
Die Schminke war nur ein Hauch von Roͤthe, ſo
wie man es in der Natur gerne ſieht, und ſo, daß
man nicht an geſchminkte Wangen erinnert wird.
Bey der ſtarken Beſetzung des Orcheſters war es
mir merkwuͤrdig, daß es nie die Stimmen der Saͤnger
uͤbertoͤnte, ſondern daß dieſe immer die herrſchenden
blieben. Ich ſprach daruͤber an Table d'hôte, und
hoͤrte einen verſtaͤndigen jungen Mann Folgendes er¬
wiedern.
„Die deutſchen Orcheſter, ſagte er, ſind egoiſtiſch und
wollen als Orcheſter ſich hervorthun und etwas ſeyn. Ein
italieniſches Orcheſter dagegen iſt discret. Es weiß recht
gut, daß in der Oper der Geſang der menſchlichen
Stimmen die Hauptſache iſt, und daß die Begleitung
des Orcheſters dieſen nur tragen ſoll. Zudem haͤlt der
Italiener dafuͤr, daß der Ton eines Inſtruments nur
ſchoͤn ſey, wenn man ihn nicht forcirt. Moͤgen daher
in einem italieniſchen Orcheſter noch ſo viele Geigen,
Clarinetten, Trompeten und Baͤſſe geſpielt und geblaſen
werden, der Total-Eindruck des Ganzen wird immer
ſanft und angenehm bleiben, waͤhrend ein deutſches Or¬
cheſter, bey dreyfach ſchwaͤcherer Beſetzung, ſehr leicht
laut und rauſchend wird.“
Ich konnte ſo uͤberzeugenden Worten nicht wider¬
ſprechen, und freute mich, mein Problem ſo klar geloͤſt
zu ſehen.
Aber ſollten nicht auch, verſetzte ich, die neueſten
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