Schuld seyn als die Genfer, allein es verdrießt mich doch und reizt mich zu schalkhaften Bemerkungen.
Bekanntlich hat Lord Byron einige Zeit sich hier aufgehalten, und da er die Gesellschaft nicht liebte, so hat er sein Wesen bey Tag und Nacht in der Natur und auf dem See getrieben, wovon man hier noch zu erzählen hat, und wovon in seinem Childe Harold ein schönes Denkmal geblieben. Auch die Farbe der Rhone hat er bemerkt, und wenn er auch die Ursache nicht ahnen konnte, so hat er doch ein empfängliches Auge gezeigt. Er sagt in einer Bemerkung zum dritten Gesange:
"The colour of the Rhone at Geneva isblue, to a depth of tint which I have never seen equalled in water, salt or fresh, except in the Mediterranean and Archipelago."
Die Rhone, wie sie sich zusammendrängt um durch Genf zu gehen, theilt sich in zwey Arme, über welche vier Brücken führen, auf denen hin und hergehend man die Farbe des Wassers recht gut beobachten kann.
Nun ist merkwürdig, daß das Wasser des einen Ar¬ mes blau ist, wie Byron es gesehen hat, das des an¬ dern aber grün. Der Arm, wo das Wasser blau er¬ scheint, ist reißender, und hat den Grund so tief gehöhlt, daß kein Licht hinabdringen kann und also un¬ ten vollkommene Finsterniß herrschet. Das sehr klare Wasser wirkt als ein trübes Mittel und es entsteht aus
Schuld ſeyn als die Genfer, allein es verdrießt mich doch und reizt mich zu ſchalkhaften Bemerkungen.
Bekanntlich hat Lord Byron einige Zeit ſich hier aufgehalten, und da er die Geſellſchaft nicht liebte, ſo hat er ſein Weſen bey Tag und Nacht in der Natur und auf dem See getrieben, wovon man hier noch zu erzaͤhlen hat, und wovon in ſeinem Childe Harold ein ſchoͤnes Denkmal geblieben. Auch die Farbe der Rhone hat er bemerkt, und wenn er auch die Urſache nicht ahnen konnte, ſo hat er doch ein empfaͤngliches Auge gezeigt. Er ſagt in einer Bemerkung zum dritten Geſange:
„The colour of the Rhone at Geneva isblue, to a depth of tint which I have never seen equalled in water, salt or fresh, except in the Mediterranean and Archipelago.“
Die Rhone, wie ſie ſich zuſammendraͤngt um durch Genf zu gehen, theilt ſich in zwey Arme, uͤber welche vier Bruͤcken fuͤhren, auf denen hin und hergehend man die Farbe des Waſſers recht gut beobachten kann.
Nun iſt merkwuͤrdig, daß das Waſſer des einen Ar¬ mes blau iſt, wie Byron es geſehen hat, das des an¬ dern aber gruͤn. Der Arm, wo das Waſſer blau er¬ ſcheint, iſt reißender, und hat den Grund ſo tief gehoͤhlt, daß kein Licht hinabdringen kann und alſo un¬ ten vollkommene Finſterniß herrſchet. Das ſehr klare Waſſer wirkt als ein truͤbes Mittel und es entſteht aus
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Schuld ſeyn als die Genfer, allein es verdrießt mich
doch und reizt mich zu ſchalkhaften Bemerkungen.
Bekanntlich hat Lord Byron einige Zeit ſich hier
aufgehalten, und da er die Geſellſchaft nicht liebte, ſo
hat er ſein Weſen bey Tag und Nacht in der Natur
und auf dem See getrieben, wovon man hier noch zu
erzaͤhlen hat, und wovon in ſeinem Childe Harold
ein ſchoͤnes Denkmal geblieben. Auch die Farbe der
Rhone hat er bemerkt, und wenn er auch die Urſache
nicht ahnen konnte, ſo hat er doch ein empfaͤngliches
Auge gezeigt. Er ſagt in einer Bemerkung zum dritten
Geſange:
„The colour of the Rhone at Geneva is blue ,
to a depth of tint which I have never seen equalled in
water, salt or fresh, except in the Mediterranean and
Archipelago.“
Die Rhone, wie ſie ſich zuſammendraͤngt um durch
Genf zu gehen, theilt ſich in zwey Arme, uͤber welche
vier Bruͤcken fuͤhren, auf denen hin und hergehend man
die Farbe des Waſſers recht gut beobachten kann.
Nun iſt merkwuͤrdig, daß das Waſſer des einen Ar¬
mes blau iſt, wie Byron es geſehen hat, das des an¬
dern aber gruͤn. Der Arm, wo das Waſſer blau er¬
ſcheint, iſt reißender, und hat den Grund ſo tief
gehoͤhlt, daß kein Licht hinabdringen kann und alſo un¬
ten vollkommene Finſterniß herrſchet. Das ſehr klare
Waſſer wirkt als ein truͤbes Mittel und es entſteht aus
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/244>, abgerufen am 24.11.2024.
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