Stimmen vergleicht, wo Einigen nur wenig gute Töne zu Gebote ständen, während Andere den höchsten Um¬ fang von Tiefe und Höhe in vollkommener Gewalt hät¬ ten. Dieser letzteren Art ist Walter Scott. In dem Fair maid of Perth werden Sie nicht eine einzige schwache Stelle finden, wo es Ihnen fühlbar würde, es habe seine Kenntniß und sein Talent nicht ausgereicht. Er ist seinem Stoff nach allen Richtungen hin gewachsen. Der König, der königliche Bruder, der Kronprinz, das Haupt der Geistlichkeit, der Adel, der Magistrat, die Bürger und Handwerker, die Hochländer, sie sind alle mit gleich sicherer Hand gezeichnet und mit gleicher Wahrheit getroffen."
Die Engländer, sagte Frau v. Goethe, lieben beson¬ ders den Character des Henri Smith, und Walter Scott scheint ihn auch zum Helden des Buchs gemacht zu haben. Mein Favorit ist er nicht; mir könnte der Prinz gefallen.
Der Prinz, sagte ich, bleibt bey aller Wildheit im¬ mer noch liebenswürdig genug, und er ist vollkommen so gut gezeichnet wie irgend ein Anderer.
"Wie er zu Pferde sitzend, sagte Goethe, das hüb¬ sche Zittermädchen auf seinen Fuß treten läßt, um sie zu einem Kuß zu sich heranzuheben, ist ein Zug von der verwegensten englischen Art. Aber Ihr Frauen habt Unrecht, wenn Ihr immer Partey macht; Ihr leset ge¬ wöhnlich ein Buch, um darin Nahrung für Euer Herz
II. 2
Stimmen vergleicht, wo Einigen nur wenig gute Toͤne zu Gebote ſtaͤnden, waͤhrend Andere den hoͤchſten Um¬ fang von Tiefe und Hoͤhe in vollkommener Gewalt haͤt¬ ten. Dieſer letzteren Art iſt Walter Scott. In dem Fair maid of Perth werden Sie nicht eine einzige ſchwache Stelle finden, wo es Ihnen fuͤhlbar wuͤrde, es habe ſeine Kenntniß und ſein Talent nicht ausgereicht. Er iſt ſeinem Stoff nach allen Richtungen hin gewachſen. Der Koͤnig, der koͤnigliche Bruder, der Kronprinz, das Haupt der Geiſtlichkeit, der Adel, der Magiſtrat, die Buͤrger und Handwerker, die Hochlaͤnder, ſie ſind alle mit gleich ſicherer Hand gezeichnet und mit gleicher Wahrheit getroffen.“
Die Englaͤnder, ſagte Frau v. Goethe, lieben beſon¬ ders den Character des Henri Smith, und Walter Scott ſcheint ihn auch zum Helden des Buchs gemacht zu haben. Mein Favorit iſt er nicht; mir koͤnnte der Prinz gefallen.
Der Prinz, ſagte ich, bleibt bey aller Wildheit im¬ mer noch liebenswuͤrdig genug, und er iſt vollkommen ſo gut gezeichnet wie irgend ein Anderer.
„Wie er zu Pferde ſitzend, ſagte Goethe, das huͤb¬ ſche Zittermaͤdchen auf ſeinen Fuß treten laͤßt, um ſie zu einem Kuß zu ſich heranzuheben, iſt ein Zug von der verwegenſten engliſchen Art. Aber Ihr Frauen habt Unrecht, wenn Ihr immer Partey macht; Ihr leſet ge¬ woͤhnlich ein Buch, um darin Nahrung fuͤr Euer Herz
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Stimmen vergleicht, wo Einigen nur wenig gute Toͤne
zu Gebote ſtaͤnden, waͤhrend Andere den hoͤchſten Um¬
fang von Tiefe und Hoͤhe in vollkommener Gewalt haͤt¬
ten. Dieſer letzteren Art iſt Walter Scott. In dem Fair
maid of Perth werden Sie nicht eine einzige ſchwache
Stelle finden, wo es Ihnen fuͤhlbar wuͤrde, es habe
ſeine Kenntniß und ſein Talent nicht ausgereicht. Er
iſt ſeinem Stoff nach allen Richtungen hin gewachſen.
Der Koͤnig, der koͤnigliche Bruder, der Kronprinz, das
Haupt der Geiſtlichkeit, der Adel, der Magiſtrat, die
Buͤrger und Handwerker, die Hochlaͤnder, ſie ſind alle
mit gleich ſicherer Hand gezeichnet und mit gleicher
Wahrheit getroffen.“
Die Englaͤnder, ſagte Frau v. Goethe, lieben beſon¬
ders den Character des Henri Smith, und Walter Scott
ſcheint ihn auch zum Helden des Buchs gemacht zu
haben. Mein Favorit iſt er nicht; mir koͤnnte der Prinz
gefallen.
Der Prinz, ſagte ich, bleibt bey aller Wildheit im¬
mer noch liebenswuͤrdig genug, und er iſt vollkommen
ſo gut gezeichnet wie irgend ein Anderer.
„Wie er zu Pferde ſitzend, ſagte Goethe, das huͤb¬
ſche Zittermaͤdchen auf ſeinen Fuß treten laͤßt, um ſie
zu einem Kuß zu ſich heranzuheben, iſt ein Zug von
der verwegenſten engliſchen Art. Aber Ihr Frauen habt
Unrecht, wenn Ihr immer Partey macht; Ihr leſet ge¬
woͤhnlich ein Buch, um darin Nahrung fuͤr Euer Herz
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/27>, abgerufen am 21.11.2024.
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