Dichtung, und schreibe darüber folgende Notiz an Goethe.
Das zweyte, vierte und fünfte Buch sind als voll¬ endet anzusehen, bis auf einige Kleinigkeiten, die bey einer letzten Durchsicht sehr leicht werden abzu¬ thun seyn.
Über das erste und dritte Buch folgen hier einige Bemerkungen.
Erstes Buch.
Die Erzählung von Jungs verunglückter Augen¬ kur ist von so ernster Bedeutung, daß es die Menschen auf innere tiefe Betrachtungen führt, und daß, wenn in Gesellschaft erzählt, darauf sicherlich eine Pause im Gespräch entstehen würde. Ich rathe daher, das erste Buch damit zu schließen, damit auch auf solche Weise eine Art von Pause eintrete.
Die artigen Anekdoten vom Feuer in der Juden¬ gasse und Schlittschuhlaufen im rothen Sammetpelz der Mutter, die jetzt am Ende des ersten Buches liegen und da nicht an passender Stelle sind, würden sehr schicklich dort zu verknüpfen seyn, wo von dem bewußt¬ losen ganz unvorbedachten poetischen Produciren die Rede ist. Denn jene Fälle deuten auf einen ähnlichen glücklichen Zustand des Gemüths, das auch handelnd sich nicht lange fragt und besinnt was zu thun sey, son¬ dern schon gethan hat ehe noch der Gedanke kommt.
Dichtung, und ſchreibe daruͤber folgende Notiz an Goethe.
Das zweyte, vierte und fuͤnfte Buch ſind als voll¬ endet anzuſehen, bis auf einige Kleinigkeiten, die bey einer letzten Durchſicht ſehr leicht werden abzu¬ thun ſeyn.
Über das erſte und dritte Buch folgen hier einige Bemerkungen.
Erſtes Buch.
Die Erzaͤhlung von Jungs verungluͤckter Augen¬ kur iſt von ſo ernſter Bedeutung, daß es die Menſchen auf innere tiefe Betrachtungen fuͤhrt, und daß, wenn in Geſellſchaft erzaͤhlt, darauf ſicherlich eine Pauſe im Geſpraͤch entſtehen wuͤrde. Ich rathe daher, das erſte Buch damit zu ſchließen, damit auch auf ſolche Weiſe eine Art von Pauſe eintrete.
Die artigen Anekdoten vom Feuer in der Juden¬ gaſſe und Schlittſchuhlaufen im rothen Sammetpelz der Mutter, die jetzt am Ende des erſten Buches liegen und da nicht an paſſender Stelle ſind, wuͤrden ſehr ſchicklich dort zu verknuͤpfen ſeyn, wo von dem bewußt¬ loſen ganz unvorbedachten poetiſchen Produciren die Rede iſt. Denn jene Faͤlle deuten auf einen aͤhnlichen gluͤcklichen Zuſtand des Gemuͤths, das auch handelnd ſich nicht lange fragt und beſinnt was zu thun ſey, ſon¬ dern ſchon gethan hat ehe noch der Gedanke kommt.
<TEI><text><body><divn="3"><divn="4"><p><hirendition="#g"><pbfacs="#f0320"n="310"/>
Dichtung</hi>, und ſchreibe daruͤber folgende Notiz an<lb/>
Goethe.</p><lb/><p>Das zweyte, vierte und fuͤnfte Buch ſind als voll¬<lb/>
endet anzuſehen, bis auf einige Kleinigkeiten, die<lb/>
bey einer letzten Durchſicht ſehr leicht werden abzu¬<lb/>
thun ſeyn.</p><lb/><p>Über das erſte und dritte Buch folgen hier einige<lb/>
Bemerkungen.</p><lb/><divn="5"><head><hirendition="#g">Erſtes Buch</hi>.<lb/></head><p>Die Erzaͤhlung von <hirendition="#g">Jungs</hi> verungluͤckter Augen¬<lb/>
kur iſt von ſo ernſter Bedeutung, daß es die Menſchen<lb/>
auf innere tiefe Betrachtungen fuͤhrt, und daß, wenn<lb/>
in Geſellſchaft erzaͤhlt, darauf ſicherlich eine Pauſe im<lb/>
Geſpraͤch entſtehen wuͤrde. Ich rathe daher, das erſte<lb/>
Buch damit zu ſchließen, damit auch auf ſolche Weiſe<lb/>
eine Art von Pauſe eintrete.</p><lb/><p>Die artigen Anekdoten vom Feuer in der Juden¬<lb/>
gaſſe und Schlittſchuhlaufen im rothen Sammetpelz der<lb/>
Mutter, die jetzt am Ende des erſten Buches liegen<lb/>
und da nicht an paſſender Stelle ſind, wuͤrden ſehr<lb/>ſchicklich dort zu verknuͤpfen ſeyn, wo von dem bewußt¬<lb/>
loſen ganz unvorbedachten poetiſchen Produciren die<lb/>
Rede iſt. Denn jene Faͤlle deuten auf einen aͤhnlichen<lb/>
gluͤcklichen Zuſtand des Gemuͤths, das auch handelnd<lb/>ſich nicht lange fragt und beſinnt was zu thun ſey, ſon¬<lb/>
dern ſchon gethan hat ehe noch der Gedanke kommt.</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[310/0320]
Dichtung, und ſchreibe daruͤber folgende Notiz an
Goethe.
Das zweyte, vierte und fuͤnfte Buch ſind als voll¬
endet anzuſehen, bis auf einige Kleinigkeiten, die
bey einer letzten Durchſicht ſehr leicht werden abzu¬
thun ſeyn.
Über das erſte und dritte Buch folgen hier einige
Bemerkungen.
Erſtes Buch.
Die Erzaͤhlung von Jungs verungluͤckter Augen¬
kur iſt von ſo ernſter Bedeutung, daß es die Menſchen
auf innere tiefe Betrachtungen fuͤhrt, und daß, wenn
in Geſellſchaft erzaͤhlt, darauf ſicherlich eine Pauſe im
Geſpraͤch entſtehen wuͤrde. Ich rathe daher, das erſte
Buch damit zu ſchließen, damit auch auf ſolche Weiſe
eine Art von Pauſe eintrete.
Die artigen Anekdoten vom Feuer in der Juden¬
gaſſe und Schlittſchuhlaufen im rothen Sammetpelz der
Mutter, die jetzt am Ende des erſten Buches liegen
und da nicht an paſſender Stelle ſind, wuͤrden ſehr
ſchicklich dort zu verknuͤpfen ſeyn, wo von dem bewußt¬
loſen ganz unvorbedachten poetiſchen Produciren die
Rede iſt. Denn jene Faͤlle deuten auf einen aͤhnlichen
gluͤcklichen Zuſtand des Gemuͤths, das auch handelnd
ſich nicht lange fragt und beſinnt was zu thun ſey, ſon¬
dern ſchon gethan hat ehe noch der Gedanke kommt.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/320>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.