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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836.

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nicht etwa gut wäre, dieses irgendwo ausdrücklich zu
bemerken."

Wir sprachen sodann über den Schluß, und Goethe
machte mich auf die Stelle aufmerksam, wo es heißt:

Gerettet ist das edle Glied
Der Geisterwelt vom Bösen:
Wer immer strebend sich bemüht,
Den können wir erlösen,
Und hat an ihm die Liebe gar
Von oben Theil genommen,
Begegnet ihm die selige Schaar
Mit herzlichem Willkommen

"In diesen Versen, sagte er, ist der Schlüssel zu
Faust's Rettung enthalten. In Faust selber eine immer
höhere und reinere Thätigkeit bis ans Ende, und von
oben die ihm zu Hülfe kommende ewige Liebe. Es
steht dieses mit unserer religiösen Vorstellung durchaus
in Harmonie, nach welcher wir nicht bloß durch eigene
Kraft selig werden, sondern durch die hinzukommende
göttliche Gnade."

"Übrigens werden Sie zugeben, daß der Schluß, wo
es mit der geretteten Seele nach oben geht, sehr schwer
zu machen war, und daß ich, bey so übersinnlichen,
kaum zu ahnenden Dingen, mich sehr leicht im Vagen
hätte verlieren können, wenn ich nicht meinen poetischen
Intentionen, durch die scharf umrissenen christlich-kirch¬
lichen Figuren und Vorstellungen, eine wohlthätig be¬
schränkende Form und Festigkeit gegeben hätte."


nicht etwa gut waͤre, dieſes irgendwo ausdruͤcklich zu
bemerken.“

Wir ſprachen ſodann uͤber den Schluß, und Goethe
machte mich auf die Stelle aufmerkſam, wo es heißt:

Gerettet iſt das edle Glied
Der Geiſterwelt vom Boͤſen:
Wer immer ſtrebend ſich bemuͤht,
Den koͤnnen wir erloͤſen,
Und hat an ihm die Liebe gar
Von oben Theil genommen,
Begegnet ihm die ſelige Schaar
Mit herzlichem Willkommen

„In dieſen Verſen, ſagte er, iſt der Schluͤſſel zu
Fauſt's Rettung enthalten. In Fauſt ſelber eine immer
hoͤhere und reinere Thaͤtigkeit bis ans Ende, und von
oben die ihm zu Huͤlfe kommende ewige Liebe. Es
ſteht dieſes mit unſerer religioͤſen Vorſtellung durchaus
in Harmonie, nach welcher wir nicht bloß durch eigene
Kraft ſelig werden, ſondern durch die hinzukommende
goͤttliche Gnade.“

„Übrigens werden Sie zugeben, daß der Schluß, wo
es mit der geretteten Seele nach oben geht, ſehr ſchwer
zu machen war, und daß ich, bey ſo uͤberſinnlichen,
kaum zu ahnenden Dingen, mich ſehr leicht im Vagen
haͤtte verlieren koͤnnen, wenn ich nicht meinen poetiſchen
Intentionen, durch die ſcharf umriſſenen chriſtlich-kirch¬
lichen Figuren und Vorſtellungen, eine wohlthaͤtig be¬
ſchraͤnkende Form und Feſtigkeit gegeben haͤtte.“


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[350/0360] nicht etwa gut waͤre, dieſes irgendwo ausdruͤcklich zu bemerken.“ Wir ſprachen ſodann uͤber den Schluß, und Goethe machte mich auf die Stelle aufmerkſam, wo es heißt: Gerettet iſt das edle Glied Der Geiſterwelt vom Boͤſen: Wer immer ſtrebend ſich bemuͤht, Den koͤnnen wir erloͤſen, Und hat an ihm die Liebe gar Von oben Theil genommen, Begegnet ihm die ſelige Schaar Mit herzlichem Willkommen „In dieſen Verſen, ſagte er, iſt der Schluͤſſel zu Fauſt's Rettung enthalten. In Fauſt ſelber eine immer hoͤhere und reinere Thaͤtigkeit bis ans Ende, und von oben die ihm zu Huͤlfe kommende ewige Liebe. Es ſteht dieſes mit unſerer religioͤſen Vorſtellung durchaus in Harmonie, nach welcher wir nicht bloß durch eigene Kraft ſelig werden, ſondern durch die hinzukommende goͤttliche Gnade.“ „Übrigens werden Sie zugeben, daß der Schluß, wo es mit der geretteten Seele nach oben geht, ſehr ſchwer zu machen war, und daß ich, bey ſo uͤberſinnlichen, kaum zu ahnenden Dingen, mich ſehr leicht im Vagen haͤtte verlieren koͤnnen, wenn ich nicht meinen poetiſchen Intentionen, durch die ſcharf umriſſenen chriſtlich-kirch¬ lichen Figuren und Vorſtellungen, eine wohlthaͤtig be¬ ſchraͤnkende Form und Feſtigkeit gegeben haͤtte.“

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/360>, abgerufen am 23.11.2024.