Wir schlugen darauf in einem Künstler-Lexicon nach, um zu sehen, was über Hermann von Schwanefeld ge¬ sagt ward, wo man ihm denn vorwarf, daß er seinen Meister nicht erreicht habe. "Die Narren! sagte Goe¬ the, Schwanefeld war ein Anderer als Claude Lorrain, und dieser kann nicht sagen, daß er ein Besserer gewe¬ sen. Wenn man aber weiter nichts vom Leben hätte, als was unsere Biographen und Lexiconschreiber von uns sagen, so wäre es ein schlechtes Metier, und überall nicht der Mühe werth."
Am Schlusse dieses und zu Anfange des nächsten Jahres wandte sich Goethe ganz wieder seinen Lieblings¬ studien, den Naturwissenschaften, zu, und beschäftigte sich theils, auf Anregung von Boisseree, mit fernerer Ergründung der Gesetze des Regenbogens, so wie be¬ sonders auch, aus Theilnahme an dem Streit zwischen Cuvier und St. Hilaire, mit Gegenständen der Metamorphose der Pflanzen- und Thier-Welt. Auch redigirte er mit mir gemeinschaftlich den historischen Theil der Farbenlehre, so wie er auch an einem Capitel über die Mischung der Farben innigen Antheil nahm, das ich auf seine Anregung, um in den theoretischen Band aufgenommen zu werden, bearbeitete.
Wir ſchlugen darauf in einem Kuͤnſtler-Lexicon nach, um zu ſehen, was uͤber Hermann von Schwanefeld ge¬ ſagt ward, wo man ihm denn vorwarf, daß er ſeinen Meiſter nicht erreicht habe. „Die Narren! ſagte Goe¬ the, Schwanefeld war ein Anderer als Claude Lorrain, und dieſer kann nicht ſagen, daß er ein Beſſerer gewe¬ ſen. Wenn man aber weiter nichts vom Leben haͤtte, als was unſere Biographen und Lexiconſchreiber von uns ſagen, ſo waͤre es ein ſchlechtes Metier, und uͤberall nicht der Muͤhe werth.“
Am Schluſſe dieſes und zu Anfange des naͤchſten Jahres wandte ſich Goethe ganz wieder ſeinen Lieblings¬ ſtudien, den Naturwiſſenſchaften, zu, und beſchaͤftigte ſich theils, auf Anregung von Boiſſerée, mit fernerer Ergruͤndung der Geſetze des Regenbogens, ſo wie be¬ ſonders auch, aus Theilnahme an dem Streit zwiſchen Cuvier und St. Hilaire, mit Gegenſtaͤnden der Metamorphoſe der Pflanzen- und Thier-Welt. Auch redigirte er mit mir gemeinſchaftlich den hiſtoriſchen Theil der Farbenlehre, ſo wie er auch an einem Capitel uͤber die Miſchung der Farben innigen Antheil nahm, das ich auf ſeine Anregung, um in den theoretiſchen Band aufgenommen zu werden, bearbeitete.
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Wir ſchlugen darauf in einem Kuͤnſtler-Lexicon nach,
um zu ſehen, was uͤber Hermann von Schwanefeld ge¬
ſagt ward, wo man ihm denn vorwarf, daß er ſeinen
Meiſter nicht erreicht habe. „Die Narren! ſagte Goe¬
the, Schwanefeld war ein Anderer als Claude Lorrain,
und dieſer kann nicht ſagen, daß er ein Beſſerer gewe¬
ſen. Wenn man aber weiter nichts vom Leben haͤtte,
als was unſere Biographen und Lexiconſchreiber von
uns ſagen, ſo waͤre es ein ſchlechtes Metier, und uͤberall
nicht der Muͤhe werth.“
Am Schluſſe dieſes und zu Anfange des naͤchſten
Jahres wandte ſich Goethe ganz wieder ſeinen Lieblings¬
ſtudien, den Naturwiſſenſchaften, zu, und beſchaͤftigte
ſich theils, auf Anregung von Boiſſerée, mit fernerer
Ergruͤndung der Geſetze des Regenbogens, ſo wie be¬
ſonders auch, aus Theilnahme an dem Streit zwiſchen
Cuvier und St. Hilaire, mit Gegenſtaͤnden der
Metamorphoſe der Pflanzen- und Thier-Welt. Auch
redigirte er mit mir gemeinſchaftlich den hiſtoriſchen Theil
der Farbenlehre, ſo wie er auch an einem Capitel uͤber
die Miſchung der Farben innigen Antheil nahm, das
ich auf ſeine Anregung, um in den theoretiſchen Band
aufgenommen zu werden, bearbeitete.
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/364>, abgerufen am 23.11.2024.
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