gegenwärtig und wird mir unvergeßlich seyn. Jeder¬ mann war im Anhören versunken und davon hingeris¬ sen; die Lichter brannten trübe, Niemand dachte daran, oder wagte es, sie zu putzen, aus Furcht vor der leise¬ sten Unterbrechung; Thränen in den Augen der Frauen, die immer wieder hervorquollen, zeugten von des Stückes tiefer Wirkung, und waren wohl der gefühlteste Tribut, der dem Vorleser wie dem Dichter gezollt werden konnte.
Tieck hatte geendigt und stand auf, sich den Schweiß von der Stirne wischend, die Hörenden aber waren noch immer wie gefesselt auf ihren Stühlen; jeder schien in dem, was ihm so eben durch die Seele gegangen war, noch zu tief begriffen, als daß er passende Worte des Dankes für den hätte bereit haben sollen, der eine so wunderbare Wirkung auf alle hervorgebracht hatte.
Nach und nach fand man sich wieder; man stand auf und sprach und ging erheitert durch einander; dann aber begab man sich zu einem Soupe, das in den Ne¬ benzimmern auf kleinen Tischen bereit stand.
Goethe selbst war diesen Abend nicht gegenwärtig; aber sein Geist und sein Andenken war unter uns allen lebendig. Er sendete Tieck seine Entschuldigung, dessen beyden Töchtern Agnes und Dorothea aber zwey Tuch¬ nadeln mit seinem Bildniß und rothen Bandschleifen, die Frau v. Goethe überreichte und wie kleine Orden ihnen vorsteckte.
gegenwaͤrtig und wird mir unvergeßlich ſeyn. Jeder¬ mann war im Anhoͤren verſunken und davon hingeriſ¬ ſen; die Lichter brannten truͤbe, Niemand dachte daran, oder wagte es, ſie zu putzen, aus Furcht vor der leiſe¬ ſten Unterbrechung; Thraͤnen in den Augen der Frauen, die immer wieder hervorquollen, zeugten von des Stuͤckes tiefer Wirkung, und waren wohl der gefuͤhlteſte Tribut, der dem Vorleſer wie dem Dichter gezollt werden konnte.
Tieck hatte geendigt und ſtand auf, ſich den Schweiß von der Stirne wiſchend, die Hoͤrenden aber waren noch immer wie gefeſſelt auf ihren Stuͤhlen; jeder ſchien in dem, was ihm ſo eben durch die Seele gegangen war, noch zu tief begriffen, als daß er paſſende Worte des Dankes fuͤr den haͤtte bereit haben ſollen, der eine ſo wunderbare Wirkung auf alle hervorgebracht hatte.
Nach und nach fand man ſich wieder; man ſtand auf und ſprach und ging erheitert durch einander; dann aber begab man ſich zu einem Soupé, das in den Ne¬ benzimmern auf kleinen Tiſchen bereit ſtand.
Goethe ſelbſt war dieſen Abend nicht gegenwaͤrtig; aber ſein Geiſt und ſein Andenken war unter uns allen lebendig. Er ſendete Tieck ſeine Entſchuldigung, deſſen beyden Toͤchtern Agnes und Dorothea aber zwey Tuch¬ nadeln mit ſeinem Bildniß und rothen Bandſchleifen, die Frau v. Goethe uͤberreichte und wie kleine Orden ihnen vorſteckte.
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gegenwaͤrtig und wird mir unvergeßlich ſeyn. Jeder¬
mann war im Anhoͤren verſunken und davon hingeriſ¬
ſen; die Lichter brannten truͤbe, Niemand dachte daran,
oder wagte es, ſie zu putzen, aus Furcht vor der leiſe¬
ſten Unterbrechung; Thraͤnen in den Augen der Frauen,
die immer wieder hervorquollen, zeugten von des Stuͤckes
tiefer Wirkung, und waren wohl der gefuͤhlteſte Tribut,
der dem Vorleſer wie dem Dichter gezollt werden konnte.
Tieck hatte geendigt und ſtand auf, ſich den Schweiß
von der Stirne wiſchend, die Hoͤrenden aber waren noch
immer wie gefeſſelt auf ihren Stuͤhlen; jeder ſchien in
dem, was ihm ſo eben durch die Seele gegangen war,
noch zu tief begriffen, als daß er paſſende Worte des
Dankes fuͤr den haͤtte bereit haben ſollen, der eine ſo
wunderbare Wirkung auf alle hervorgebracht hatte.
Nach und nach fand man ſich wieder; man ſtand
auf und ſprach und ging erheitert durch einander; dann
aber begab man ſich zu einem Soupé, das in den Ne¬
benzimmern auf kleinen Tiſchen bereit ſtand.
Goethe ſelbſt war dieſen Abend nicht gegenwaͤrtig;
aber ſein Geiſt und ſein Andenken war unter uns allen
lebendig. Er ſendete Tieck ſeine Entſchuldigung, deſſen
beyden Toͤchtern Agnes und Dorothea aber zwey Tuch¬
nadeln mit ſeinem Bildniß und rothen Bandſchleifen,
die Frau v. Goethe uͤberreichte und wie kleine Orden
ihnen vorſteckte.
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/40>, abgerufen am 21.11.2024.
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