Ja! fuhr ich in meinen Gedanken fort, Goethe hat Recht! Er kann seinem Umfange nach nicht popular werden, und seine Werke sind nur für einzelne Men¬ schen, die etwas Ähnliches suchen und die in ähnlichen Richtungen begriffen sind.
Sie sind im Ganzen für betrachtende Naturen, die in die Tiefen der Welt und Menschheit zu dringen wünschen und seinen Pfaden nachgehen. -- Sie sind im Einzelnen für leidenschaftlich Genießende, die des Herzens Wonne und Weh im Dichter suchen. -- Sie sind für junge Poeten, die lernen wollen, wie man sich ausdrücke und wie man einen Gegenstand kunstgemäß behandele. -- Sie sind für Critiker, die darin ein Muster empfangen, nach welchen Maximen man urthei¬ len solle, und wie man auch eine Recension interessant und anmuthig mache, so daß man sie mit Freuden lese. -- Seine Werke sind für den Künstler, weil sie ihm im Allgemeinen den Geist aufklären und er im Be¬ sonderen aus ihnen lernt, welche Gegenstände eine kunst¬ gemäße Bedeutung haben, und was er demnach dar¬ stellen solle und was nicht. -- Sie sind für den Na¬ turforscher, nicht allein weil gefundene große Gesetze ihm überliefert werden, sondern auch vorzüglich, weil er darin eine Methode empfängt, wie ein guter Geist mit der Natur verfahren müsse, damit sie ihm ihre Ge¬ heimnisse offenbare.
Und so gehen denn alle wissenschaftlich und künst¬
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Ja! fuhr ich in meinen Gedanken fort, Goethe hat Recht! Er kann ſeinem Umfange nach nicht popular werden, und ſeine Werke ſind nur fuͤr einzelne Men¬ ſchen, die etwas Ähnliches ſuchen und die in aͤhnlichen Richtungen begriffen ſind.
Sie ſind im Ganzen fuͤr betrachtende Naturen, die in die Tiefen der Welt und Menſchheit zu dringen wuͤnſchen und ſeinen Pfaden nachgehen. — Sie ſind im Einzelnen fuͤr leidenſchaftlich Genießende, die des Herzens Wonne und Weh im Dichter ſuchen. — Sie ſind fuͤr junge Poeten, die lernen wollen, wie man ſich ausdruͤcke und wie man einen Gegenſtand kunſtgemaͤß behandele. — Sie ſind fuͤr Critiker, die darin ein Muſter empfangen, nach welchen Maximen man urthei¬ len ſolle, und wie man auch eine Recenſion intereſſant und anmuthig mache, ſo daß man ſie mit Freuden leſe. — Seine Werke ſind fuͤr den Kuͤnſtler, weil ſie ihm im Allgemeinen den Geiſt aufklaͤren und er im Be¬ ſonderen aus ihnen lernt, welche Gegenſtaͤnde eine kunſt¬ gemaͤße Bedeutung haben, und was er demnach dar¬ ſtellen ſolle und was nicht. — Sie ſind fuͤr den Na¬ turforſcher, nicht allein weil gefundene große Geſetze ihm uͤberliefert werden, ſondern auch vorzuͤglich, weil er darin eine Methode empfaͤngt, wie ein guter Geiſt mit der Natur verfahren muͤſſe, damit ſie ihm ihre Ge¬ heimniſſe offenbare.
Und ſo gehen denn alle wiſſenſchaftlich und kuͤnſt¬
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Ja! fuhr ich in meinen Gedanken fort, Goethe hat
Recht! Er kann ſeinem Umfange nach nicht popular
werden, und ſeine Werke ſind nur fuͤr einzelne Men¬
ſchen, die etwas Ähnliches ſuchen und die in aͤhnlichen
Richtungen begriffen ſind.
Sie ſind im Ganzen fuͤr betrachtende Naturen, die
in die Tiefen der Welt und Menſchheit zu dringen
wuͤnſchen und ſeinen Pfaden nachgehen. — Sie ſind
im Einzelnen fuͤr leidenſchaftlich Genießende, die des
Herzens Wonne und Weh im Dichter ſuchen. — Sie
ſind fuͤr junge Poeten, die lernen wollen, wie man ſich
ausdruͤcke und wie man einen Gegenſtand kunſtgemaͤß
behandele. — Sie ſind fuͤr Critiker, die darin ein
Muſter empfangen, nach welchen Maximen man urthei¬
len ſolle, und wie man auch eine Recenſion intereſſant
und anmuthig mache, ſo daß man ſie mit Freuden
leſe. — Seine Werke ſind fuͤr den Kuͤnſtler, weil ſie
ihm im Allgemeinen den Geiſt aufklaͤren und er im Be¬
ſonderen aus ihnen lernt, welche Gegenſtaͤnde eine kunſt¬
gemaͤße Bedeutung haben, und was er demnach dar¬
ſtellen ſolle und was nicht. — Sie ſind fuͤr den Na¬
turforſcher, nicht allein weil gefundene große Geſetze
ihm uͤberliefert werden, ſondern auch vorzuͤglich, weil
er darin eine Methode empfaͤngt, wie ein guter Geiſt
mit der Natur verfahren muͤſſe, damit ſie ihm ihre Ge¬
heimniſſe offenbare.
Und ſo gehen denn alle wiſſenſchaftlich und kuͤnſt¬
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/45>, abgerufen am 21.11.2024.
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