loktet den Neoptolemos und Odyß. Und zwei solcher gegenwirkenden Figuren waren nöthig, um den Gegen¬ stand von allen Seiten zur Sprache zu bringen und um auch für das Stück selbst die gehörige Fülle und Körperlichkeit zu gewinnen.
"Sie könnten noch hinzufügen, nahm Goethe das Wort, daß beide Stücke auch darin Aehnlichkeit haben, daß wir in beiden die höchst wirksame Situation eines freudigen Wechsels sehen, indem dem einen Helden in seiner Trostlosigkeit die geliebte Tochter, und dem andern der nicht weniger geliebte Bogen zurückgegeben wird."
"Auch sind die versöhnenden Ausgänge beider Stücke sich ähnlich, indem beide Helden aus ihren Leiden Er¬ lösung erlangen; der Oedip, indem er selig entrückt wird, der Philoktet aber, indem wir durch Götterspruch seine Heilung vor Ilion durch den Aeskulap voraus¬ sehen."
"Wenn wir übrigens, fuhr Goethe fort, für unsere modernen Zwecke lernen wollen, uns auf dem Theater zu benehmen, so wäre Moliere der Mann, an den wir uns zu wenden hätten."
"Kennen Sie seinen Malade imaginaire? Es ist darin eine Scene, die mir, so oft ich das Stück lese, immer als Symbol einer vollkommenen Bretter-Kenntniß er¬ scheint. Ich meine die Scene, wo der eingebildete Kranke seine kleine Tochter Louison befragt, ob nicht
loktet den Neoptolemos und Odyß. Und zwei ſolcher gegenwirkenden Figuren waren nöthig, um den Gegen¬ ſtand von allen Seiten zur Sprache zu bringen und um auch für das Stück ſelbſt die gehörige Fülle und Körperlichkeit zu gewinnen.
„Sie könnten noch hinzufügen, nahm Goethe das Wort, daß beide Stücke auch darin Aehnlichkeit haben, daß wir in beiden die höchſt wirkſame Situation eines freudigen Wechſels ſehen, indem dem einen Helden in ſeiner Troſtloſigkeit die geliebte Tochter, und dem andern der nicht weniger geliebte Bogen zurückgegeben wird.“
„Auch ſind die verſöhnenden Ausgänge beider Stücke ſich ähnlich, indem beide Helden aus ihren Leiden Er¬ löſung erlangen; der Oedip, indem er ſelig entrückt wird, der Philoktet aber, indem wir durch Götterſpruch ſeine Heilung vor Ilion durch den Aeskulap voraus¬ ſehen.“
„Wenn wir übrigens, fuhr Goethe fort, für unſere modernen Zwecke lernen wollen, uns auf dem Theater zu benehmen, ſo wäre Molière der Mann, an den wir uns zu wenden hätten.“
„Kennen Sie ſeinen Malade imaginaire? Es iſt darin eine Scene, die mir, ſo oft ich das Stück leſe, immer als Symbol einer vollkommenen Bretter-Kenntniß er¬ ſcheint. Ich meine die Scene, wo der eingebildete Kranke ſeine kleine Tochter Louiſon befragt, ob nicht
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loktet den Neoptolemos und Odyß. Und zwei ſolcher
gegenwirkenden Figuren waren nöthig, um den Gegen¬
ſtand von allen Seiten zur Sprache zu bringen und
um auch für das Stück ſelbſt die gehörige Fülle und
Körperlichkeit zu gewinnen.
„Sie könnten noch hinzufügen, nahm Goethe das
Wort, daß beide Stücke auch darin Aehnlichkeit haben,
daß wir in beiden die höchſt wirkſame Situation eines
freudigen Wechſels ſehen, indem dem einen Helden in
ſeiner Troſtloſigkeit die geliebte Tochter, und dem andern
der nicht weniger geliebte Bogen zurückgegeben wird.“
„Auch ſind die verſöhnenden Ausgänge beider Stücke
ſich ähnlich, indem beide Helden aus ihren Leiden Er¬
löſung erlangen; der Oedip, indem er ſelig entrückt
wird, der Philoktet aber, indem wir durch Götterſpruch
ſeine Heilung vor Ilion durch den Aeskulap voraus¬
ſehen.“
„Wenn wir übrigens, fuhr Goethe fort, für unſere
modernen Zwecke lernen wollen, uns auf dem Theater
zu benehmen, ſo wäre Moli è re der Mann, an den
wir uns zu wenden hätten.“
„Kennen Sie ſeinen Malade imaginaire? Es iſt darin
eine Scene, die mir, ſo oft ich das Stück leſe, immer
als Symbol einer vollkommenen Bretter-Kenntniß er¬
ſcheint. Ich meine die Scene, wo der eingebildete
Kranke ſeine kleine Tochter Louiſon befragt, ob nicht
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/154>, abgerufen am 24.11.2024.
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