einer Höhe stand, um zur Einkehr Goethe'scher Gedanken und Empfindungen eine würdige Be¬ hausung zu seyn. Denn ich hatte es mit einem Helden zu thun, den ich nicht durfte sinken lassen. In der ganzen Milde der Gesinnung, in der vol¬ len Klarheit und Kraft des Geistes und in der gewohnten Würde einer hohen Persönlichkeit mußte er erscheinen, um wahr zu seyn, -- und das war keineswegs etwas Geringes!
Mein Verhältniß zu ihm war eigenthümlicher Art und sehr zarter Natur. Es war das des Schülers zum Meister, das des Sohnes zum Vater, das des Bildungs-Bedürftigen zum Bil¬ dungs-Reichen. Er zog mich in seine Kreise und ließ mich an den geistigen und leiblichen Genüssen eines höheren Daseyns Theil nehmen. Oft sah ich ihn nur alle acht Tage, wo ich ihn in den Abendstunden besuchte; oft auch jeden Tag, wo ich Mittags mit ihm, bald in größerer Gesellschaft, bald tete a tete zu Tisch zu seyn das Glück hatte.
Seine Unterhaltung war mannigfaltig, wie seine Werke. Er war immer Derselbige und im¬
einer Höhe ſtand, um zur Einkehr Goethe'ſcher Gedanken und Empfindungen eine würdige Be¬ hauſung zu ſeyn. Denn ich hatte es mit einem Helden zu thun, den ich nicht durfte ſinken laſſen. In der ganzen Milde der Geſinnung, in der vol¬ len Klarheit und Kraft des Geiſtes und in der gewohnten Würde einer hohen Perſönlichkeit mußte er erſcheinen, um wahr zu ſeyn, — und das war keineswegs etwas Geringes!
Mein Verhältniß zu ihm war eigenthümlicher Art und ſehr zarter Natur. Es war das des Schülers zum Meiſter, das des Sohnes zum Vater, das des Bildungs-Bedürftigen zum Bil¬ dungs-Reichen. Er zog mich in ſeine Kreiſe und ließ mich an den geiſtigen und leiblichen Genüſſen eines höheren Daſeyns Theil nehmen. Oft ſah ich ihn nur alle acht Tage, wo ich ihn in den Abendſtunden beſuchte; oft auch jeden Tag, wo ich Mittags mit ihm, bald in größerer Geſellſchaft, bald tête à tête zu Tiſch zu ſeyn das Glück hatte.
Seine Unterhaltung war mannigfaltig, wie ſeine Werke. Er war immer Derſelbige und im¬
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[XI/0017]
einer Höhe ſtand, um zur Einkehr Goethe'ſcher
Gedanken und Empfindungen eine würdige Be¬
hauſung zu ſeyn. Denn ich hatte es mit einem
Helden zu thun, den ich nicht durfte ſinken laſſen.
In der ganzen Milde der Geſinnung, in der vol¬
len Klarheit und Kraft des Geiſtes und in der
gewohnten Würde einer hohen Perſönlichkeit mußte
er erſcheinen, um wahr zu ſeyn, — und das war
keineswegs etwas Geringes!
Mein Verhältniß zu ihm war eigenthümlicher
Art und ſehr zarter Natur. Es war das des
Schülers zum Meiſter, das des Sohnes zum
Vater, das des Bildungs-Bedürftigen zum Bil¬
dungs-Reichen. Er zog mich in ſeine Kreiſe und
ließ mich an den geiſtigen und leiblichen Genüſſen
eines höheren Daſeyns Theil nehmen. Oft ſah
ich ihn nur alle acht Tage, wo ich ihn in den
Abendſtunden beſuchte; oft auch jeden Tag, wo
ich Mittags mit ihm, bald in größerer Geſellſchaft,
bald tête à tête zu Tiſch zu ſeyn das Glück
hatte.
Seine Unterhaltung war mannigfaltig, wie
ſeine Werke. Er war immer Derſelbige und im¬
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. XI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/17>, abgerufen am 21.11.2024.
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