eine Lust, zu herrschen und sein Volk vorwärts zu brin¬ gen! -- Aber wo ist ein Fürst, dem es so wohl würde und der so gut bedient wäre!" --
"Große Hoffnung setze ich auf den jetzigen Kron¬ prinzen von Preußen. Nach Allem, was ich von ihm kenne und höre, ist er ein sehr bedeutender Mensch! und das gehört dazu, um wieder tüchtige und talent¬ volle Leute zu erkennen und zu wählen. Denn, man sage was man will, das Gleiche kann nur vom Glei¬ chen erkannt werden, und nur ein Fürst, der selber große Fähigkeiten besitzt, wird wiederum große Fähigkeiten in seinen Unterthanen und Dienern gehörig erkennen und schätzen. Dem Talente offene Bahn! war der bekannte Spruch Napoleon's, der freilich in der Wahl seiner Leute einen ganz besondern Tact hatte, der jede bedeutende Kraft an die Stelle zu setzen wußte, wo sie in ihrer eigentlichen Sphäre erschien, und der daher auch in seinem Leben bei allen großen Unternehmungen bedient war wie kaum ein Anderer."
Goethe gefiel mir diesen Abend ganz besonders. Das Edelste seiner Natur schien in ihm rege zu seyn; dabei war der Klang seiner Stimme und das Feuer seiner Augen von solcher Kraft, als wäre er von einem frischen Auflodern seiner besten Jugend durchglüht. -- Merkwürdig war es mir, daß er, der selbst in so ho¬ hen Jahren noch einem bedeutenden Posten vorstand, so ganz entschieden der Jugend das Wort redete, und die
eine Luſt, zu herrſchen und ſein Volk vorwärts zu brin¬ gen! — Aber wo iſt ein Fürſt, dem es ſo wohl würde und der ſo gut bedient wäre!“ —
„Große Hoffnung ſetze ich auf den jetzigen Kron¬ prinzen von Preußen. Nach Allem, was ich von ihm kenne und höre, iſt er ein ſehr bedeutender Menſch! und das gehört dazu, um wieder tüchtige und talent¬ volle Leute zu erkennen und zu wählen. Denn, man ſage was man will, das Gleiche kann nur vom Glei¬ chen erkannt werden, und nur ein Fürſt, der ſelber große Fähigkeiten beſitzt, wird wiederum große Fähigkeiten in ſeinen Unterthanen und Dienern gehörig erkennen und ſchätzen. Dem Talente offene Bahn! war der bekannte Spruch Napoleon's, der freilich in der Wahl ſeiner Leute einen ganz beſondern Tact hatte, der jede bedeutende Kraft an die Stelle zu ſetzen wußte, wo ſie in ihrer eigentlichen Sphäre erſchien, und der daher auch in ſeinem Leben bei allen großen Unternehmungen bedient war wie kaum ein Anderer.“
Goethe gefiel mir dieſen Abend ganz beſonders. Das Edelſte ſeiner Natur ſchien in ihm rege zu ſeyn; dabei war der Klang ſeiner Stimme und das Feuer ſeiner Augen von ſolcher Kraft, als wäre er von einem friſchen Auflodern ſeiner beſten Jugend durchglüht. — Merkwürdig war es mir, daß er, der ſelbſt in ſo ho¬ hen Jahren noch einem bedeutenden Poſten vorſtand, ſo ganz entſchieden der Jugend das Wort redete, und die
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eine Luſt, zu herrſchen und ſein Volk vorwärts zu brin¬
gen! — Aber wo iſt ein Fürſt, dem es ſo wohl würde
und der ſo gut bedient wäre!“ —
„Große Hoffnung ſetze ich auf den jetzigen Kron¬
prinzen von Preußen. Nach Allem, was ich von
ihm kenne und höre, iſt er ein ſehr bedeutender Menſch!
und das gehört dazu, um wieder tüchtige und talent¬
volle Leute zu erkennen und zu wählen. Denn, man
ſage was man will, das Gleiche kann nur vom Glei¬
chen erkannt werden, und nur ein Fürſt, der ſelber große
Fähigkeiten beſitzt, wird wiederum große Fähigkeiten in
ſeinen Unterthanen und Dienern gehörig erkennen und
ſchätzen. Dem Talente offene Bahn! war der
bekannte Spruch Napoleon's, der freilich in der Wahl
ſeiner Leute einen ganz beſondern Tact hatte, der jede
bedeutende Kraft an die Stelle zu ſetzen wußte, wo ſie
in ihrer eigentlichen Sphäre erſchien, und der daher
auch in ſeinem Leben bei allen großen Unternehmungen
bedient war wie kaum ein Anderer.“
Goethe gefiel mir dieſen Abend ganz beſonders.
Das Edelſte ſeiner Natur ſchien in ihm rege zu ſeyn;
dabei war der Klang ſeiner Stimme und das Feuer
ſeiner Augen von ſolcher Kraft, als wäre er von einem
friſchen Auflodern ſeiner beſten Jugend durchglüht. —
Merkwürdig war es mir, daß er, der ſelbſt in ſo ho¬
hen Jahren noch einem bedeutenden Poſten vorſtand, ſo
ganz entſchieden der Jugend das Wort redete, und die
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/255>, abgerufen am 22.11.2024.
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