Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848.man sicher als durchaus wahr und richtig zu ver¬ "Ihrer Bemerkung, erwiederte Goethe, will ich nicht Wenn man getrunken hat, und daß ich Ihnen also vollkommen beistimme. -- EsWeiß man das Rechte, liegen im Wein allerdings productivmachende Kräfte sehr bedeutender Art; aber es kommt dabei Alles auf Zustände und Zeit und Stunde an, und was dem Einen nützet, schadet dem Andern. Es liegen ferner man ſicher als durchaus wahr und richtig zu ver¬ „Ihrer Bemerkung, erwiederte Goethe, will ich nicht Wenn man getrunken hat, und daß ich Ihnen alſo vollkommen beiſtimme. — EsWeiß man das Rechte, liegen im Wein allerdings productivmachende Kräfte ſehr bedeutender Art; aber es kommt dabei Alles auf Zuſtände und Zeit und Stunde an, und was dem Einen nützet, ſchadet dem Andern. Es liegen ferner <TEI> <text> <body> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0261" n="239"/> man ſicher als durchaus wahr und richtig zu ver¬<lb/> ehren hat. — Aber doch will mir ſcheinen, als ob<lb/> wohl Jemand durch natürliche Mittel ſeine productive<lb/> Stimmung ſteigern könnte, ohne ſie gerade zu forciren.<lb/> Ich war in meinem Leben ſehr oft in dem Fall, bei<lb/> gewiſſen complicirten Zuſtänden zu keinem rechten Ent¬<lb/> ſchluß kommen zu können. Trank ich aber in ſolchen<lb/> Fällen einige Gläſer Wein, ſo war es mir ſogleich<lb/> klar, was zu thun ſey, und ich war auf der Stelle<lb/> entſchieden. — Das Faſſen eines Entſchluſſes iſt aber<lb/> doch auch eine Art Productivität, und wenn nun einige<lb/> Gläſer Wein dieſe Tugend bewirkten, ſo dürfte ein<lb/> ſolches Mittel doch nicht ganz zu verwerfen ſeyn.</p><lb/> <p>„Ihrer Bemerkung, erwiederte Goethe, will ich nicht<lb/> widerſprechen; was ich aber vorhin ſagte, hat auch<lb/> ſeine Richtigkeit, woraus wir denn ſehen, daß die<lb/> Wahrheit wohl einem Diamant zu vergleichen wäre,<lb/> deſſen Strahlen nicht nach <hi rendition="#g">einer</hi> Seite gehen, ſondern<lb/> nach <hi rendition="#g">vielen</hi>. — Da Sie übrigens meinen Divan ſo<lb/> gut kennen, ſo wiſſen Sie, daß ich ſelber geſagt habe<lb/><lg type="poem"><l>Wenn man getrunken hat,</l><lb/><l>Weiß man das Rechte,</l><lb/></lg> und daß ich Ihnen alſo vollkommen beiſtimme. — Es<lb/> liegen im Wein allerdings productivmachende Kräfte<lb/> ſehr bedeutender Art; aber es kommt dabei Alles auf<lb/> Zuſtände und Zeit und Stunde an, und was dem<lb/> Einen nützet, ſchadet dem Andern. Es liegen ferner<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [239/0261]
man ſicher als durchaus wahr und richtig zu ver¬
ehren hat. — Aber doch will mir ſcheinen, als ob
wohl Jemand durch natürliche Mittel ſeine productive
Stimmung ſteigern könnte, ohne ſie gerade zu forciren.
Ich war in meinem Leben ſehr oft in dem Fall, bei
gewiſſen complicirten Zuſtänden zu keinem rechten Ent¬
ſchluß kommen zu können. Trank ich aber in ſolchen
Fällen einige Gläſer Wein, ſo war es mir ſogleich
klar, was zu thun ſey, und ich war auf der Stelle
entſchieden. — Das Faſſen eines Entſchluſſes iſt aber
doch auch eine Art Productivität, und wenn nun einige
Gläſer Wein dieſe Tugend bewirkten, ſo dürfte ein
ſolches Mittel doch nicht ganz zu verwerfen ſeyn.
„Ihrer Bemerkung, erwiederte Goethe, will ich nicht
widerſprechen; was ich aber vorhin ſagte, hat auch
ſeine Richtigkeit, woraus wir denn ſehen, daß die
Wahrheit wohl einem Diamant zu vergleichen wäre,
deſſen Strahlen nicht nach einer Seite gehen, ſondern
nach vielen. — Da Sie übrigens meinen Divan ſo
gut kennen, ſo wiſſen Sie, daß ich ſelber geſagt habe
Wenn man getrunken hat,
Weiß man das Rechte,
und daß ich Ihnen alſo vollkommen beiſtimme. — Es
liegen im Wein allerdings productivmachende Kräfte
ſehr bedeutender Art; aber es kommt dabei Alles auf
Zuſtände und Zeit und Stunde an, und was dem
Einen nützet, ſchadet dem Andern. Es liegen ferner
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