productivmachende Kräfte in der Ruhe und im Schlaf; sie liegen aber auch in der Bewegung. Es liegen solche Kräfte im Wasser, und ganz besonders in der Atmosphäre. -- Die frische Luft des freien Feldes ist der eigentliche Ort wo wir hingehören; es ist als ob der Geist Gottes dort den Menschen unmittelbar an¬ wehete und eine göttliche Kraft ihren Einfluß ausübte. Lord Byron, der täglich mehrere Stunden im Freien lebte, bald zu Pferde am Strande des Meeres reitend, bald im Boote segelnd oder rudernd, dann sich im Meere badend und seine Körperkraft im Schwimmen übend, war einer der productivsten Menschen, die je gelebt haben."
Goethe hatte sich mir gegenüber gesetzt und wir sprachen noch über allerlei Dinge. Dann verweilten wir wieder bei Lord Byron und es kamen die mancher¬ lei Unfälle zur Erwähnung, die sein späteres Leben getrübt, bis zuletzt ein zwar edles Wollen, aber ein unseliges Geschick, ihn nach Griechenland geführt und vollends zu Grunde gerichtet.
"Ueberhaupt, fuhr Goethe fort, werden Sie finden, daß im mittleren Leben eines Menschen häufig eine Wendung eintritt und daß, wie ihn in seiner Jugend Alles begünstigte und Alles ihm glückte, nun mit einem¬ mal Alles ganz anders wird, und ein Unfall und ein Mißgeschick sich auf das andere häuft."
"Wissen Sie aber, wie ich es mir denke? -- Der
productivmachende Kräfte in der Ruhe und im Schlaf; ſie liegen aber auch in der Bewegung. Es liegen ſolche Kräfte im Waſſer, und ganz beſonders in der Atmoſphäre. — Die friſche Luft des freien Feldes iſt der eigentliche Ort wo wir hingehören; es iſt als ob der Geiſt Gottes dort den Menſchen unmittelbar an¬ wehete und eine göttliche Kraft ihren Einfluß ausübte. Lord Byron, der täglich mehrere Stunden im Freien lebte, bald zu Pferde am Strande des Meeres reitend, bald im Boote ſegelnd oder rudernd, dann ſich im Meere badend und ſeine Körperkraft im Schwimmen übend, war einer der productivſten Menſchen, die je gelebt haben.“
Goethe hatte ſich mir gegenüber geſetzt und wir ſprachen noch über allerlei Dinge. Dann verweilten wir wieder bei Lord Byron und es kamen die mancher¬ lei Unfälle zur Erwähnung, die ſein ſpäteres Leben getrübt, bis zuletzt ein zwar edles Wollen, aber ein unſeliges Geſchick, ihn nach Griechenland geführt und vollends zu Grunde gerichtet.
„Ueberhaupt, fuhr Goethe fort, werden Sie finden, daß im mittleren Leben eines Menſchen häufig eine Wendung eintritt und daß, wie ihn in ſeiner Jugend Alles begünſtigte und Alles ihm glückte, nun mit einem¬ mal Alles ganz anders wird, und ein Unfall und ein Mißgeſchick ſich auf das andere häuft.“
„Wiſſen Sie aber, wie ich es mir denke? — Der
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productivmachende Kräfte in der Ruhe und im Schlaf;
ſie liegen aber auch in der Bewegung. Es liegen
ſolche Kräfte im Waſſer, und ganz beſonders in der
Atmoſphäre. — Die friſche Luft des freien Feldes iſt
der eigentliche Ort wo wir hingehören; es iſt als ob
der Geiſt Gottes dort den Menſchen unmittelbar an¬
wehete und eine göttliche Kraft ihren Einfluß ausübte.
Lord Byron, der täglich mehrere Stunden im Freien
lebte, bald zu Pferde am Strande des Meeres reitend,
bald im Boote ſegelnd oder rudernd, dann ſich im
Meere badend und ſeine Körperkraft im Schwimmen
übend, war einer der productivſten Menſchen, die je
gelebt haben.“
Goethe hatte ſich mir gegenüber geſetzt und wir
ſprachen noch über allerlei Dinge. Dann verweilten
wir wieder bei Lord Byron und es kamen die mancher¬
lei Unfälle zur Erwähnung, die ſein ſpäteres Leben
getrübt, bis zuletzt ein zwar edles Wollen, aber ein
unſeliges Geſchick, ihn nach Griechenland geführt und
vollends zu Grunde gerichtet.
„Ueberhaupt, fuhr Goethe fort, werden Sie finden,
daß im mittleren Leben eines Menſchen häufig eine
Wendung eintritt und daß, wie ihn in ſeiner Jugend
Alles begünſtigte und Alles ihm glückte, nun mit einem¬
mal Alles ganz anders wird, und ein Unfall und ein
Mißgeſchick ſich auf das andere häuft.“
„Wiſſen Sie aber, wie ich es mir denke? — Der
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/262>, abgerufen am 22.11.2024.
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