Mensch muß wieder ruinirt werden! -- Jeder außerordentliche Mensch hat eine gewisse Sendung, die er zu vollführen berufen ist. Hat er sie vollbracht, so ist er auf Erden in dieser Gestalt nicht weiter vonnö¬ then, und die Vorsehung verwendet ihn wieder zu etwas Anderem. Da aber hienieden Alles auf natürlichem Wege geschieht, so stellen ihm die Dämonen ein Bein nach dem andern, bis er zuletzt unterliegt. So ging es Napoleon und vielen Anderen. Mozart starb in seinem sechs und dreißigsten Jahre. Raphael in glei¬ chem Alter. Byron nur um Weniges älter. Alle aber hatten ihre Mission auf das Vollkommenste erfüllt, und es war wohl Zeit daß sie gingen, damit auch anderen Leuten in dieser, auf eine lange Dauer berech¬ neten, Welt noch etwas zu thun übrig bliebe."
Es war indeß tief Abend geworden, Goethe reichte mir seine liebe Hand, und ich ging.
Mittwoch, den 12. März 1828.
Nachdem ich Goethe gestern Abend verlassen hatte, lag mir das mit ihm geführte bedeutende Gespräch fort¬ während im Sinne.
Auch von den Kräften des Meeres und der See¬ luft war die Rede gewesen, wo denn Goethe die Meinung äußerte, daß er alle Insulaner und Meer- Anwohner des gemäßigten Klima's bei weitem für pro¬
III. 16
Menſch muß wieder ruinirt werden! — Jeder außerordentliche Menſch hat eine gewiſſe Sendung, die er zu vollführen berufen iſt. Hat er ſie vollbracht, ſo iſt er auf Erden in dieſer Geſtalt nicht weiter vonnö¬ then, und die Vorſehung verwendet ihn wieder zu etwas Anderem. Da aber hienieden Alles auf natürlichem Wege geſchieht, ſo ſtellen ihm die Dämonen ein Bein nach dem andern, bis er zuletzt unterliegt. So ging es Napoleon und vielen Anderen. Mozart ſtarb in ſeinem ſechs und dreißigſten Jahre. Raphael in glei¬ chem Alter. Byron nur um Weniges älter. Alle aber hatten ihre Miſſion auf das Vollkommenſte erfüllt, und es war wohl Zeit daß ſie gingen, damit auch anderen Leuten in dieſer, auf eine lange Dauer berech¬ neten, Welt noch etwas zu thun übrig bliebe.“
Es war indeß tief Abend geworden, Goethe reichte mir ſeine liebe Hand, und ich ging.
Mittwoch, den 12. März 1828.
Nachdem ich Goethe geſtern Abend verlaſſen hatte, lag mir das mit ihm geführte bedeutende Geſpräch fort¬ während im Sinne.
Auch von den Kräften des Meeres und der See¬ luft war die Rede geweſen, wo denn Goethe die Meinung äußerte, daß er alle Inſulaner und Meer- Anwohner des gemäßigten Klima's bei weitem für pro¬
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Menſch muß wieder ruinirt werden! — Jeder
außerordentliche Menſch hat eine gewiſſe Sendung, die
er zu vollführen berufen iſt. Hat er ſie vollbracht, ſo
iſt er auf Erden in dieſer Geſtalt nicht weiter vonnö¬
then, und die Vorſehung verwendet ihn wieder zu etwas
Anderem. Da aber hienieden Alles auf natürlichem
Wege geſchieht, ſo ſtellen ihm die Dämonen ein Bein
nach dem andern, bis er zuletzt unterliegt. So ging
es Napoleon und vielen Anderen. Mozart ſtarb in
ſeinem ſechs und dreißigſten Jahre. Raphael in glei¬
chem Alter. Byron nur um Weniges älter. Alle
aber hatten ihre Miſſion auf das Vollkommenſte erfüllt,
und es war wohl Zeit daß ſie gingen, damit auch
anderen Leuten in dieſer, auf eine lange Dauer berech¬
neten, Welt noch etwas zu thun übrig bliebe.“
Es war indeß tief Abend geworden, Goethe reichte
mir ſeine liebe Hand, und ich ging.
Mittwoch, den 12. März 1828.
Nachdem ich Goethe geſtern Abend verlaſſen hatte,
lag mir das mit ihm geführte bedeutende Geſpräch fort¬
während im Sinne.
Auch von den Kräften des Meeres und der See¬
luft war die Rede geweſen, wo denn Goethe die
Meinung äußerte, daß er alle Inſulaner und Meer-
Anwohner des gemäßigten Klima's bei weitem für pro¬
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/263>, abgerufen am 22.11.2024.
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