viele, die fähig sind, über Alles sehr geschickt mitzu¬ reden; aber sie haben es nicht im Innern und krabbeln nur an den Oberflächen. Und es ist kein Wunder, wenn man die entsetzlichen Zerstreuungen und Zerstücke¬ lungen bedenkt, die das Hofleben mit sich führt und denen ein junger Fürst ausgesetzt ist. Von Allem soll er Notiz nehmen. Er soll ein Bißchen Das kennen und ein Bißchen Das, und dann ein Bißchen Das und wieder ein Bißchen Das. Dabei kann sich aber nichts setzen und nichts Wurzel schlagen, und es gehört der Fond einer gewaltigen Natur dazu, um bei solchen Anforderungen nicht in Rauch aufzugehen. Der Gro߬ herzog war freilich ein geborener großer Mensch, womit Alles gesagt und Alles gethan ist."
Bei allen seinen höheren wissenschaftlichen und gei¬ stigen Richtungen, sagte ich, scheint er doch auch das Regieren verstanden zu haben.
"Er war ein Mensch aus dem Ganzen, erwiederte Goethe, und es kam bei ihm Alles aus einer einzigen großen Quelle. Und wie das Ganze gut war, so war das Einzelne gut, er mochte thun und treiben was er wollte. Uebrigens kamen ihm zur Führung des Regi¬ ments besonders drei Dinge zu Statten. Er hatte die Gabe, Geister und Charaktere zu unterscheiden und Jeden an seinen Platz zu stellen. Das war sehr viel. Dann hatte er noch Etwas, was ebensoviel war, wo nicht noch mehr: Er war beseelt von dem edelsten
viele, die fähig ſind, über Alles ſehr geſchickt mitzu¬ reden; aber ſie haben es nicht im Innern und krabbeln nur an den Oberflächen. Und es iſt kein Wunder, wenn man die entſetzlichen Zerſtreuungen und Zerſtücke¬ lungen bedenkt, die das Hofleben mit ſich führt und denen ein junger Fürſt ausgeſetzt iſt. Von Allem ſoll er Notiz nehmen. Er ſoll ein Bißchen Das kennen und ein Bißchen Das, und dann ein Bißchen Das und wieder ein Bißchen Das. Dabei kann ſich aber nichts ſetzen und nichts Wurzel ſchlagen, und es gehört der Fond einer gewaltigen Natur dazu, um bei ſolchen Anforderungen nicht in Rauch aufzugehen. Der Gro߬ herzog war freilich ein geborener großer Menſch, womit Alles geſagt und Alles gethan iſt.“
Bei allen ſeinen höheren wiſſenſchaftlichen und gei¬ ſtigen Richtungen, ſagte ich, ſcheint er doch auch das Regieren verſtanden zu haben.
„Er war ein Menſch aus dem Ganzen, erwiederte Goethe, und es kam bei ihm Alles aus einer einzigen großen Quelle. Und wie das Ganze gut war, ſo war das Einzelne gut, er mochte thun und treiben was er wollte. Uebrigens kamen ihm zur Führung des Regi¬ ments beſonders drei Dinge zu Statten. Er hatte die Gabe, Geiſter und Charaktere zu unterſcheiden und Jeden an ſeinen Platz zu ſtellen. Das war ſehr viel. Dann hatte er noch Etwas, was ebenſoviel war, wo nicht noch mehr: Er war beſeelt von dem edelſten
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viele, die fähig ſind, über Alles ſehr geſchickt mitzu¬
reden; aber ſie haben es nicht im Innern und krabbeln
nur an den Oberflächen. Und es iſt kein Wunder,
wenn man die entſetzlichen Zerſtreuungen und Zerſtücke¬
lungen bedenkt, die das Hofleben mit ſich führt und
denen ein junger Fürſt ausgeſetzt iſt. Von Allem ſoll
er Notiz nehmen. Er ſoll ein Bißchen Das kennen
und ein Bißchen Das, und dann ein Bißchen Das
und wieder ein Bißchen Das. Dabei kann ſich aber
nichts ſetzen und nichts Wurzel ſchlagen, und es gehört
der Fond einer gewaltigen Natur dazu, um bei ſolchen
Anforderungen nicht in Rauch aufzugehen. Der Gro߬
herzog war freilich ein geborener großer Menſch, womit
Alles geſagt und Alles gethan iſt.“
Bei allen ſeinen höheren wiſſenſchaftlichen und gei¬
ſtigen Richtungen, ſagte ich, ſcheint er doch auch das
Regieren verſtanden zu haben.
„Er war ein Menſch aus dem Ganzen, erwiederte
Goethe, und es kam bei ihm Alles aus einer einzigen
großen Quelle. Und wie das Ganze gut war, ſo war
das Einzelne gut, er mochte thun und treiben was er
wollte. Uebrigens kamen ihm zur Führung des Regi¬
ments beſonders drei Dinge zu Statten. Er hatte die
Gabe, Geiſter und Charaktere zu unterſcheiden und
Jeden an ſeinen Platz zu ſtellen. Das war ſehr viel.
Dann hatte er noch Etwas, was ebenſoviel war,
wo nicht noch mehr: Er war beſeelt von dem edelſten
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/286>, abgerufen am 22.11.2024.
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