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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848.

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Wohlwollen, von der reinsten Menschenliebe, und wollte
mit ganzer Seele nur das Beste. Er dachte immer
zuerst an das Glück des Landes und ganz zuletzt erst
ein wenig an sich selber. Edlen Menschen entgegen zu
kommen, gute Zwecke befördern zu helfen, war seine
Hand immer bereit und offen. Es war in ihm viel
Göttliches. Er hätte die ganze Menschheit beglücken
mögen. Liebe aber erzeugt Liebe. Wer aber geliebt
ist, hat leicht regieren."

"Und drittens: Er war größer, als seine Umgebung.
Neben zehn Stimmen, die ihm über einen gewissen Fall
zu Ohren kamen, vernahm er die elfte, bessere, in sich
selber. Fremde Zuflisterungen glitten an ihm ab, und
er kam nicht leicht in den Fall, etwas Unfürstliches zu
begehen, indem er das zweideutig gemachte Verdienst
zurücksetzte und empfohlene Lumpe in Schutz nahm. Er
sah überall selber, urtheilte selber, und hatte in allen Fäl¬
len in sich selber die sicherste Basis. Dabei war er schweig¬
samer Natur und seinen Worten folgte die Handlung."

Wie leid thut es mir, sagte ich, daß ich nicht viel
mehr von ihm gekannt habe als sein Aeußeres; doch
das hat sich mir tief eingeprägt. Ich sehe ihn noch
immer auf seiner alten Droschke, im abgetragenen
grauen Mantel und Militairmütze und eine Cigarre
rauchend, wie er auf die Jagd fuhr, seine Lieblings-
Hunde nebenher. Ich habe ihn nie anders fahren
sehen, als auf dieser unansehnlichen alten Droschke.

Wohlwollen, von der reinſten Menſchenliebe, und wollte
mit ganzer Seele nur das Beſte. Er dachte immer
zuerſt an das Glück des Landes und ganz zuletzt erſt
ein wenig an ſich ſelber. Edlen Menſchen entgegen zu
kommen, gute Zwecke befördern zu helfen, war ſeine
Hand immer bereit und offen. Es war in ihm viel
Göttliches. Er hätte die ganze Menſchheit beglücken
mögen. Liebe aber erzeugt Liebe. Wer aber geliebt
iſt, hat leicht regieren.“

„Und drittens: Er war größer, als ſeine Umgebung.
Neben zehn Stimmen, die ihm über einen gewiſſen Fall
zu Ohren kamen, vernahm er die elfte, beſſere, in ſich
ſelber. Fremde Zufliſterungen glitten an ihm ab, und
er kam nicht leicht in den Fall, etwas Unfürſtliches zu
begehen, indem er das zweideutig gemachte Verdienſt
zurückſetzte und empfohlene Lumpe in Schutz nahm. Er
ſah überall ſelber, urtheilte ſelber, und hatte in allen Fäl¬
len in ſich ſelber die ſicherſte Baſis. Dabei war er ſchweig¬
ſamer Natur und ſeinen Worten folgte die Handlung.“

Wie leid thut es mir, ſagte ich, daß ich nicht viel
mehr von ihm gekannt habe als ſein Aeußeres; doch
das hat ſich mir tief eingeprägt. Ich ſehe ihn noch
immer auf ſeiner alten Droſchke, im abgetragenen
grauen Mantel und Militairmütze und eine Cigarre
rauchend, wie er auf die Jagd fuhr, ſeine Lieblings-
Hunde nebenher. Ich habe ihn nie anders fahren
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[265/0287] Wohlwollen, von der reinſten Menſchenliebe, und wollte mit ganzer Seele nur das Beſte. Er dachte immer zuerſt an das Glück des Landes und ganz zuletzt erſt ein wenig an ſich ſelber. Edlen Menſchen entgegen zu kommen, gute Zwecke befördern zu helfen, war ſeine Hand immer bereit und offen. Es war in ihm viel Göttliches. Er hätte die ganze Menſchheit beglücken mögen. Liebe aber erzeugt Liebe. Wer aber geliebt iſt, hat leicht regieren.“ „Und drittens: Er war größer, als ſeine Umgebung. Neben zehn Stimmen, die ihm über einen gewiſſen Fall zu Ohren kamen, vernahm er die elfte, beſſere, in ſich ſelber. Fremde Zufliſterungen glitten an ihm ab, und er kam nicht leicht in den Fall, etwas Unfürſtliches zu begehen, indem er das zweideutig gemachte Verdienſt zurückſetzte und empfohlene Lumpe in Schutz nahm. Er ſah überall ſelber, urtheilte ſelber, und hatte in allen Fäl¬ len in ſich ſelber die ſicherſte Baſis. Dabei war er ſchweig¬ ſamer Natur und ſeinen Worten folgte die Handlung.“ Wie leid thut es mir, ſagte ich, daß ich nicht viel mehr von ihm gekannt habe als ſein Aeußeres; doch das hat ſich mir tief eingeprägt. Ich ſehe ihn noch immer auf ſeiner alten Droſchke, im abgetragenen grauen Mantel und Militairmütze und eine Cigarre rauchend, wie er auf die Jagd fuhr, ſeine Lieblings- Hunde nebenher. Ich habe ihn nie anders fahren ſehen, als auf dieſer unanſehnlichen alten Droſchke.

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/287>, abgerufen am 22.11.2024.