verschiedenen Departements mit helleren oder dunkleren Farben zur Anschauung gebracht. Da finden sich nun, besonders in südlichen, weit von der Residenz entlegenen Provinzen, einzelne Departements, die in ganz schwar¬ zer Farbe daliegen, als Zeichen einer dort herrschenden großen Finsterniß. Würde das aber wohl seyn, wenn das schöne Frankreich, statt des einen großen Mittel¬ punktes, zehn Mittelpunkte hätte, von denen Licht und Leben ausginge?"
"Wodurch ist Deutschland groß, als durch eine be¬ wundernswürdige Volks-Cultur, die alle Theile des Reichs gleichmäßig durchdrungen hat. Sind es aber nicht die einzelnen Fürstensitze, von denen sie ausgeht und welche ihre Träger und Pfleger sind? -- Gesetzt, wir hätten in Deutschland seit Jahrhunderten nur die beiden Residenzstädte Wien und Berlin, oder gar nur eine, da möchte ich doch sehen, wie es um die deutsche Cultur stände? ja auch um einen überall verbreiteten Wohlstand, der mit der Cultur Hand in Hand geht!"
"Deutschland hat über zwanzig im ganzen Reich vertheilte Universitäten, und über hundert ebenso ver¬ breitete öffentliche Bibliotheken. An Kunstsammlungen und Sammlungen von Gegenständen aller Naturreiche gleichfalls eine große Zahl; denn jeder Fürst hat dafür gesorgt, dergleichen Schönes und Gutes in seine Nähe heranzuziehen. Gymnasien und Schulen für Technik und Industrie sind im Ueberfluß da. Ja es ist kaum ein
verſchiedenen Departements mit helleren oder dunkleren Farben zur Anſchauung gebracht. Da finden ſich nun, beſonders in ſüdlichen, weit von der Reſidenz entlegenen Provinzen, einzelne Departements, die in ganz ſchwar¬ zer Farbe daliegen, als Zeichen einer dort herrſchenden großen Finſterniß. Würde das aber wohl ſeyn, wenn das ſchöne Frankreich, ſtatt des einen großen Mittel¬ punktes, zehn Mittelpunkte hätte, von denen Licht und Leben ausginge?“
„Wodurch iſt Deutſchland groß, als durch eine be¬ wundernswürdige Volks-Cultur, die alle Theile des Reichs gleichmäßig durchdrungen hat. Sind es aber nicht die einzelnen Fürſtenſitze, von denen ſie ausgeht und welche ihre Träger und Pfleger ſind? — Geſetzt, wir hätten in Deutſchland ſeit Jahrhunderten nur die beiden Reſidenzſtädte Wien und Berlin, oder gar nur eine, da möchte ich doch ſehen, wie es um die deutſche Cultur ſtände? ja auch um einen überall verbreiteten Wohlſtand, der mit der Cultur Hand in Hand geht!“
„Deutſchland hat über zwanzig im ganzen Reich vertheilte Univerſitäten, und über hundert ebenſo ver¬ breitete öffentliche Bibliotheken. An Kunſtſammlungen und Sammlungen von Gegenſtänden aller Naturreiche gleichfalls eine große Zahl; denn jeder Fürſt hat dafür geſorgt, dergleichen Schönes und Gutes in ſeine Nähe heranzuziehen. Gymnaſien und Schulen für Technik und Induſtrie ſind im Ueberfluß da. Ja es iſt kaum ein
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verſchiedenen Departements mit helleren oder dunkleren
Farben zur Anſchauung gebracht. Da finden ſich nun,
beſonders in ſüdlichen, weit von der Reſidenz entlegenen
Provinzen, einzelne Departements, die in ganz ſchwar¬
zer Farbe daliegen, als Zeichen einer dort herrſchenden
großen Finſterniß. Würde das aber wohl ſeyn, wenn
das ſchöne Frankreich, ſtatt des einen großen Mittel¬
punktes, zehn Mittelpunkte hätte, von denen Licht und
Leben ausginge?“
„Wodurch iſt Deutſchland groß, als durch eine be¬
wundernswürdige Volks-Cultur, die alle Theile des
Reichs gleichmäßig durchdrungen hat. Sind es aber
nicht die einzelnen Fürſtenſitze, von denen ſie ausgeht
und welche ihre Träger und Pfleger ſind? — Geſetzt,
wir hätten in Deutſchland ſeit Jahrhunderten nur die
beiden Reſidenzſtädte Wien und Berlin, oder gar nur
eine, da möchte ich doch ſehen, wie es um die deutſche
Cultur ſtände? ja auch um einen überall verbreiteten
Wohlſtand, der mit der Cultur Hand in Hand geht!“
„Deutſchland hat über zwanzig im ganzen Reich
vertheilte Univerſitäten, und über hundert ebenſo ver¬
breitete öffentliche Bibliotheken. An Kunſtſammlungen
und Sammlungen von Gegenſtänden aller Naturreiche
gleichfalls eine große Zahl; denn jeder Fürſt hat dafür
geſorgt, dergleichen Schönes und Gutes in ſeine Nähe
heranzuziehen. Gymnaſien und Schulen für Technik und
Induſtrie ſind im Ueberfluß da. Ja es iſt kaum ein
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/294>, abgerufen am 22.11.2024.
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