hohen Grade gebildet vor und es ist nicht zu leugnen, daß es dem raschen Erfolg seiner Stücke zu Gute kam."
Es machte mir viele Freude, Goethe so ausführlich über einen Gegenstand sprechen zu hören, der für mich immer ein großes Interesse hatte und der besonders durch das Unglück dieser Nacht bei mir obenauf war.
Der heutige Brand des Hauses, sagte ich, in welchem Sie und Schiller eine lange Reihe von Jahren so viel Gutes gewirkt, beschließt gewissermaßen auch äußerlich eine große Epoche, die für Weimar so bald nicht zurück¬ kommen dürfte. Sie müssen doch in jener Zeit bei Ihrer Leitung des Theaters und bei dem außerordent¬ lichen Erfolg den es hatte, viele Freude erlebt haben!
"Auch nicht geringe Last und Noth!" erwiederte Goethe mit einem Seufzer.
Es mag schwer seyn, sagte ich, ein so vielköpfiges Wesen in gehöriger Ordnung zu halten.
"Sehr viel, erwiederte Goethe, ist zu erreichen durch Strenge, mehr durch Liebe. Das Meiste aber durch Einsicht und eine unparteiische Gerechtigkeit, bei der kein Ansehen der Person gilt."
"Ich hatte mich vor zwei Feinden zu hüten, die mir hätten gefährlich werden können. Das Eine war meine leidenschaftliche Liebe des Talents, das leicht in den Fall kommen konnte, mich parteiisch zu machen. Das Andere will ich nicht aussprechen, aber Sie werden es errathen. Es fehlte bei unserm Theater nicht an
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hohen Grade gebildet vor und es iſt nicht zu leugnen, daß es dem raſchen Erfolg ſeiner Stücke zu Gute kam.“
Es machte mir viele Freude, Goethe ſo ausführlich über einen Gegenſtand ſprechen zu hören, der für mich immer ein großes Intereſſe hatte und der beſonders durch das Unglück dieſer Nacht bei mir obenauf war.
Der heutige Brand des Hauſes, ſagte ich, in welchem Sie und Schiller eine lange Reihe von Jahren ſo viel Gutes gewirkt, beſchließt gewiſſermaßen auch äußerlich eine große Epoche, die für Weimar ſo bald nicht zurück¬ kommen dürfte. Sie müſſen doch in jener Zeit bei Ihrer Leitung des Theaters und bei dem außerordent¬ lichen Erfolg den es hatte, viele Freude erlebt haben!
„Auch nicht geringe Laſt und Noth!“ erwiederte Goethe mit einem Seufzer.
Es mag ſchwer ſeyn, ſagte ich, ein ſo vielköpfiges Weſen in gehöriger Ordnung zu halten.
„Sehr viel, erwiederte Goethe, iſt zu erreichen durch Strenge, mehr durch Liebe. Das Meiſte aber durch Einſicht und eine unparteiiſche Gerechtigkeit, bei der kein Anſehen der Perſon gilt.“
„Ich hatte mich vor zwei Feinden zu hüten, die mir hätten gefährlich werden können. Das Eine war meine leidenſchaftliche Liebe des Talents, das leicht in den Fall kommen konnte, mich parteiiſch zu machen. Das Andere will ich nicht ausſprechen, aber Sie werden es errathen. Es fehlte bei unſerm Theater nicht an
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hohen Grade gebildet vor und es iſt nicht zu leugnen,
daß es dem raſchen Erfolg ſeiner Stücke zu Gute kam.“
Es machte mir viele Freude, Goethe ſo ausführlich
über einen Gegenſtand ſprechen zu hören, der für mich
immer ein großes Intereſſe hatte und der beſonders
durch das Unglück dieſer Nacht bei mir obenauf war.
Der heutige Brand des Hauſes, ſagte ich, in welchem
Sie und Schiller eine lange Reihe von Jahren ſo viel
Gutes gewirkt, beſchließt gewiſſermaßen auch äußerlich
eine große Epoche, die für Weimar ſo bald nicht zurück¬
kommen dürfte. Sie müſſen doch in jener Zeit bei
Ihrer Leitung des Theaters und bei dem außerordent¬
lichen Erfolg den es hatte, viele Freude erlebt haben!
„Auch nicht geringe Laſt und Noth!“ erwiederte
Goethe mit einem Seufzer.
Es mag ſchwer ſeyn, ſagte ich, ein ſo vielköpfiges
Weſen in gehöriger Ordnung zu halten.
„Sehr viel, erwiederte Goethe, iſt zu erreichen durch
Strenge, mehr durch Liebe. Das Meiſte aber durch
Einſicht und eine unparteiiſche Gerechtigkeit, bei der
kein Anſehen der Perſon gilt.“
„Ich hatte mich vor zwei Feinden zu hüten, die
mir hätten gefährlich werden können. Das Eine war
meine leidenſchaftliche Liebe des Talents, das leicht in
den Fall kommen konnte, mich parteiiſch zu machen.
Das Andere will ich nicht ausſprechen, aber Sie werden
es errathen. Es fehlte bei unſerm Theater nicht an
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/89>, abgerufen am 23.11.2024.
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