ihre Angel darnach auswerfen. So- dann muß man den Verkehr mit der Welt auf das Notwendige beschränken. Man behandle sie wie eine falsche Nach- barin. Man sucht mit dieser keinen Streit, erweist ihr die schuldige Auf- merksamkeit, nimmt ihre Komplimente als das, was sie sind, und befleißt sich im übrigen einer klugen Zurückhaltung. Wer die Welt näher beobachtet, wird sie weder lieben, noch fürchten, sondern verachten. Niemand ist falscher und undankbarer als die Welt. Wer auf dem Piedestal des Glückes steht, wird von ihr in das Gesicht angebetet, im Herzen beneidet und hinter dem Rücken gelästert, und bei einem Wechsel des Glückes sofort verlassen. Um eine ge- fallene Größe, um eine verblühte Schön- heit kümmert sich die Welt so wenig als um den Pfahl, an dem ein glän- zendes Feuerwerk losgebrannt worden war. Niemand ist thörichter als die Welt. Was sie hochschätzt, ist eitel und ver-
ihre Angel darnach auswerfen. So- dann muß man den Verkehr mit der Welt auf das Notwendige beschränken. Man behandle sie wie eine falsche Nach- barin. Man sucht mit dieser keinen Streit, erweist ihr die schuldige Auf- merksamkeit, nimmt ihre Komplimente als das, was sie sind, und befleißt sich im übrigen einer klugen Zurückhaltung. Wer die Welt näher beobachtet, wird sie weder lieben, noch fürchten, sondern verachten. Niemand ist falscher und undankbarer als die Welt. Wer auf dem Piedestal des Glückes steht, wird von ihr in das Gesicht angebetet, im Herzen beneidet und hinter dem Rücken gelästert, und bei einem Wechsel des Glückes sofort verlassen. Um eine ge- fallene Größe, um eine verblühte Schön- heit kümmert sich die Welt so wenig als um den Pfahl, an dem ein glän- zendes Feuerwerk losgebrannt worden war. Niemand ist thörichter als die Welt. Was sie hochschätzt, ist eitel und ver-
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ihre Angel darnach auswerfen. So-
dann muß man den Verkehr mit der
Welt auf das Notwendige beschränken.
Man behandle sie wie eine falsche Nach-
barin. Man sucht mit dieser keinen
Streit, erweist ihr die schuldige Auf-
merksamkeit, nimmt ihre Komplimente
als das, was sie sind, und befleißt sich
im übrigen einer klugen Zurückhaltung.
Wer die Welt näher beobachtet, wird
sie weder lieben, noch fürchten, sondern
verachten. Niemand ist falscher und
undankbarer als die Welt. Wer auf
dem Piedestal des Glückes steht, wird
von ihr in das Gesicht angebetet, im
Herzen beneidet und hinter dem Rücken
gelästert, und bei einem Wechsel des
Glückes sofort verlassen. Um eine ge-
fallene Größe, um eine verblühte Schön-
heit kümmert sich die Welt so wenig
als um den Pfahl, an dem ein glän-
zendes Feuerwerk losgebrannt worden
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Egger, Augustin: Die christliche Mutter. Erbauungs- und Gebetbuch. - Einsiedeln u. a., [1914], S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_mutter_1914/128>, abgerufen am 21.11.2024.
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