Luft mit Zwang gehalten, ihm bliebe doch sein Zug zur Erde, und sobald er losgelassen würde, kehrte er zur ihr zurück." Ein ähnliches Streben liegt in unserer Seele. Der heilige Augustin bemerkt: "Die Schwere, von der meine Seele gezogen wird, ist meine Liebe, und wohin diese mich zieht, da- hin strebe ich." Die Seele hat ihren Ursprung und ihre Heimat in Gott, und darum sagt der gleiche Heilige: "Unser Herz ist unruhig, bis es ru- hen wird in Dir, o Gott!"
Im Himmel wird dieses Streben erfüllt sein. Die Anschauung des le- bendigen Gottes entflammt die Seele mit feuriger Liebe, von deren unwider- stehlicher Gewalt wird die Seele zu Gott hingezogen und in der Vereini- gung mit Ihm findet sie ihre Ruhe und Seligkeit. Hienieden gleicht die Seele dem Steine, der mit Zwang von seinem Ursprunge zurückgehalten wird. Noch kann sie Gott nicht an-
Luft mit Zwang gehalten, ihm bliebe doch sein Zug zur Erde, und sobald er losgelassen würde, kehrte er zur ihr zurück.“ Ein ähnliches Streben liegt in unserer Seele. Der heilige Augustin bemerkt: „Die Schwere, von der meine Seele gezogen wird, ist meine Liebe, und wohin diese mich zieht, da- hin strebe ich.“ Die Seele hat ihren Ursprung und ihre Heimat in Gott, und darum sagt der gleiche Heilige: „Unser Herz ist unruhig, bis es ru- hen wird in Dir, o Gott!“
Im Himmel wird dieses Streben erfüllt sein. Die Anschauung des le- bendigen Gottes entflammt die Seele mit feuriger Liebe, von deren unwider- stehlicher Gewalt wird die Seele zu Gott hingezogen und in der Vereini- gung mit Ihm findet sie ihre Ruhe und Seligkeit. Hienieden gleicht die Seele dem Steine, der mit Zwang von seinem Ursprunge zurückgehalten wird. Noch kann sie Gott nicht an-
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Luft mit Zwang gehalten, ihm bliebe
doch sein Zug zur Erde, und sobald
er losgelassen würde, kehrte er zur
ihr zurück.“ Ein ähnliches Streben
liegt in unserer Seele. Der heilige
Augustin bemerkt: „Die Schwere, von
der meine Seele gezogen wird, ist meine
Liebe, und wohin diese mich zieht, da-
hin strebe ich.“ Die Seele hat ihren
Ursprung und ihre Heimat in Gott,
und darum sagt der gleiche Heilige:
„Unser Herz ist unruhig, bis es ru-
hen wird in Dir, o Gott!“
Im Himmel wird dieses Streben
erfüllt sein. Die Anschauung des le-
bendigen Gottes entflammt die Seele
mit feuriger Liebe, von deren unwider-
stehlicher Gewalt wird die Seele zu
Gott hingezogen und in der Vereini-
gung mit Ihm findet sie ihre Ruhe
und Seligkeit. Hienieden gleicht die
Seele dem Steine, der mit Zwang
von seinem Ursprunge zurückgehalten
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Egger, Augustin: Die christliche Mutter. Erbauungs- und Gebetbuch. - Einsiedeln u. a., [1914], S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_mutter_1914/161>, abgerufen am 24.11.2024.
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