Die heranwachsende katholische Jugend hat Glauben und zeigt denselben auch nach außen, so lange sie in einer katholischen Um- gebung ist. Wenn aber die äußeren Ver- hältnisse sich ändern, so sieht man bei vielen, daß ihr Glaube nur ein schwindsüchtiger Glaube ist. Sie werden nachlässig im Ge- bete und in der Erfüllung ihrer übrigen religiösen Pflichten, sobald sie nicht mehr mit der Herde laufen können. Die Menschen- furcht ist stärker als die Gottesfurcht, es fehlt der Mut, den Glauben in Wort und That zu bekennen, auch wo es sich nur um einige schiefe Blicke handelt. Der Glaube muß zurücktreten hinter zeitlichen Interessen, handelt es sich z. B. um eine vorteilhafte Heirat, so läßt man sich leicht zu Schritten herbei, die einer Verleugnung des Glaubens gleichkommen. Und doch wollen die meisten nicht ungläubig sein. Aber was ist das für ein Glaube? So war es nicht, als die macha- bäischen Jünglinge sich eher in Stücke hauen ließen, als daß sie Schweinefleisch aßen. So war es nicht bei den Kindern der Martyrer, welche wie Pankratius und Vitus, Agnes
24. Der Geist des Glaubens.
Die heranwachsende katholische Jugend hat Glauben und zeigt denselben auch nach außen, so lange sie in einer katholischen Um- gebung ist. Wenn aber die äußeren Ver- hältnisse sich ändern, so sieht man bei vielen, daß ihr Glaube nur ein schwindsüchtiger Glaube ist. Sie werden nachlässig im Ge- bete und in der Erfüllung ihrer übrigen religiösen Pflichten, sobald sie nicht mehr mit der Herde laufen können. Die Menschen- furcht ist stärker als die Gottesfurcht, es fehlt der Mut, den Glauben in Wort und That zu bekennen, auch wo es sich nur um einige schiefe Blicke handelt. Der Glaube muß zurücktreten hinter zeitlichen Interessen, handelt es sich z. B. um eine vorteilhafte Heirat, so läßt man sich leicht zu Schritten herbei, die einer Verleugnung des Glaubens gleichkommen. Und doch wollen die meisten nicht ungläubig sein. Aber was ist das für ein Glaube? So war es nicht, als die macha- bäischen Jünglinge sich eher in Stücke hauen ließen, als daß sie Schweinefleisch aßen. So war es nicht bei den Kindern der Martyrer, welche wie Pankratius und Vitus, Agnes
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24. Der Geist des Glaubens.
Die heranwachsende katholische Jugend
hat Glauben und zeigt denselben auch nach
außen, so lange sie in einer katholischen Um-
gebung ist. Wenn aber die äußeren Ver-
hältnisse sich ändern, so sieht man bei vielen,
daß ihr Glaube nur ein schwindsüchtiger
Glaube ist. Sie werden nachlässig im Ge-
bete und in der Erfüllung ihrer übrigen
religiösen Pflichten, sobald sie nicht mehr
mit der Herde laufen können. Die Menschen-
furcht ist stärker als die Gottesfurcht, es
fehlt der Mut, den Glauben in Wort und
That zu bekennen, auch wo es sich nur um
einige schiefe Blicke handelt. Der Glaube
muß zurücktreten hinter zeitlichen Interessen,
handelt es sich z. B. um eine vorteilhafte
Heirat, so läßt man sich leicht zu Schritten
herbei, die einer Verleugnung des Glaubens
gleichkommen. Und doch wollen die meisten
nicht ungläubig sein. Aber was ist das für
ein Glaube? So war es nicht, als die macha-
bäischen Jünglinge sich eher in Stücke hauen
ließen, als daß sie Schweinefleisch aßen. So
war es nicht bei den Kindern der Martyrer,
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Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895], S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/182>, abgerufen am 09.11.2024.
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