Tagesordnung ihre gebührende Stelle. Er begann den Tag, indem er eine Stunde lang betete und in der heiligen Schrift las. Und er beschloß ihn mit der Gewissenserforschung und dem Lesen zweier Kapitel aus dem Evan- gelium. Paqueron bemerkt: "Wissenschaft, ja; Kunst, ja; Handel, auch wohl; ich will ja das alles auch, aber mit all dem und vor allem dem will ich Brot, ich habe Hunger nach dem Brote des Lebens." - "Wo unser Heiland nicht ist, da ersticke ich; und mit einer Sache, für die man Gott nicht interes- sieren kann, mag ich meine Zeit nicht ver- lieren." Den Trost seines Lebens fand er in der heiligen Kommunion. Wie streng er sich selber beurteilte, ergiebt sich daraus, daß er sich Vorwürfe machte, weil er zu hastig die Gelegenheit ergriff, einen zeitlichen Gewinn zu machen. Ein anderes Mal ta- delt er sich, daß er bei Erfüllung seiner Amtspflichten zu sehr auf den materiellen Vorteil sieht, den er für seine Kinder daraus zu ziehen gedenkt. Man wird es nicht auf- fallend finden, daß ein solcher Mann mit Hintansetzung aller Menschenfurcht und mit kühner Verachtung aller Spötter überall als Christ und Katholik auftrat, und als solcher
Tagesordnung ihre gebührende Stelle. Er begann den Tag, indem er eine Stunde lang betete und in der heiligen Schrift las. Und er beschloß ihn mit der Gewissenserforschung und dem Lesen zweier Kapitel aus dem Evan- gelium. Paqueron bemerkt: „Wissenschaft, ja; Kunst, ja; Handel, auch wohl; ich will ja das alles auch, aber mit all dem und vor allem dem will ich Brot, ich habe Hunger nach dem Brote des Lebens.“ – „Wo unser Heiland nicht ist, da ersticke ich; und mit einer Sache, für die man Gott nicht interes- sieren kann, mag ich meine Zeit nicht ver- lieren.“ Den Trost seines Lebens fand er in der heiligen Kommunion. Wie streng er sich selber beurteilte, ergiebt sich daraus, daß er sich Vorwürfe machte, weil er zu hastig die Gelegenheit ergriff, einen zeitlichen Gewinn zu machen. Ein anderes Mal ta- delt er sich, daß er bei Erfüllung seiner Amtspflichten zu sehr auf den materiellen Vorteil sieht, den er für seine Kinder daraus zu ziehen gedenkt. Man wird es nicht auf- fallend finden, daß ein solcher Mann mit Hintansetzung aller Menschenfurcht und mit kühner Verachtung aller Spötter überall als Christ und Katholik auftrat, und als solcher
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Tagesordnung ihre gebührende Stelle. Er
begann den Tag, indem er eine Stunde lang
betete und in der heiligen Schrift las. Und
er beschloß ihn mit der Gewissenserforschung
und dem Lesen zweier Kapitel aus dem Evan-
gelium. Paqueron bemerkt: „Wissenschaft,
ja; Kunst, ja; Handel, auch wohl; ich will
ja das alles auch, aber mit all dem und vor
allem dem will ich Brot, ich habe Hunger
nach dem Brote des Lebens.“ – „Wo unser
Heiland nicht ist, da ersticke ich; und mit
einer Sache, für die man Gott nicht interes-
sieren kann, mag ich meine Zeit nicht ver-
lieren.“ Den Trost seines Lebens fand er
in der heiligen Kommunion. Wie streng
er sich selber beurteilte, ergiebt sich daraus,
daß er sich Vorwürfe machte, weil er zu
hastig die Gelegenheit ergriff, einen zeitlichen
Gewinn zu machen. Ein anderes Mal ta-
delt er sich, daß er bei Erfüllung seiner
Amtspflichten zu sehr auf den materiellen
Vorteil sieht, den er für seine Kinder daraus
zu ziehen gedenkt. Man wird es nicht auf-
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Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895], S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/189>, abgerufen am 09.11.2024.
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