jener ist ernst und gedankenvoll. Man kann sich leicht überzeuget!, daß diese Gemüts- stimmungen nicht rein seelischer Natur sind, sondern mit gewissen Zuständen des Kör- pers zusammenhangen, und in den Augen, den Mienen, in den Bewegungen und selbst in dem Bau des Körpers sich zu erkennen geben.
Der Ausdruck Temperament, Mischung, wird hier gebraucht, weil man früher die nicht ganz zutreffende Ansicht hatte, daß die Gemütsäußerungen durch die Mischung der Säfte des Körpers bestimmt werden. Wer sich rasch entschließt, lebhaft angreift, aber nicht beharrlich ist, wurde Sanguiniker ge- nannt, weil man ihm leichtes und rasches Blut zuschrieb. Als Choleriker galt der, welcher viel Galle hat und mit Feuer und Energie eine Sache angreift und durchführt. Der Mann mit schwarzer Galle und schwerem Blute, der infolgedessen tiefsinnig, ernst und menschenscheu ist, wurde als Melancholiker bezeichnet. Dem Phlegmatiker mit seinem Zuge zur Bedächtlichkeit und Ruhe schrieb man ein langsames, träges Blut zu. Diese Temperamente kommen in der Wirklichkeit nicht rein vor, sondern in ungleicher Mischung,
jener ist ernst und gedankenvoll. Man kann sich leicht überzeuget!, daß diese Gemüts- stimmungen nicht rein seelischer Natur sind, sondern mit gewissen Zuständen des Kör- pers zusammenhangen, und in den Augen, den Mienen, in den Bewegungen und selbst in dem Bau des Körpers sich zu erkennen geben.
Der Ausdruck Temperament, Mischung, wird hier gebraucht, weil man früher die nicht ganz zutreffende Ansicht hatte, daß die Gemütsäußerungen durch die Mischung der Säfte des Körpers bestimmt werden. Wer sich rasch entschließt, lebhaft angreift, aber nicht beharrlich ist, wurde Sanguiniker ge- nannt, weil man ihm leichtes und rasches Blut zuschrieb. Als Choleriker galt der, welcher viel Galle hat und mit Feuer und Energie eine Sache angreift und durchführt. Der Mann mit schwarzer Galle und schwerem Blute, der infolgedessen tiefsinnig, ernst und menschenscheu ist, wurde als Melancholiker bezeichnet. Dem Phlegmatiker mit seinem Zuge zur Bedächtlichkeit und Ruhe schrieb man ein langsames, träges Blut zu. Diese Temperamente kommen in der Wirklichkeit nicht rein vor, sondern in ungleicher Mischung,
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jener ist ernst und gedankenvoll. Man kann
sich leicht überzeuget!, daß diese Gemüts-
stimmungen nicht rein seelischer Natur sind,
sondern mit gewissen Zuständen des Kör-
pers zusammenhangen, und in den Augen,
den Mienen, in den Bewegungen und selbst
in dem Bau des Körpers sich zu erkennen
geben.
Der Ausdruck Temperament, Mischung,
wird hier gebraucht, weil man früher die
nicht ganz zutreffende Ansicht hatte, daß die
Gemütsäußerungen durch die Mischung der
Säfte des Körpers bestimmt werden. Wer
sich rasch entschließt, lebhaft angreift, aber
nicht beharrlich ist, wurde Sanguiniker ge-
nannt, weil man ihm leichtes und rasches
Blut zuschrieb. Als Choleriker galt der,
welcher viel Galle hat und mit Feuer und
Energie eine Sache angreift und durchführt.
Der Mann mit schwarzer Galle und schwerem
Blute, der infolgedessen tiefsinnig, ernst und
menschenscheu ist, wurde als Melancholiker
bezeichnet. Dem Phlegmatiker mit seinem
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Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895], S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/195>, abgerufen am 09.11.2024.
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