zeiten die Augen zu öffnen. Die heidnischen Spartaner pflegten alle Jahre einmal ihre Sklaven, Heloten genannt, betrunken zu ma- chen und sie dann ihren Söhnen zu zeigen, damit diese mit einem lebhaften Abscheu vor der Trunkenheit erfüllt würden. Heutzutage wird es leider jedem Vater ein leichtes sein, seinen Sohn auf Sklaven der Trunksucht auf- merksam zu machen, an denen sich ersehen läßt, wie dieses Laster den Menschen ent- würdiget und der Verachtung der Menschen preisgiebt, wie es Wohlstand und Gesund- heit untergräbt, Schuldige und Unschuldige miteinander in das tiefste Elend stürzt.
Viele Jünglinge lassen sich zum Bösen hinreißen nicht sowohl durch den Hang nach dem sinnlichen Genuß, als vielmehr durch ein mißleitetes Ehrgefühl. Das ist, wie oben bemerkt wurde, besonders häufig beim Trin- ken der Fall. Das Gefühl für Ehre steht dem Jüngling wohl an, aber er muß ange- leitet werden, die Ehre nicht in der Schande zu suchen, sie nicht mit seinem Lebensglücke zu bezahlen, sondern jene Ehre anzustre- ben, welche vor den vernünftigen Menschen und vor Gott als Ehre gilt, jene Ehre, welche andauert und das Herz beglückt.
zeiten die Augen zu öffnen. Die heidnischen Spartaner pflegten alle Jahre einmal ihre Sklaven, Heloten genannt, betrunken zu ma- chen und sie dann ihren Söhnen zu zeigen, damit diese mit einem lebhaften Abscheu vor der Trunkenheit erfüllt würden. Heutzutage wird es leider jedem Vater ein leichtes sein, seinen Sohn auf Sklaven der Trunksucht auf- merksam zu machen, an denen sich ersehen läßt, wie dieses Laster den Menschen ent- würdiget und der Verachtung der Menschen preisgiebt, wie es Wohlstand und Gesund- heit untergräbt, Schuldige und Unschuldige miteinander in das tiefste Elend stürzt.
Viele Jünglinge lassen sich zum Bösen hinreißen nicht sowohl durch den Hang nach dem sinnlichen Genuß, als vielmehr durch ein mißleitetes Ehrgefühl. Das ist, wie oben bemerkt wurde, besonders häufig beim Trin- ken der Fall. Das Gefühl für Ehre steht dem Jüngling wohl an, aber er muß ange- leitet werden, die Ehre nicht in der Schande zu suchen, sie nicht mit seinem Lebensglücke zu bezahlen, sondern jene Ehre anzustre- ben, welche vor den vernünftigen Menschen und vor Gott als Ehre gilt, jene Ehre, welche andauert und das Herz beglückt.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="30"><p><pbfacs="#f0234"xml:id="E29V3_001_1895_pb0220_0001"n="220"/>
zeiten die Augen zu öffnen. Die heidnischen<lb/>
Spartaner pflegten alle Jahre einmal ihre<lb/>
Sklaven, Heloten genannt, betrunken zu ma-<lb/>
chen und sie dann ihren Söhnen zu zeigen,<lb/>
damit diese mit einem lebhaften Abscheu vor<lb/>
der Trunkenheit erfüllt würden. Heutzutage<lb/>
wird es leider jedem Vater ein leichtes sein,<lb/>
seinen Sohn auf Sklaven der Trunksucht auf-<lb/>
merksam zu machen, an denen sich ersehen<lb/>
läßt, wie dieses Laster den Menschen ent-<lb/>
würdiget und der Verachtung der Menschen<lb/>
preisgiebt, wie es Wohlstand und Gesund-<lb/>
heit untergräbt, Schuldige und Unschuldige<lb/>
miteinander in das tiefste Elend stürzt.</p><p>Viele Jünglinge lassen sich zum Bösen<lb/>
hinreißen nicht sowohl durch den Hang nach<lb/>
dem sinnlichen Genuß, als vielmehr durch ein<lb/>
mißleitetes Ehrgefühl. Das ist, wie oben<lb/>
bemerkt wurde, besonders häufig beim Trin-<lb/>
ken der Fall. Das Gefühl für Ehre steht<lb/>
dem Jüngling wohl an, aber er muß ange-<lb/>
leitet werden, die Ehre nicht in der Schande<lb/>
zu suchen, sie nicht mit seinem Lebensglücke<lb/>
zu bezahlen, sondern jene Ehre anzustre-<lb/>
ben, welche vor den vernünftigen Menschen<lb/>
und vor Gott als Ehre gilt, jene Ehre,<lb/>
welche andauert und das Herz beglückt.<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[220/0234]
zeiten die Augen zu öffnen. Die heidnischen
Spartaner pflegten alle Jahre einmal ihre
Sklaven, Heloten genannt, betrunken zu ma-
chen und sie dann ihren Söhnen zu zeigen,
damit diese mit einem lebhaften Abscheu vor
der Trunkenheit erfüllt würden. Heutzutage
wird es leider jedem Vater ein leichtes sein,
seinen Sohn auf Sklaven der Trunksucht auf-
merksam zu machen, an denen sich ersehen
läßt, wie dieses Laster den Menschen ent-
würdiget und der Verachtung der Menschen
preisgiebt, wie es Wohlstand und Gesund-
heit untergräbt, Schuldige und Unschuldige
miteinander in das tiefste Elend stürzt.
Viele Jünglinge lassen sich zum Bösen
hinreißen nicht sowohl durch den Hang nach
dem sinnlichen Genuß, als vielmehr durch ein
mißleitetes Ehrgefühl. Das ist, wie oben
bemerkt wurde, besonders häufig beim Trin-
ken der Fall. Das Gefühl für Ehre steht
dem Jüngling wohl an, aber er muß ange-
leitet werden, die Ehre nicht in der Schande
zu suchen, sie nicht mit seinem Lebensglücke
zu bezahlen, sondern jene Ehre anzustre-
ben, welche vor den vernünftigen Menschen
und vor Gott als Ehre gilt, jene Ehre,
welche andauert und das Herz beglückt.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895], S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/234>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.