Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895].

Bild:
<< vorherige Seite

Der selige Nikolaus hat darum nur ungern
öffentliche Aemter bekleidet und sich von
denselben zurückgezogen, sobald er konnte.
Der zweite Nachteil besteht darin, daß Be-
amte und Obrigkeiten, die sich nicht als
Stellvertreter Gottes betrachten, und nicht
an die Verantwortung vor Ihm denken, auch
nicht nach dem Gesetze Gottes regieren, son-
dern nach ihrem eigenen Gutdünken, und so oft
Willkür und Unrecht an die Stelle des Rech-
tes setzen. Drittens sind solche Beamte oft
Feiglinge ihren Wählern gegenüber. Der
Mann mit christlichen Gesinnungen fürch-
tet Gott und sonst niemand, er verwaltet
sein Amt so, wie er es vor Gott verant-
worten kann, ihm ist nicht an Menschengunst,
sondern an einem guten Gewissen gelegen.
Wenn es sein muß, so zieht er vor, eher
als Mann von Ehre und Gewissen wieder
abzutreten, als durch feige Gewissenlosigkeit
in Gunst zu bleiben. Wer aber diesen christ-
lichen Geist nicht hat, der ist besorgt um die
Gunst der Wähler, diese bestimmt ihn mehr
als der Gedanke an Gott und Gewissen, er
ist im stande, zum großen Schaden des Ge-
meinwesens vor den verderblichsten Miß-
bräuchen die Augen zuzudrücken.

Der selige Nikolaus hat darum nur ungern
öffentliche Aemter bekleidet und sich von
denselben zurückgezogen, sobald er konnte.
Der zweite Nachteil besteht darin, daß Be-
amte und Obrigkeiten, die sich nicht als
Stellvertreter Gottes betrachten, und nicht
an die Verantwortung vor Ihm denken, auch
nicht nach dem Gesetze Gottes regieren, son-
dern nach ihrem eigenen Gutdünken, und so oft
Willkür und Unrecht an die Stelle des Rech-
tes setzen. Drittens sind solche Beamte oft
Feiglinge ihren Wählern gegenüber. Der
Mann mit christlichen Gesinnungen fürch-
tet Gott und sonst niemand, er verwaltet
sein Amt so, wie er es vor Gott verant-
worten kann, ihm ist nicht an Menschengunst,
sondern an einem guten Gewissen gelegen.
Wenn es sein muß, so zieht er vor, eher
als Mann von Ehre und Gewissen wieder
abzutreten, als durch feige Gewissenlosigkeit
in Gunst zu bleiben. Wer aber diesen christ-
lichen Geist nicht hat, der ist besorgt um die
Gunst der Wähler, diese bestimmt ihn mehr
als der Gedanke an Gott und Gewissen, er
ist im stande, zum großen Schaden des Ge-
meinwesens vor den verderblichsten Miß-
bräuchen die Augen zuzudrücken.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="36">
          <p><pb facs="#f0274" xml:id="E29V3_001_1895_pb0260_0001" n="260"/>
Der selige Nikolaus hat darum nur ungern<lb/>
öffentliche Aemter bekleidet und sich von<lb/>
denselben zurückgezogen, sobald er konnte.<lb/>
Der zweite Nachteil besteht darin, daß Be-<lb/>
amte und Obrigkeiten, die sich nicht als<lb/>
Stellvertreter Gottes betrachten, und nicht<lb/>
an die Verantwortung vor Ihm denken, auch<lb/>
nicht nach dem Gesetze Gottes regieren, son-<lb/>
dern nach ihrem eigenen Gutdünken, und so oft<lb/>
Willkür und Unrecht an die Stelle des Rech-<lb/>
tes setzen. Drittens sind solche Beamte oft<lb/>
Feiglinge ihren Wählern gegenüber. Der<lb/>
Mann mit christlichen Gesinnungen fürch-<lb/>
tet Gott und sonst niemand, er verwaltet<lb/>
sein Amt so, wie er es vor Gott verant-<lb/>
worten kann, ihm ist nicht an Menschengunst,<lb/>
sondern an einem guten Gewissen gelegen.<lb/>
Wenn es sein muß, so zieht er vor, eher<lb/>
als Mann von Ehre und Gewissen wieder<lb/>
abzutreten, als durch feige Gewissenlosigkeit<lb/>
in Gunst zu bleiben. Wer aber diesen christ-<lb/>
lichen Geist nicht hat, der ist besorgt um die<lb/>
Gunst der Wähler, diese bestimmt ihn mehr<lb/>
als der Gedanke an Gott und Gewissen, er<lb/>
ist im stande, zum großen Schaden des Ge-<lb/>
meinwesens vor den verderblichsten Miß-<lb/>
bräuchen die Augen zuzudrücken.</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[260/0274] Der selige Nikolaus hat darum nur ungern öffentliche Aemter bekleidet und sich von denselben zurückgezogen, sobald er konnte. Der zweite Nachteil besteht darin, daß Be- amte und Obrigkeiten, die sich nicht als Stellvertreter Gottes betrachten, und nicht an die Verantwortung vor Ihm denken, auch nicht nach dem Gesetze Gottes regieren, son- dern nach ihrem eigenen Gutdünken, und so oft Willkür und Unrecht an die Stelle des Rech- tes setzen. Drittens sind solche Beamte oft Feiglinge ihren Wählern gegenüber. Der Mann mit christlichen Gesinnungen fürch- tet Gott und sonst niemand, er verwaltet sein Amt so, wie er es vor Gott verant- worten kann, ihm ist nicht an Menschengunst, sondern an einem guten Gewissen gelegen. Wenn es sein muß, so zieht er vor, eher als Mann von Ehre und Gewissen wieder abzutreten, als durch feige Gewissenlosigkeit in Gunst zu bleiben. Wer aber diesen christ- lichen Geist nicht hat, der ist besorgt um die Gunst der Wähler, diese bestimmt ihn mehr als der Gedanke an Gott und Gewissen, er ist im stande, zum großen Schaden des Ge- meinwesens vor den verderblichsten Miß- bräuchen die Augen zuzudrücken.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt vom Projekt Digitization Lifecycle am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.

Anmerkungen zur Transkription:

Bei der Zeichenerkennung wurde nach Vorgabe des DLC modernisiert.

In Absprache mit dem MPI wurden die folgenden Aspekte der Vorlage nicht erfasst:

  • Bogensignaturen und Kustoden
  • Kolumnentitel
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterscheide zugunsten der Identifizierung von titleParts verzichtet.
  • Bei Textpassagen, die als Abschnittsüberschrift ausgeweisen werden können, wird auf die zusätzliche Auszeichnung des Layouts verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.

Es wurden alle Anführungszeichen übernommen und die Zitate zusätzlich mit q ausgezeichnet.

Weiche und harte Zeilentrennungen werden identisch als 002D übernommen. Der Zeilenumbruch selbst über lb ausgezeichnet.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/274
Zitationshilfe: Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895], S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/274>, abgerufen am 21.11.2024.