Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895].

Bild:
<< vorherige Seite

jeder Vater, so lange es noch Zeit ist, wohl
beherzigen, was das für eine Qual sein muß,
wenn man am Abend des Lebens erfährt,
daß das Tagwerk mißlungen ist, daß man
einen bösen Samen auf der Erde zurückläßt,
der vielleicht manche Menschenalter hindurch
schlimme Früchte tragen wird. Freilich be-
halten auch guterzogene Kinder ihren freien
Willen und können später üble Wege wan-
deln. Daraus folgt allerdings, daß nicht
jeder Vater an der Ausartung seiner Kin-
der schuld ist, aber auch das folgt daraus,
daß der christliche Vater mit doppeltem
Eifer seine Pflichten erfüllen soll, um die
Möglichkeit eines Mißerfolges möglichst in
die Ferne zu rücken. Wie viel da von
dem Vater abhängt, ergiebt sich aus dem
Worte des weisen Sirach: "Lobe gar kei-
nen Menschen vor seinem Tode, weil der
Mann aus seinen Söhnen erkannt wird."

(Sir. 11, 30.)

Sollte das Tagwerk des Vaters auch seine
Mängel haben, und sein Gewissen und die
Früchte der Erziehung ihn nicht beruhigen, so
suche er wenigstens für sich noch die eilfte
Stunde zu benutzen, um im Frieden mit Gott
von hinnen zu scheiden. Sünder und schwache

jeder Vater, so lange es noch Zeit ist, wohl
beherzigen, was das für eine Qual sein muß,
wenn man am Abend des Lebens erfährt,
daß das Tagwerk mißlungen ist, daß man
einen bösen Samen auf der Erde zurückläßt,
der vielleicht manche Menschenalter hindurch
schlimme Früchte tragen wird. Freilich be-
halten auch guterzogene Kinder ihren freien
Willen und können später üble Wege wan-
deln. Daraus folgt allerdings, daß nicht
jeder Vater an der Ausartung seiner Kin-
der schuld ist, aber auch das folgt daraus,
daß der christliche Vater mit doppeltem
Eifer seine Pflichten erfüllen soll, um die
Möglichkeit eines Mißerfolges möglichst in
die Ferne zu rücken. Wie viel da von
dem Vater abhängt, ergiebt sich aus dem
Worte des weisen Sirach: „Lobe gar kei-
nen Menschen vor seinem Tode, weil der
Mann aus seinen Söhnen erkannt wird.“

(Sir. 11, 30.)

Sollte das Tagwerk des Vaters auch seine
Mängel haben, und sein Gewissen und die
Früchte der Erziehung ihn nicht beruhigen, so
suche er wenigstens für sich noch die eilfte
Stunde zu benutzen, um im Frieden mit Gott
von hinnen zu scheiden. Sünder und schwache

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="37">
          <p><pb facs="#f0280" xml:id="E29V3_001_1895_pb0266_0001" n="266"/>
jeder Vater, so lange es noch Zeit ist, wohl<lb/>
beherzigen, was das für eine Qual sein muß,<lb/>
wenn man am Abend des Lebens erfährt,<lb/>
daß das Tagwerk mißlungen ist, daß man<lb/>
einen bösen Samen auf der Erde zurückläßt,<lb/>
der vielleicht manche Menschenalter hindurch<lb/>
schlimme Früchte tragen wird. Freilich be-<lb/>
halten auch guterzogene Kinder ihren freien<lb/>
Willen und können später üble Wege wan-<lb/>
deln. Daraus folgt allerdings, daß nicht<lb/>
jeder Vater an der Ausartung seiner Kin-<lb/>
der schuld ist, aber auch das folgt daraus,<lb/>
daß der christliche Vater mit doppeltem<lb/>
Eifer seine Pflichten erfüllen soll, um die<lb/>
Möglichkeit eines Mißerfolges möglichst in<lb/>
die Ferne zu rücken. Wie viel da von<lb/>
dem Vater abhängt, ergiebt sich aus dem<lb/>
Worte des weisen Sirach: <q>&#x201E;Lobe gar kei-<lb/>
nen Menschen vor seinem Tode, weil der<lb/>
Mann aus seinen Söhnen erkannt wird.&#x201C;</q><lb/>
(Sir. 11, 30.)</p>
          <p>Sollte das Tagwerk des Vaters auch seine<lb/>
Mängel haben, und sein Gewissen und die<lb/>
Früchte der Erziehung ihn nicht beruhigen, so<lb/>
suche er wenigstens für sich noch die eilfte<lb/>
Stunde zu benutzen, um im Frieden mit Gott<lb/>
von hinnen zu scheiden. Sünder und schwache<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[266/0280] jeder Vater, so lange es noch Zeit ist, wohl beherzigen, was das für eine Qual sein muß, wenn man am Abend des Lebens erfährt, daß das Tagwerk mißlungen ist, daß man einen bösen Samen auf der Erde zurückläßt, der vielleicht manche Menschenalter hindurch schlimme Früchte tragen wird. Freilich be- halten auch guterzogene Kinder ihren freien Willen und können später üble Wege wan- deln. Daraus folgt allerdings, daß nicht jeder Vater an der Ausartung seiner Kin- der schuld ist, aber auch das folgt daraus, daß der christliche Vater mit doppeltem Eifer seine Pflichten erfüllen soll, um die Möglichkeit eines Mißerfolges möglichst in die Ferne zu rücken. Wie viel da von dem Vater abhängt, ergiebt sich aus dem Worte des weisen Sirach: „Lobe gar kei- nen Menschen vor seinem Tode, weil der Mann aus seinen Söhnen erkannt wird.“ (Sir. 11, 30.) Sollte das Tagwerk des Vaters auch seine Mängel haben, und sein Gewissen und die Früchte der Erziehung ihn nicht beruhigen, so suche er wenigstens für sich noch die eilfte Stunde zu benutzen, um im Frieden mit Gott von hinnen zu scheiden. Sünder und schwache

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt vom Projekt Digitization Lifecycle am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.

Anmerkungen zur Transkription:

Bei der Zeichenerkennung wurde nach Vorgabe des DLC modernisiert.

In Absprache mit dem MPI wurden die folgenden Aspekte der Vorlage nicht erfasst:

  • Bogensignaturen und Kustoden
  • Kolumnentitel
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterscheide zugunsten der Identifizierung von titleParts verzichtet.
  • Bei Textpassagen, die als Abschnittsüberschrift ausgeweisen werden können, wird auf die zusätzliche Auszeichnung des Layouts verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.

Es wurden alle Anführungszeichen übernommen und die Zitate zusätzlich mit q ausgezeichnet.

Weiche und harte Zeilentrennungen werden identisch als 002D übernommen. Der Zeilenumbruch selbst über lb ausgezeichnet.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/280
Zitationshilfe: Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895], S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/280>, abgerufen am 21.11.2024.