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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815.

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te sich in das Bogenthor zwischen beyde, wo die
doppelten Musikchöre aus beyden Sälen verworren
ineinander klangen. Zu beyden Seiten toste der
seltsame, lustige Markt, fröhliche, reitzende und
ernste Bilder des Lebens zogen wechselnd vorüber,
Guirlanden von Lampen schmückten die Wände,
unzählige Spiegel dazwischen spielten das Leben ins
Unendliche, so daß man die Gestalten mit ihrem
Wiederspiel verwechselte, und das Auge verwirrt in
der gränzenlosen Ferne dieser Aussicht sich verlohr.
Ihn schauderte mitten unter diesen Larven. Er
stürzte sich selber mit in das Gewimmel, wo es am
dichtesten war.

Gewöhnliches Volk, Karaktermasken ohne Ka¬
rakter, vertraten auch hier, wie draussen im Le¬
ben, überall den Weg: gespreitzte Spanier, pa¬
pierne Ritter, Taminos, die über ihre Flöte stol¬
perten, hin und wieder ein behender Harlekin, der
sich durch die unbehülflichen Züge hindurchwand und
nach allen Seiten peitschte. Eine höchstseltsame
Maske zog indeß seine Aufmerksamkeit auf sich. Es
war ein Ritter in schwarzer, altdeutscher Tracht,
die so genau und streng gehalten war, daß man
glaubte, irgend ein altes Bild sey aus seinem Rah¬
men ins Leben hinausgetreten. Die Gestalt war
hoch und schlank, sein Wams reich mit Gold, der
Hut mit hohen Federn geschmückt, die ganze Pracht
doch so uralt, fremd und fast gespenstisch, daß je¬
dem unheimlich zu Muthe ward, an dem er vor¬
überstreifte. Er war übrigens galant und wußte zu

te ſich in das Bogenthor zwiſchen beyde, wo die
doppelten Muſikchöre aus beyden Sälen verworren
ineinander klangen. Zu beyden Seiten toſte der
ſeltſame, luſtige Markt, fröhliche, reitzende und
ernſte Bilder des Lebens zogen wechſelnd vorüber,
Guirlanden von Lampen ſchmückten die Wände,
unzählige Spiegel dazwiſchen ſpielten das Leben ins
Unendliche, ſo daß man die Geſtalten mit ihrem
Wiederſpiel verwechſelte, und das Auge verwirrt in
der gränzenloſen Ferne dieſer Ausſicht ſich verlohr.
Ihn ſchauderte mitten unter dieſen Larven. Er
ſtürzte ſich ſelber mit in das Gewimmel, wo es am
dichteſten war.

Gewöhnliches Volk, Karaktermaſken ohne Ka¬
rakter, vertraten auch hier, wie drauſſen im Le¬
ben, überall den Weg: geſpreitzte Spanier, pa¬
pierne Ritter, Taminos, die über ihre Flöte ſtol¬
perten, hin und wieder ein behender Harlekin, der
ſich durch die unbehülflichen Züge hindurchwand und
nach allen Seiten peitſchte. Eine höchſtſeltſame
Maſke zog indeß ſeine Aufmerkſamkeit auf ſich. Es
war ein Ritter in ſchwarzer, altdeutſcher Tracht,
die ſo genau und ſtreng gehalten war, daß man
glaubte, irgend ein altes Bild ſey aus ſeinem Rah¬
men ins Leben hinausgetreten. Die Geſtalt war
hoch und ſchlank, ſein Wams reich mit Gold, der
Hut mit hohen Federn geſchmückt, die ganze Pracht
doch ſo uralt, fremd und faſt geſpenſtiſch, daß je¬
dem unheimlich zu Muthe ward, an dem er vor¬
überſtreifte. Er war übrigens galant und wußte zu

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[175/0181] te ſich in das Bogenthor zwiſchen beyde, wo die doppelten Muſikchöre aus beyden Sälen verworren ineinander klangen. Zu beyden Seiten toſte der ſeltſame, luſtige Markt, fröhliche, reitzende und ernſte Bilder des Lebens zogen wechſelnd vorüber, Guirlanden von Lampen ſchmückten die Wände, unzählige Spiegel dazwiſchen ſpielten das Leben ins Unendliche, ſo daß man die Geſtalten mit ihrem Wiederſpiel verwechſelte, und das Auge verwirrt in der gränzenloſen Ferne dieſer Ausſicht ſich verlohr. Ihn ſchauderte mitten unter dieſen Larven. Er ſtürzte ſich ſelber mit in das Gewimmel, wo es am dichteſten war. Gewöhnliches Volk, Karaktermaſken ohne Ka¬ rakter, vertraten auch hier, wie drauſſen im Le¬ ben, überall den Weg: geſpreitzte Spanier, pa¬ pierne Ritter, Taminos, die über ihre Flöte ſtol¬ perten, hin und wieder ein behender Harlekin, der ſich durch die unbehülflichen Züge hindurchwand und nach allen Seiten peitſchte. Eine höchſtſeltſame Maſke zog indeß ſeine Aufmerkſamkeit auf ſich. Es war ein Ritter in ſchwarzer, altdeutſcher Tracht, die ſo genau und ſtreng gehalten war, daß man glaubte, irgend ein altes Bild ſey aus ſeinem Rah¬ men ins Leben hinausgetreten. Die Geſtalt war hoch und ſchlank, ſein Wams reich mit Gold, der Hut mit hohen Federn geſchmückt, die ganze Pracht doch ſo uralt, fremd und faſt geſpenſtiſch, daß je¬ dem unheimlich zu Muthe ward, an dem er vor¬ überſtreifte. Er war übrigens galant und wußte zu

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/181>, abgerufen am 25.11.2024.